514/J XXVI. GP

Eingelangt am 19.03.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Petra Wimmer,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Frauen, Familie und Jugend betreffend Studie über Kinderarmut in den Medien

Im Fokus der Medienstudie der Volksanwaltschaft über sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche und Kinderarmut in österreichischen Massenmedien standen die Themen, die von den Medien im Hinblick auf Kinderarmut aufgegriffen werden und wie aus Sicht der Kinderrechte über die dargestellten Kinder berichtet wird. Um die Sichtweise der VerfasserInnen nicht zu verfälschen, wird folgend Seite 108f des Sonderberichts der Volksanwaltschaft zu „Kinder und ihre Rechte in öffentlichen Einrichtung“ zitiert:

„Die UN-KRK gilt für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr und wurde am 20. November 1989 von der Vollversammlung der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen angenommen. Aus Sicht dieser Konvention sind Kinder nicht nur besonders schutzbedürftig, sie haben auch ein Recht auf Mitbestimmung und Mitgestaltung. Jede Diskriminierung auf Grund von Herkunft, Geschlecht oder Religion ist zu unterlassen und alle Kinder sollen die gleichen Chancen und Möglichkeiten erhalten. Übertragen auf die mediale Berichterstattung bedeutet dies, dass Kinder frei von Vorurteilen dargestellt werden müssen, die Sichtweise von Kindern mitberücksichtigt werden muss und auf fehlende Rahmenbedingungen und Missstände in der Gesellschaft hingewiesen werden muss.

Die Ergebnisse der Studie sind zum Teil alarmierend. Der mediale Schwerpunkt liegt auf „Bad News“. „Gute“ Nachrichten werden im Zusammenhang mit sozial benachteiligten Kindern nur selten aufgegriffen. Über die Potentiale und Talente dieser Kinder und Jugendlichen wird kaum berichtet. Problematisch ist auch, dass die Betroffenen selbst kaum zu Wort kommen. In den Kinderrechten wird darauf hingewiesen, dass Kinder ein Mitspracherecht und ein Recht auf Mitgestaltung haben- vor allem in Bereichen, die die Kinder selbst betreffen. Allerdings haben Kinder in nur drei Prozent der medialen Berichterstattung die Möglichkeit, über sich selbst zu sprechen.

Zudem zeigen die Studienergebnisse ein markantes Gefalle zwischen Medien der Boulevardpresse und Qualitätsmedien. Die Anzahl an problematischen Berichten in Boulevardmedien, die die Kinderechte missachten ist sehr hoch. Hier wird sehr stark auf einige wenige Themen (z. B. Jugendkriminalität) fokussiert. Kinder mit Migrationshintergrund werden oft als Problemkinder oder als kriminell dargestellt. Im Gegensatz dazu werden Kinder mit Behinderungen oder mit schweren Krankheiten häufig als „arme Opfer“ inszeniert. Diese Art der Berichterstattung ist äußerst problematisch und unterstützt die Bildung von Vorurteilen. Qualitätsmedien berichteten insgesamt sowohl thematisch breiter als auch umfassender.

Die Themen Charity, Jugendkriminalität und Bildung dominieren die mediale Berichterstattung: Das Thema Charity spielt vor allem in der Boulevardpresse eine große Rolle. Hier geht es etwa um Beiträge in denen über Spendenaktionen für sozial benachteiligte Kinder, schwerkranke Kinder oder Kinder mit Behinderungen berichtet wird. Die Kinder werden als Opfer präsentiert. Dies ist weder im Sinne der der Behindertenrechtskonvention noch im Sinne der Kinderrechte. Das Thema Jugendkriminalität wird von allen Medien aufgegriffen. Die Art der Berichterstattung variiert jedoch sehr stark. Neben sachlichen Berichten, die auf konstruktive Weise auf bestehende Probleme hinweisen, gibt es auch Medien deren Berichterstattung zu diesem Thema geradezu alarmierend ist. Es wird immer wieder über dieselben Einzelfälle berichtet, häufig stehen Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund im Fokus, Sprache und Inszenierung sind polemisch. Auch über das Thema Bildung wird häufig berichtet. Hier stehen insbesondere Schul- und Nachhilfekosten, Sprachkenntnisse von Kindern mit Migrationshintergrund sowie Bildungschancen im Fokus.

Mädchen sind im Vergleich zu Buden medial stark unterrepräsentiert. Wenn Kinder in der Berichterstattung vorkommen, dann sind es zu 65 % Buben und nur zu 25 % Mädchen. Diese Werte decken sich auch mit jenen von Erwachsenen. Es wird zu zwei Drittel über Männer und nur zu einem Drittel über Frauen berichtet. Im Themenbereich Jugendkriminalität geht, wird fast ausschließlich über männliche Straftäter berichtet.“

Auf Basis der Key Findings der Medienstudie richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Bundesministerin für Frauen, Familie und Jugend nachstehende

Anfrage

1.    In nur drei Prozent der Fälle berichten Medien über die Potentiale und Talente der betroffenen Kinder und Jugendlichen. Sie selbst kommen kaum zu Wort. Werden Sie Maßnahmen setzen, dass Kinder und Jugendliche auch verstärkt selbst zu Wort kommen können und wenn ja, wie kann ho. Ressort dazu beitragen? Wenn nein, weshalb nicht?

2.     Die Berichterstattung zeigt zudem eine starke Fokussierung auf Probleme und Defizite von Kindern. Es gibt kaum Positivbeispiele oder Berichterstattung über die Potentiale, Fähigkeiten und Stärken von sozial benachteiligten Kindern. Werden Sie Maßnahmen setzen, dass auch Positivbeispiele oder Berichterstattung über die Potentiale, Fähigkeiten und Stärken von sozial benachteiligten Kindern medial stärker in Erscheinung treten und wenn ja, wie kann ho. Ressort dazu beitragen? Wenn nein, weshalb nicht?

3.     Es zeichnet sich in den untersuchten Medien ein Gendergap ab: Burschen sind medial wesentlich präsenter als Mädchen. Werden Sie Maßnahmen setzen, dass auch Mädchen medial stärker in Erscheinung treten und wenn ja, wie kann ho. Ressort dazu beitragen? Wenn nein, weshalb nicht?

4.     Medien machen die Herkunft der Kinder und Jugendlichen zu einem zentralen Thema. Die „Ausländerdebatte“ dominiert die mediale Berichterstattung und die politische Debatte. Sie macht vor sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen nicht halt. Werden Sie Maßnahmen dagegen setzen und wenn ja, wie kann ho. Ressort dazu beitragen? Wenn nein, weshalb nicht?

5.     Es gibt signifikante Unterschiede beim Themensetting: Wird die Herkunft der Kinder nicht thematisiert, sind „Charity“ und „Kosten für Schule und Nachhilfe“ die relevantesten Themen in Medien. Wird in Medien ein Migrations- oder Fluchthintergrund erwähnt, dann dominieren die Themen Jugendkriminalität und (fehlende) Sprachkenntnisse. Werden Sie Maßnahmen gegen das weitläufige Junktim von Migrations- und Fluchthintergrund mit Jugendkriminalität und (fehlender) Sprachkenntnisse setzen und wenn ja, wie kann ho. Ressort dazu beitragen? Wenn nein, weshalb nicht?

6.     Insgesamt beeinflussen die Boulevardblätter das Gesamtergebnis aufgrund ihrer hohen Reichweite wesentlich stärker als die Qualitätszeitungen. Werden Sie Maßnahmen dagegen setzen und wenn ja, wie kann ho. Ressort dazu beitragen? Wenn nein, weshalb nicht?