587/J XXVI. GP

Eingelangt am 27.03.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

 

betreffend von der ÖBB überlassene Arbeitskräfte im Verkehrsarbeitsinspektorat

Ministerien, so auch das BMASGK, schließen Überlassungsverträge mit Unternehmen und refundieren die im Unternehmen anfallenden Personalkosten der geliehenen Arbeitskräfte (Gehälter, Überstunden, Versicherungsbeiträge). Die Verträge haben eine festgelegte Laufzeit, können jedoch von beiden Seiten vor Ablauf der Vertragsdauer ohne Angabe von Gründen gelöst werden. Ursprünglich mussten die überlassenen Arbeitskräfte von den Ressorts im Stellenplan ausgewiesen werden. 2007 wurde diese Verpflichtung fallen gelassen. Das überlassene Personal scheint also nicht im Personalplan des Ministeriums auf.

Umgehung der Personaleinsparungen durch überlassenes Personal

Mehrfach kritisiert der RH in seinen Berichten (z.B. „FFG und FWF – Interne Kontrollsysteme“ (2015) und „Personalbewirtschaftung des Bundes“ (2017)), dass durch die faktische Eingliederung des überlassenen Personals „graue“ Planstellen geschaffen werden. Mit dieser Vorgehensweise verliert der Personalplan des Bundes seine Steuerungsfunktion. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Verträge mit langer Laufzeit abgeschlossen oder nach Ablauf mit denselben Personen erneut abgeschlossen werden. Die vom Nationalrat beschlossenen Personaleinsparungen im Bund werden so verdeckt umgangen.

Personalkosten als Sachaufwand

Außerdem beklagt der Rechnungshof, dass die Ausgaben im Rechnungsabschluss als Sachaufwand ausgewiesen werden. Dies unterläuft den Grundsatz der Budgetwahrheit. Bei einem Privatunternehmen würde das zumindest als kreative Buchhaltung bezeichnet werden.

Mehrkosten für geliehenes Personal im Vergleich zu öffentlich Bediensteten

Die überlassenen Arbeitskräfte werden nicht nach dem Gehaltsschema des Bundes bezahlt, sondern nach dem der überlassenden Unternehmen (Arbeitsverträge). Sind die refundierten Personalkosten für das überlassene Personal höher als die Personalkosten, die anfallen würden, wenn die überlassenen Arbeitskräfte in einem Dienstverhältnis zum Bund stünden, so erwachsen dem Bund und damit den Steuerzahler_innen unter Umständen erhebliche Mehrkosten durch die Beschäftigung von überlassenem Personal.

Unparteilichkeit der Kontrollbehörde in Gefahr

Besonders problematisch ist die Überlassung von Personal an eine Kontrollbehörde wie z.B. die Arbeitsinspektion, jedenfalls dann, wenn die überlassenen Arbeitskräfte im eigenen Unternehmen Überprüfungen durchführen. Es könnte der Verdacht aufkommen, dass sie dort weniger konsequent vorgehen als in anderen Unternehmen. Das wäre ein wirtschaftlicher Vorteil für den Überlasserbetrieb, ein Nachteil für die anderen. Der Verdacht auf Korruption und ein möglicher Vertrauensverlust der Bevölkerung und der Wirtschaft in die Zuverlässigkeit und die Integrität der öffentlichen Verwaltung muss vermieden werden.

Das Arbeitsinspektionsgesetz regelt in diesem Sinn, dass Arbeitsinspektionsorgane nicht in einem Arbeitsverhältnis zu einem Unternehmen stehen dürfen, das in den Wirkungsbereich der Arbeitsinspektion fällt (§ 18/3). Es lässt allerdings zu, dass der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz im Einzelfall eine Ausnahme von dieser Vorschrift bewilligt (§ 18/4).

Im RH Bericht Arbeitnehmerschutz in Österreich (2013) ist zu entnehmen, dass 2011 im Verkehrsarbeitsinspektorat (kurz VAI) 18 Beamt_innen bzw. Vertragsbedienstete und 11 von der ÖBB überlassene Arbeitskräfte beschäftigt waren. Das VAI ist unter anderem zuständig für den Arbeitsnehmerschutz bei Eisenbahnunternehmen, also auch für die ÖBB. Die überlassenen Arbeitskräfte stellten rund 38% der Beschäftigten des VAI dar und verursachten rund 47% der der Ausgaben. Für das Jahr 2012 waren sogar über 1 Mio Euro für Arbeitsleihen geplant, was einer Steigerung von 17% entspricht (siehe Tabelle). Beim Übergang des VAI vom BMVIT ins BMASK im Jahr 2012 wurde für das restliche Jahr ein Abzug von 350.000 Euro vom budgetierten Betrag (Plan 2012) für das VAI vereinbart. Dieser, als Einsparungspotenzial benannte Betrag, berechnete sich aus fünf einzusparenden Arbeitsleihverträgen zu je 70.000 Euro pro Jahr. Nach Meinung des Rechnungshofes wäre die Einsparung von fünf Leiharbeitsverträgen nicht ausreichend, um das geforderte Einsparungsziel zu erreichen.

/download/attachments/24589139/image2018-3-21%2020%3A7%3A34.png?version=1&modificationDate=1521659432000&api=v2

 

21.07.2015 beantwortet Bundesminister Hundstorfer (BMASK) im Rahmen der parlamentarische Anfrage 5347/J von der Abgeordneten Beate Meinl-Reisinger und Kollegen vom 09.06.2015 die Frage zu den überlassenen Mitarbeitern der ÖBB (Für welche Tätigkeiten wird und wurde das geliehene Personal der ÖBB im BMASK eingesetzt?) eher lapidar wie folgt: „Die überlassenen MitarbeiterInnen der ÖBB sind im Kompetenzzentrum Verkehrs-Arbeitsinspektorat in der Sektion Arbeitsrecht und Zentral-Arbeitsinspektorat eingesetzt.“ Es ist zu befürchten, dass sie als Kontrollorgane auch in Unternehmen der ÖBB beschäftigt werden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

(Da sich einige Fragen auf einzelne Personen beziehen, ersuchen wir aus Datenschutzgründen, die überlassenen Arbeitskräfte mit einem anonymen Code eindeutig und unterscheidbar zu bezeichnen und diesen Code bei der Beantwortung aller personenbezogenen Fragen unverändert zu verwenden.)

1.    Wie viele Personen aus Unternehmen des ÖBB Konzerns (kurz ÖBB) wurden bzw. werden in den Jahren 2012 bis 2018 im Verkehrsarbeitsinspektorat (kurz VAI) als überlassene Arbeitskräfte beschäftigt (Angabe für jedes Jahr; Stichtag 1. 1. des jeweiligen Jahres)?

2.    Liegen für die derzeit überlassenen Arbeitskräfte Überlassungsverträge vor (Stichtag 1. 2. 2018, bitte einzeln in anonymisierter Form angeben)?

3.    Wann wurden die derzeit geltenden Überlassungsverträge abgeschlossen? Welche Laufzeit haben die derzeit geltenden Verträge (Stichtag 1. 2. 2018, bitte einzeln in anonymisierter Form angeben)?

4.    Seit wann werden die derzeit überlassenen Personen bereits im Verkehrsarbeitsinspektorat als überlassene Arbeitskräfte eingesetzt (Stichtag 1. 2. 2018, bitte einzeln in anonymisierter Form angeben; diese Frage bezieht sich auch auf die Zeit vor der Übernahme des VAI in das Sozialministerium)?

5.    Welche der derzeit überlassenen Personen der ÖBB werden als Kontrollorgane eingesetzt? Für welche der überlassenen Kontrollorgane liegen Ausnahmebescheide vom Arbeitsinspektionsgesetz vor? Wann wurden sie ausgestellt (Stichtag 1. 2. 2018, bitte einzeln in anonymisierter Form angeben)?

6.    Welche Beträge wurden für die derzeit überlassenen Arbeitskräfte im Jahr 2017 an Unternehmen des ÖBB Konzerns refundiert (Stichtag 1. 2. 2018, bitte einzeln in anonymisierter Form angeben)?

7.    Welche Beträge wurden vom Bund in den Jahren 2012 bis 2017 insgesamt für die überlassenen Arbeitskräfte an die ÖBB Unternehmen refundiert (Angabe für jedes Jahr)?

8.    Wie viel verdienen die überlassenen Arbeitskräfte im Schnitt pro Vollzeitäquivalent?

a.    die ganze Gruppe?

b.    jeweils die Betreffenden ohne Matura?

c.    jeweils die Betreffenden mit Matura?

d.    jeweils die Betreffenden im Status eines Akademiker?

9.    Wie hoch waren die Personalkosten 2012 bis 2017 für die Kontrollorgane des VAI, die in einem Dienstverhältnis zum Bund standen bzw. stehen (Angabe der Zahl an Kontrollorganen und der Personalkosten für jedes Jahr, ohne Verwaltungspersonal und Führungskräfte)?

2016 hat die gesamte Arbeitsinspektion 68.162 Kontrollen (ohne Kontrollen von LenkerInnen) durchgeführt und dabei 114.765 Übertretungen festgestellt. Insgesamt wurden Strafen in der Höhe von € 4.943.574.- beantragt (Tätigkeitsbericht der Arbeitsinspektion 2015/2016. Die Tätigkeiten des VAI sind in diesen Werten inkludiert.)

10. Wie viele dieser Kontrollen wurden 2016 vom VAI durchgeführt?

11. Wie viele Kontrollen haben die überlassenen Arbeitskräfte der ÖBB 2016 durchgeführt?

a.    Wieviel % der Kontrollen des überlassenen Personals wurde in Unternehmen der ÖBB durchgeführt z.B. in einer Betriebstätte, einem Fahrzeug oder einer Baustelle der ÖBB?

b.    Wie viele der im Bericht genannten Übertretungen wurden 2016 vom VAI festgestellt?

c.    Wie viele Übertretungen haben die überlassenen Arbeitskräfte der ÖBB festgestellt?

                                  i.    Wie viele der, vom überlassenen Personal festgestellten, Übertretungen betrafen Unternehmen der ÖBB?

12. Bei wieviel Prozent der Kontrollen wurden 2016 vom VAI Mängel festgestellt (aufgeschlüsselt nach: Kontrollen von überlassenen Arbeitskräften der ÖBB in Unternehmen der ÖBB, von überlassenen Arbeitskräften der ÖBB in Unternehmen, die nicht dem ÖBB Konzern zugerechnet werden können, von Kontrollorganen des VAI, die in einem Dienstverhältnis zum Bund stehen)?

13. Welches Strafausmaß wurde 2016 vom VAI insgesamt beantragt?

14. Wie viel davon wurden gegen Unternehmen des ÖBB Konzernes beantragt?

15. Welche konkreten Maßnahmen werden von den Vorgesetzten im VAI gesetzt, um beim Einsatz überlassener Arbeitskräfte der ÖBB potentielle Interessenkonflikte und korruptionsgefährdete Situationen auszuschließen?

16. Hat das BMASGK auch in Zukunft vor, von der ÖBB überlassenes Personal als Kontrollorgane im VAI zu beschäftigen und sich damit dem Korruptionsverdacht auszusetzen?

17. Werden noch weitere überlassene Arbeitskräfte im Verkehrsarbeitsinspektorat beschäftigt? Wenn ja, wie viele (Stichtag 1.2.2018)?

18. Von welchen Unternehmen werden diese Personen dem Bund überlassen (namentliche Nennung der Unternehmen)?

19. Wie viele überlassene Arbeitskräfte werden in den anderen Arbeitsinspektoraten beschäftigt (Stichtag 1.2.2018)?

20. Von welchen Unternehmen werden diese Personen dem Bund überlassen (namentliche Nennung der Unternehmen)?