588/J XXVI. GP

Eingelangt am 27.03.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Peter Kolba, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

betreffend willkürliche Kindesabnahmen in Österreich

Beschwerden Betroffener über Kindesabnahmen ohne Grund häufen sich in Österreich. Dabei entsteht der Eindruck willkürlicher Vorgangsweisen durch Jugendwohlfahrtsbehörden und Pflegschaftsgerichte unter ebenso pauschaler wie fälschlicher Berufung auf das vermeintliche Kindeswohl. So wird etwa vom Fehlen einer Abklärung tatsächlicher Gefährdungen, von vorherigen Absprachen zwischen Jugendwohlfahrtsbehörden und den zur nachprüfenden Kontrolle berufenen Pflegschaftsgerichten, von mutwilliger Trennung der Kinder von ihren Eltern, Unterbindung des Kontakts zwischen Eltern und Kindern sowie zwischen Geschwistern, von Disziplinierungsmaßnahmen gegen Elternteile und dergleichen mehr berichtet. Zuletzt gipfelte ein spektakulärer Anlassfall in Salzburg sogar in der Festnahme eines Elternteils.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

Anfrage:

1.     )       Wie viele Kindesabnahmen sind in Österreich in den Jahren 2012 bis 2017 durch Pflegschaftsgerichte angeordnet oder bestätigt worden?

2.     )       Wie viele der abgenommenen Kinder sind in Fremdbetreuung gekommen?

3.     )       Wie sind die Zahlen, die (hoffentlich) aus Ihrer Beantwortung der vorstehenden Fragen 1 und 2 resultieren, auf die einzelnen Bundesländer und Bezirke Österreichs verteilt?

4.     )       Sind in Ihrem Ministerium in den letzten Jahren hinsichtlich Kindesabnahmen Beschwerden oder Ansuchen von Betroffenen eingegangen? Wenn ja, wie viele, mit welchen Beschwerdegründen und welche Reaktionen erfolgten von Seiten des Ministeriums?

5.     )       Sehen Sie Änderungsbedarf bei den gesetzlichen Grundlagen für behördliche Kindesabnahmen und Fremdunterbringung? Sind (oder waren) Mitarbeiter Ihres Ministeriums seit Inkrafttreten des B-KJHG 2013 bereits mit der Erarbeitung von Reformvorschlägen in diesem Bereich befasst?

6.     )       Halten Sie angesichts der Bedeutung der Kindesabnahmen für die Menschenrechte der Betroffenen die unterschiedlichen Regelungen auf Landesebene und die Aufteilung der Vollziehung in diesem Bereich auf 9 Träger noch für zeitgemäß?

7.     )      Darf - unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Gefährdungsabklärungsverfahren nach § 22 B-KJHG bzw § 13 S.KJHG erst der Abklärung einer möglichen Gefährdung des Kindeswohls dient und nach dem Gesetzeswortlaut einen konkreten Verdacht der Gefährdung des Kindeswohls nach einer glaubhaften Mitteilung eines Dritten oder einer gemäß § 37 B-KJHG anzeigepflichtigen Stelle voraussetzt (RS RS0131472) - eine Kindesabnahme ohne Gefahrenmeldung und/oder ohne Gefährdungsabklärung erfolgen?

8.     )      Darf- unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine vorläufige Maßnahme gemäß § 211 Abs 1 ABGB nur dann getroffen werden darf, wenn das Kindeswohl offenkundig gefährdet und deshalb eine Änderung des bestehenden Zustandes notwendig wäre , wenn sich also die Gefährdung des Kindeswohls schon so weit konkretisiert hat, dass der bestehende Zustand sofort geändert werden muss (2 Ob 117/10h = JBI 2011, 232 = iFamZ 2001/59 = EF-Z 2011/37,

62 Zak 2011/48, 33; LGZ Wien EF 117.023) - eine Kindesabnahme wegen einer bloß abstrakten Vermutung erfolgen?

9.     )      Dürfen - unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine vorläufige Maßnahme gemäß

§ 211 Abs 1 ABGB nur zulässig ist, wenn selbst eine vom Gericht zu treffende Maßnahme zu spät käme (Weitzenböck in Schwimann/Kodek, Praxiskommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, 4. Auflage, la, § 215 Rz 3 FN 15) - vorläufige Maßnahmen durch Jugendämter ohne Vorliegen einer Ultima-ratio-Situation erfolgen?

10.     )    Ist es Ihrer Ansicht nach mit der Aufgabe einer unabhängigen nachprüfenden Kontrolle von Maßnahmen, die ein Jugendwohlfahrtträger aus eigener Macht verhängt hat, durch das Gericht vereinbar, wenn vor und im Zuge der Maßnahme bereits Absprachen zwischen Familiengericht und Jugendamt stattfinden?

11.     )    Kann eine Maßnahme, die ein Jugendwohlfahrtträger aus eigener Macht verhängt hat und bezüglich derer er binnen acht Tagen keinen Antrag an das Gericht gestellt hat, Rechtswirksamkeit erlangen?

12.     )    Darf die Staatsanwaltschaft einem Kindesvater, der in Ausübung des ihm zustehenden Obsorgerechts handelt, Kindesentziehung vorwerfen?

13.     )    Darf die Staatsanwaltschaft im Zuge des in Frage 12 erwähnten Sachverhalts einen Antrag auf Festnahme gegen den Kindesvater stellen?

14.     )    Wird die 8-Tagesfrist des § 211 ABGB von den Jugendwohlfahrtsträgern nach einer vorläufigen Maßnahme der Pflege und Erziehung regelmäßig eingehalten?

15.     )    Wie lange dauert durchschnittlich ein gemäß § 211 Abs 1 ABGB eingeleitetes gerichtliches Verfahren zur Überprüfung einer vorläufigen Maßnahme des Jugendwohlfahrtsträgers?