595/J XXVI. GP

Eingelangt am 30.03.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Jarolim sowie zahlreicher Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (ergeht auch an

BMEIA)

betreffend

Rechtsradikale im Regierungsauftrag, sogar in Israel

Wenn es für Diplomaten - also offizielle Repräsentanten der Republik Österreich - einen Posten gibt, welcher ein besonderes Maß an Sensibilität und Feingefühl abverlangt, dann ist es jener eines Vertreters der Republik Österreich in Israel.

Umso unerklärlicher ist das Verhalten eines Attachés an der österreichischen Botschaft in Tel Aviv, der auch als Bezirksrat der FPÖ in Wien-Leopoldstadt tätig ist!

Jürgen-Michael Kleppich hatte sich bereits kurz nach seinem Dienstantritt in Tel Aviv als Attaché der Republik Österreich im Jänner 2018 mit einem Bild von sich auf seiner Facebook-Seite vorgestellt, welches ihn mit einem T-Shirt mit der Aufschrift „Ehre, Freiheit, Vaterland“, also einem Leitspruch deutschnationaler Burschenschaften einer staunenden Öffentlichkeit, zeigt. Das T-Shirt stammt aus dem Sortiment von „Phalanx Europa“, dem Onlinehandel der rechtsextremen Identitären Martin Sellner und Patrick Lenart, welche auch als „Leiter" der Identitären Bewegung Österreich (IBÖ) auftreten. Das T-Shirt aus dem Identitären-Versand soll durch das klar konnotierte „burschenschaftliche Motiv“ seinem Umfeld die Zugehörigkeit des Attaches zu einer rechtsextremen Gesinnungsgemeinschaft als Burschenschafter klar erkennbar machen.

Offenbar mit einer besonderen Art eines Profilierungsdranges ausgestattet, welcher den Interessen der Republik Österreich diametral entgegensteht, fällt die Umtriebigkeit Kleppichs im rechtsextrem Metier einigermaßen Interessierten nicht zum ersten Mal auf. So hat Kleppich, der Mitglied der deutschnationalen Verbindung „Vandalia“ ist, vor einigen Monaten ein Bild seines Großvaters in Nazi-Uniform mit Hakenkreuz auf Facebook gepostet und dadurch klar erkennbar seine politische Einstellung kommuniziert.

Nicht überraschend ist daher, dass Kleppich den - sogar für FPÖ-Obmann Strache verständlichen - Rücktritt seines FPÖ Kollegen Udo Landbauer auf Grund der Nazi­Liederbuchaffäre auf seiner Facebook-Seite mit den Worten „Das hast du nicht verdient, Udo Landbauer“ verurteilte und zwar bereits als österreichischer Diplomat in Israel!

Selbst wenn Außenministerin Kneissl den rechtsextremen Attaché sofort nach Wien „zur Klärung des Sachverhalts“ zurückbeordert hat, so ist dieser erstaunlicherweise bis zuletzt seinem Reiseauftrag nach Wien nicht nachgekommen (zB auf Anfrage von derstandard vom 20.3.2018 wäre Kleppich noch im Ausland). Auch der in Tel Aviv ansässige österreichische Botschafter Martin Weiß ist in Erklärungsnot und begründete den Einsatz Kleppichs eigentümlicherweise damit, dass er - Kleppich - ein sogenannter „Springer“ wäre - also eine Vertretung einer Mitarbeiterin in Karenz.

Gerade in und in Verbindung mit Österreich werden - bedingt durch unsere geschichtliche Vorbelastung - rechtsextremistische Inhalte und Äußerungen sehr sensibel betrachtet. Da erscheint es schockierend, dass nun gerade ein Diplomat - also ein Repräsentant der Republik Österreich - den Staat in solch einer abscheulichen Alt und Weise „vertritt“, wobei sich ja schon die Frage stellt, warum derartige Personen als geplante Vertreter der Republik überhaupt in den Dienst des Außenministeriums aufgenommen wurden.

Wie kurier.at am 21.3.2018 berichtete, erfolgt die Entscheidung über die Entsendung grundsätzlich durch die Personalsektion des BMEIA. Auch bestehe der derzeitige Springer-Pool aus zwei Personen (Kleppich inkludiert). Hier stellt sich nun die Frage, warum - wenn ohnedies nur zwei Personen den offenbar sehr wichtigen Springer-Pool bilden - gerade jemand mit rechtsextremistischen Hintergrund überhaupt entsendet wird und dieser dann noch dazu nach Israel.

Laut erstaunlicher Stellungnahme des BMEIA wäre durch „die erhobenen Vorwürfe gegen Kleppich kein Image-Schaden für das BMEIA entstanden“, was naturgemäß die Frage aufwirft, welche „Qualitätskriterien“ das BMEIA für seine Arbeit und jene seiner MitarbeiterInnen überhaupt anlegt und ob bzw. wie diese Ansichten mit den Interessen der Republik vereinbar sind. Auf Anfrage von kurier at meinten Diplomaten kaum überraschend, dass sehr wohl ein Image-Schaden für das Amt entstanden wäre.

Im 2. Wiener Gemeindebezirk, der Leopoldstadt, ist neben Jürgen-Michael Kleppich noch eine weitere auffällige Person von der FPÖ in das Amt eines Bezirksrates und daher Mitglieds der Bezirksvertretung, also des Bezirksparlaments entsendet worden: Herwig Götschober, ein für politisch Interessierte keinesfalls unbeschriebenes Blatt. So ist Götschober Vorsitzender der Burschenschaft Bruna Sudetia und Schriftwart des Vereins Wiener Akademikerball-Ballausschuss, welcher den freiheitlichen „Akademikerball“ organisiert. Götschober, hauptberuflich im Kabinett des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für als Referent für Soziale Medien tätig, ließ sich vor drei Wochen im Zusammenhang mit Vorwürfen wegen eines NS-Liederbuchs seiner Burschenschaft beurlauben. So ist ein weiteres Gesangsbuch, welches bei der Burschenschaft Bruna Sudetia verwendet wurde, aufgetaucht in dem die antisemitischen Textzeile „Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die sieb´te Million“ (gemeint die Ermordung von mehr als 7 Millionen Juden).

Damals hieß es, Götschober würde sich so lange zurückziehen, bis alle Vorwürfe restlos aufgeklärt wären. Dem entgegen hat sich Götschober mittlerweile aber wieder erfolgreich mit der Erklärung in das Ministerium reklamiert, er habe sich persönlich nichts zu Schulden kommen lassen. Bezeichnenderweise hat sich Götschober zwischenzeitig offiziell bei Vizekanzler Strache „für die Rückendeckung“ bedankt. (kuner.at am 22.2.2018).

Zu der von Götschober geleiteten Burschenschaft Bruna Sudetia selbst lässt sich sagen, dass diese 2017 zusammen mit der rechtsextremen Österreichischen Landsmannschaft (ÖLM) die alljährliche Sonnwendfeier ausrichtete. Unter den Anwesenden hielten Karl Katary (sowohl Bruna Sudetia als auch OLM), Alexander Pawkowicz (FPÖ) und René Brasser (Bruna Sudetia) „Ansprachen". Zu erwähnen ist, dass Brasser aktuell parlamentarischer Mitarbeiter der FPÖ-Nationalratsabgeordneten Christian Ragger und Christian Höbart ist, wobei Letztgenannter bereits 2017 etwa dadurch negativ auffiel, dass sein damaliger parlamentarischer Mitarbeiter Alexander Schleyer (Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft „Wiener akademisches Corps Hansea“) auf Facebook rechtsextreme Kommentare veröffentlichte und er aus diesem Grund seinen Beruf als parlamentarischer Mitarbeiter niederlegen musste. Ein weiterer Burschenschafter, der als parlamentarischer Mitarbeiter für den Abgeordneten Peter Schmiedlechner tätig ist. ist Christian Rössner. Es zeigt sich sohin, dass rechtsextreme Burschenschafter im Nationalrat keine Einzelfälle sind sondern unter der aktuellen Regierung eine Art „Normalzustand" wurden.

In Wien Leopoldstadt reagiert man auf die rechtsextremen Aktionen des Herrn Götschober umgehend und verabschiedete in der Bezirksvertretung einen Resolutionsantrag, in dem unmissverständlich klargestellt wurde, dass keine politischen MandatarInnen geduldet würden, die den Boden einer demokratischen und antisemitischen Grundhaltung verlassen. Dass die FPÖ diesem inhaltlich den bisherigen Zielvorgaben der 2. Republik entsprechenden Antrag nicht zugestimmt hat sagt über diese Gesinnungsgemeinschaft ebenso viel aus wie der Umstand, dass auch Götschober sein Mandat bis dato nicht zurückgelegt hat, wenngleich er das Amt durch Abwesenheit seit Bekanntwerden des Skandals nicht im vorgesehenen Sinn ausübt.

Anscheinend ist auch die FPÖ selbst an einer Klärung der Causa nicht interessiert. So ist einer Einladung der Bezirkvorstehung an die FPÖ-Leopoldstadt zur Aussprache nicht nachgekommen worden - kein Einzelfall. Auch die Erklärung des Bezirksparteiobmanns der Bezirks-FPÖ, Wolfgang Seidl „Man wird nichts gegen Kleppich und Götschober unternehmen und somit keine Konsequenzen ziehen" spricht Bände.

Dass gerade im Bezirk Leopoldstadt, einem wesentlichen Teil der "Mazzesinsel", in dem ein Großteil des traditionellen Judentums wohnte und wohnt, sich in der Bezirksvertretung mit den Herrn Götschober und Kleppich Mitglieder befinden, welche mit antisemitischem und neonazistischem Gedankengut in Verbindung gebracht werden, ist mehr als betrüblich und hat verständlicherweise auch den Präsidenten der Israelitische Kultusgemeinde Oskar Deutsch dazu veranlasst, seinen Sorge und seinen Schock über die gegenständlichen Vorfälle klar zum Ausdruck zu bringen.

Nicht ganz 100 Tage im Amt, stolpert man beinahe schon täglich von einem rechtsextremen „Aktivitäten“ in den nächsten, was aber aus Regierungskreisen mit Einzelfälle abzutun versucht wird.

Eines ist aber jedes Mal beim Auftauchen eines solchen „Einzelfalles“ das Gleiche: Das Schweigen des Kanzlers Kurz und seiner Partei.

An das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres ergingen:

1.    Wie ist es zur Bestellung von Jürgen-Michael Kleppich in das BMEIA und in die zuletzt ausgeübte Funktion gekommen? Wer war dafür zuständig?

2.    Seit wann ist Herr Kleppich im diplomatischen Dienst Österreichs und welche Qualifikationen bringt er dafür mit?

3.    Gab es von Seiten des Bundesministeriums eine Überprüfung von Jürgen-Michael Kleppich, vor allem vor dem Antritt des Posten eines Attaches in Israel, wie dies selbst bei Verwaltungspraktikanten (also in der Rangordnung tiefer stehenden Angestellte) durch ein strenges Sicherheits- und Auswahlverfahren der Fall ist, um so ein Risiko für das Ministerium ausschließen zu können?

4.    Halten Sie es für angemessen, wenn

a.     MinisteriumsmitarbeiterInnen und

b.    MitarbeiterInnen des diplomatischen Dienstes

öffentlich Sympathien für eine rechtsextreme/neofaschistische Organisation wie etwa (IBÖ) demonstrieren (über Wunsch können diesbezügliche Informationsunterlagen gerne nachgereicht werden)?

5.    Inwieweit ist die Besetzung von Posten im diplomatischen Dienst mit aktiven Mandataren/Parteifunktionären erwünscht bzw. zulässig?

6.    Bezugnehmend auf den anlassbezogenen Fall: Hält man die Beschickung eines Postens in Israel mit einem FPÖ-Mandatar rechtsextremer Neigungen für statthaft oder verständlich? Wenn ja, was ist die Absicht dahinter?

7.    Kann die Entsendung als Provokation Israels vor dem Hintergrund aufgefasst werden, dass sich Israel verständlicherweise weigert, diplomatisch mit FPÖ- Repräsentanten zu verkehren?

8.    Gibt es Hinweise auf politische Einflussnahme der FPÖ in Bezug auf die Bestellung Kleppichs zum Attaché in Israel zumal Herr Kleppich, Vizekanzler Heinz-Christian Strache und FPÖ-Parlamentsdirektor Norbert Nemeth alle Mitglieder der Burschenschaft Vandalia sind?

9.    Seit wann sind dem angerufenen Ministerium diese Vorwürfe bekannt?

10. Wurden bereits einstweilige Maßnahmen gegen Jürgen-Michael Kleppich getroffen?

a.  Wenn ja, welche?

b.  Wenn nein, warum nicht?

11. Wurden gegen Herrn Kleppich auch dienstrechtliche Ermittlungen aufgenommen, um zu untersuchen ob Herrn Kleppich eine Dienstrechtsverletzung begangen hat?

12. Welche „Qualitätskriterien“ legt das BMEIA für seine Arbeit und jene seiner MitarbeiterInnen sowie deren Aufnahmen an und wie werden diese dokumentiert?

13.  Da es sich bei den von Herrn Kleppich veröffentlichten Facebook-Postings um Postings mit rassistischen Elementen handelt, wurden staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der Verhetzung aufgenommen?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum nicht?

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie folgende

Anfrage

1.    Wurden bereits einstweilige Maßnahmen gegen Herwig Götschober getroffen?

a.      Wenn ja, welche?

b.      Wenn nein, warum nicht?

2.    Wieso ist Herwig Götschober, obwohl zugesichert wurde er würde sich so lange zurückziehen, bis alles restlos aufgeklärt wäre, wieder als Referent für Soziale Medien im Ministerium tätig?

3.    Inwiefern sind die freizeitlichen „Aktivitäten“ des Herrn Götschober mit der Arbeit als Pressereferent vereinbar, zumal als Pressereferent (also Öffentlichkeitsarbeit) Objektivität an den Tag gelegt werden sollte?

4.    Wurden gegen Herrn Götschober auch dienstrechtliche Ermittlungen aufgenommen, um zu untersuchen ob Herrn Götschober eine Dienstrechtsverletzung begangen hat?

5.    Wurden gegen Herrn Götschober staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der Verhetzung aufgenommen?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.     Wird im Verfahren gegen Bruna Sudetia Herr Götschober als Beschuldigter geführt?

d.    Gibt es bereits eine Auswertung der durch die Hausdurchsuchung in der Burschenschaft Bruna Sudetia mitgenommenen Gegenstände? Wenn ja, ist deren Auswertung so klar, dass die von Götschober selbst bekanntgegebene Notwendigkeit der Klärung etwa der Zuordnung von Liederbüchern nationalsozialistischen Inhalts die Wiederaufnahme seiner Tätigkeit in einem regierungsnahen Amt bereits erfüllt ist und wenn ja, wodurch?