602/J XXVI. GP

Eingelangt am 04.04.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend

betreffend einer Ausweitung des Schutzes vor Diskriminierung auf europäischer Ebene.

Mit dem 1. Juli 2018 übernimmt Österreich bis Jahresende den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Damit haben unser Land und insbesondere die Bundesregierung in den kommenden sechs Monaten die Möglichkeit, wesentlichen Einfluss auf die gesetzgeberische und politische Arbeit des Rates Einfluss zu     nehmen.

Im Zuge des Trioprogramms mit Estland und Bulgarien, das bereits im Juni 2017 und damit noch vor der letzten Nationalratswahl vom Rat angenommen wurde, hat sich auch Österreich als letztes Land der Dreiergruppe zu bestimmten Zielsetzungen verpflichtet. Darin heißt es seitens der Triopräsidentschaft unter anderem unter dem Titel „Eine Union, die jeden ihrer Bürger befähigt und schützt“:

„Der Ruf nach Weiterentwicklung der sozialen Dimension wird immer lauter. Hierbei geht es um die Berücksichtigung der sich verändernden Realitäten in den europäischen Gesellschaften und die Auseinandersetzung mit Fragen wie Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen, Zugang zu hochwertiger Bildung und zum Arbeitsmarkt, Arbeitnehmermobilität und faire Arbeitsbedingungen sowie angemessenen und nachhaltigen Sozialschutz unter Achtung der Zuständigkeiten und Vielfalt der Mitgliedstaaten. Die drei Vorsitze werden wachsendem Populismus, Rassismus und Hassreden sowie dem wahrgenommenen Wettbewerb zwischen migrationsrelevanten und flüchtlingsbezogenen Prioritäten besondere Aufmerksamkeit widmen. (...) Die drei Vorsitze werden sich weiterhin um die soziale Dimension bemühen, insbesondere in Bezug auf die Vorschläge im Zusammenhang mit der europäischen Säule für soziale Rechte. “[1]

Gerade in Hinblick auf das Ziel der österreichischen Bundesregierung, im Zuge der Präsidentschaft und insbesondere in Hinblick auf die Wahlen zum Europäischen Parlament 2019, möglichst viele offene Dossiers abzuarbeiten, und auch unter dem Eindruck der wenigen konkreten Informationen der aktuellen Bundesregierung in Hinblick auf ihre konkreten Ziele stellt sich daher die Frage der Positionierung bzw. Priorisierung einer möglichen Umsetzung des Kommissionsvorschlags für „eine Richtlinie zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung“ (KOM 2008, 426edg).

Erst Ende 2017 wurde, im Zuge des „Progress Report“ der estnischen Präsidentschaft hinsichtlich dieses Vorschlags der Europäischen Kommission, die Dringlichkeit einer raschen Umsetzung betont: „A large majority of delegations has welcomed the proposal in principle, many endorsing the fact that it aims to complete the existing legal framework by addressing all four grounds of discrimination through a horizontal approach."[2] In diesem Dokument wurde auch festgestellt, dass es trotz Fortschritten in den Gesprächen noch weitere Diskussionen zur Umsetzung dieser Richtlinie brauche: „Although real progress has been made under the Estonian Presidency on the issues discussed, further political discussion is needed before the required unanimity can be reached in the Council."[3]

Gerade in Österreich sind Diskriminierungsgründe wie Alter oder sexuelle Orientierung außerhalb der Arbeitswelt noch nicht geschützt. Die Notwendigkeit, in diesem Bereich rasch zu handeln betonen auch Menschenrechtsorganisationen und NGOs, wie beispielsweise das „Deutsche Institut für Menschenrechte“, dass im Zuge der Initiative „Aktiv gegen Diskriminierung“ festgestellt hat:

„Wichtig wäre die Durchsetzung des neuen Kommissionsvorschlags für ,eine Richtlinie zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung’. (...) Demgegenüber umfassen die bestehenden Richtlinien diese Bereiche bereits, aber nur für das Verbot von rassistischen Diskriminierungen und Diskriminierungen wegen des Geschlechts. Damit weist der rechtliche Schutz vor Diskriminierungen auf EU-Ebene Lücken auf die angesichts der anhaltenden Diskriminierungen in sämtlichen Lebensbereichen geschlossen werden müssen. ‘'[4]

Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende

Anfrage:

1.    Wie stehen Sie zur Beschlussfassung des „Proposal for a Council Directive on implementing the principle of equal treatment between persons irrespective of religion or belief, disability, age or sexual orientation“, COM (2008)?

a.    Unterscheidet sich die Position der aktuellen Bundesregierung diesbezüglich von der ihrer Vorgänger? Wenn ja, inwiefern und warum hat sich die Position der Bundesregierung verändert?

2.    Wie wird sich die Bundesregierung im Zuge der österreichischen Ratspräsidentschaft konkret für den Beschluss dieser Richtlinie einsetzen?

a.    Welche konkreten Maßnahmen sind zur Umsetzung geplant? Wenn keine Maßnahmen geplant sind, warum nicht?

b.    Welches Regierungsmitglied ist für die Verhandlungen über diese Richtlinie zuständig?

c.    Bei welchen offiziellen und inoffiziellen Terminen im Zuge der österreichischen Präsidentschaft wird diese Richtlinie Thema sein?

3.    Gab es seitens der Bundesregierung diesbezüglich schon Gespräche mit der estnischen Regierung, um deren Bemühungen in dieser Frage fortzusetzen?

a.    Wenn ja, wann bzw. auf welcher Ebene?

b.    Wenn nein, wann sind solche Gespräche geplant? Wenn keine Gespräche geplant sind, warum nicht?

Falls es zu keiner Umsetzung dieser Richtlinie kommt:

4.    Welche gesetzlichen oder anderen Maßnahmen planen Sie zur Absicherung des Schutzes vor Diskriminierung aufgrund des Merkmals „Alter“ im Bereich Sozialschutz, einschließlich sozialer Sicherheit und Gesundheitsdienste?

a.    Wenn Maßnahmen geplant sind, bis wann sollen diese präsentiert werden?

b.    Wenn keine Maßnahmen geplant sind, warum nicht?

5.    Welche gesetzlichen oder anderen Maßnahmen planen Sie zur Absicherung des Schutzes vor Diskriminierung aufgrund des Merkmals „Alter“ im Bereich Bildung?

a.    Wenn Maßnahmen geplant sind, bis wann sollen diese präsentiert werden?

b.    Wenn keine Maßnahmen geplant sind, warum nicht?

6.    Welche gesetzlichen oder anderen Maßnahmen planen Sie zur Absicherung des Schutzes vor Diskriminierung aufgrund des Merkmals „Alter“ im Bereich des Zugangs zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen?

a.    Wenn Maßnahmen geplant sind, bis wann sollen diese präsentiert werden?

b.    Wenn keine Maßnahmen geplant sind, warum nicht?

7.    Welche gesetzlichen oder anderen Maßnahmen planen Sie zur Absicherung des Schutzes vor Diskriminierung aufgrund des Merkmals „sexuelle Orientierung“ im Bereich Sozialschutz, einschließlich sozialer Sicherheit und Gesundheitsdienste?

a.    Wenn Maßnahmen geplant sind, bis wann sollen diese präsentiert werden?

b.    Wenn keine Maßnahmen geplant sind, warum nicht?

8.    Welche gesetzlichen oder anderen Maßnahmen planen Sie zur Absicherung des Schutzes vor Diskriminierung aufgrund des Merkmals „sexuelle Orientierung“ im Bereich Bildung?

a.    Wenn Maßnahmen geplant sind, bis wann sollen diese präsentiert werden?

b.    Wenn keine Maßnahmen geplant sind, warum nicht?

9.    Welche gesetzlichen oder anderen Maßnahmen planen Sie zur Absicherung des Schutzes vor Diskriminierung aufgrund des Merkmals „sexuelle Orientierung“ im Bereich des Zugangs zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen?

a.    Wenn Maßnahmen geplant sind, bis wann sollen diese präsentiert werden?

b.    Wenn keine Maßnahmen geplant sind, warum nicht?



[1] Achtzehnmonatsprogramm des Rates (1. Juli 2017 bis 31. Dezember 2018); dt., Seite 8

[2]https://www.parlament.gv.at/PAKT/EU/XXVI/EU/00/25/EU_02522/imfname_10766100.pdf, Seite 2

[3]https://www.parlament.gv.at/PAKT/EU/XXVI/EU/00/25/EU_02522/imfname_10766100.pdf, Seite 5

[4]http://www.aktiv-gegen-diskriminierung.de/nationale-rechtsdurchsetzung/rechte-und- beteiligungsrmoeglichkeiten/vorabentscheidungsverfahren-zum-eugh/gleichbehandlungsrichtlinien/