667/J XXVI. GP

Eingelangt am 13.04.2018
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

betreffend als Leerstand deklarierte Zweitwohnsitze in den Bundesländern

Der Wohnungsmarkt in österreichischen Städten ist angespannt. In Innsbruck wurde erstmals die Marke von 16 Euro pro Quadratmeter im Mittelwert (Median) überschritten. Damit ist Innsbruck die teuerste Landeshauptstadt Österreichs, gefolgt von Wien (14,90 Euro) und Salzburg (14,40 Euro).

Die Wohnkosten stiegen im letzten Jahrzehnt österreichweit deutlich stärker als die allgemeine Teuerung oder die Löhne. In Salzburg gingen sie laut Arbeiterkammer vollends durch die Decke: Zwischen 2005 und 2016 kletterte die durchschnittliche Wohnungsmiete inklusive Betriebskosten um 45,8 Prozent.

Ursache dafür ist eine wachsende und zentrierte Nachfrage in den Städten bei zu geringem Angebot. Die Wohnkosten können aber nur dann langfristig sinken, wenn auch die Baukosten sinken. Deswegen muss die Bauordnung entrümpelt und Anreize für Neubau geschaffen werden. Neun verschiedene Landes-Bauordnungen und zusätzliche Landes-Bautechnikgesetze regeln detailliert, was wie gebaut werden darf. Dieses Korsett macht zu unflexibel und zu teuer, ohne Mehrwert für die Mieterinnen und Mieter zu erzeugen.

In Österreich herrscht zudem ein krasses Missverhältniss zwischen der Förderung von Wohnbaugenossenschaften/Wohnbauträgern und Individuen. Derzeit entfallen zwischen 8% und 14% auf die Subjektförderung - Wohnbeihilfe, der Rest auf Objektfördeung - Neubau und Sanierung. Subjektförderung ist sozial jedoch weitaus treffsicherer.

Doch auch kurzfristig kann man die Angebotsseite des Wohnungsmarktes stärken, indem man vorhandenen Wohnraum besser nutzt und erschließt. Ein wichtiger Aspekt dabei sind Leerstände. Ein großes Problem beim Erfassen der Leerstände  und der Ableitung sinnvoller Handlungsmaßnahmen ist jedoch die unzureichende Datenlage in den verschiedenen Bundesländern. Zum Leerstand gibt es Zahlen der Stadt Wien und auch aus anderen deutschsprachigen Großstädten, wie Zürich, Berlin und München. Vergleichbar sind diese meist nicht, weil unterschiedliche Zählweisen zugrunde liegen. Auch gibt es für ein und die selbe Stadt sehr unterschiedliche Angaben.


Dies lässt sich am Beispiel Wien illustrieren: hier hat man einmal eine Schätzung durchgeführt, bei der 35.000 leerstehende Wohnungen herausgekommen sind. Viele Stadtplaner gehen aber von 100.000 leerstehenden Wohnungen in Wien aus. Offiziell nennt Stadtrat Ludwig eine viel niedriger Zahl, der Leerstand betrage 2,5%. (Vergleiche Leerstandsquote: Zürich 0,77% und Berlin 1,7%).

Für den großen Rest Österreichs gibt es kaum handfesten Daten. Leerstände lassen sich tatsächlich schwer feststellen, da ein Abgleich zwischen Grundbuch und Melderegister nicht ausreicht. Zumal es Personen gibt, die Kurtaxe zahlen und trotzdem keine Meldung im Zentralen Melderegister veranlassen. Nach den Legaldefintionen wären diese Objekte sowohl Leerstände, als auch Zweitwohnsitze.

Die Gemeinden, speziell in Salzburg, scheinen auch kein Interesse zu haben, daran etwas zu ändern, da sie von Wohnsitzen profitieren, die widmungswidrig genutzt werden. Hierzu liegen Neos Hinweise vor.

Gemeinden freuen sich über „illegale“ Hauptwohnsitze, weil sie dafür Bundesertragsanteile kassieren. Das heißt, sie sanieren ihr Gemeindebudget auf Kosten der Steuerzahler und Wohnungssuchenden. (In Salzburg sind das vor allem EU-Bürger, die hier ohne weiteres einen weiteren Hauptwohnsitz melden können. Nichtsdestotrotz sind das keine echten Hauptwohnsitze.)

Eine weitere Einschränkung für Zweitwohnsitze in Salzburg lässt vermuten, dass einige Leerstände in Wirklichkeit keine sind: Gemeinden mit einem hohen Anteil an Zweitwohnsitzen - mehr als 16 Prozent und nicht wie im Begutachtungsentwurf 26 Prozent - werden als sogenannte "Zweitwohnsitz-Beschränkungsgemeinden" ausgewiesen. Von den 119 Salzburger Gemeinden fallen 82 in diese Regelung, einschließlich der Stadt Salzburg. Zukünftig ist in diesen Gemeinden die Zweitwohnnutzung ausschließlich in gewidmeten Gebieten zulässig. Ansonsten können - abgesehen von streng definierten Ausnahmen (Beruf und Ausbildung) - nur mehr Hauptwohnsitze begründet werden. Alle Gemeinden, die nicht in diese Regelung fallen, können ebenfalls Beschränkungsgebiete ausweisen. Landeshauptmann-Stellvertreterin Rössler sagt: "Wir haben 60.000 Nicht-Hauptwohnsitze im Bundesland. Das ist ein Viertel bis ein Fünftel des gesamten Wohnungsbestandes. Das ist eine gewaltige Größenordnung."

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Kann das BMDW ausschließen, dass es bei der Vergabe von Bundesertragsanteilen zu Betrugsfällen und falschen Angaben der Gemeinden im Bezug auf die tatsächlichen Hauptwohnsitze bzw. die Zweitwohnsitze kommt?
a. Wenn ja, auf welche Höhe wird der Schaden geschätzt?
b. Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden vom BMDW ergriffen, um dies zukünftig zu unterbinden?

2.    Liegen dem BMDW aktuelle Schätzungen der Leerstände in den Bundesländern und/oder deren Landeshauptstädten vor?
a. Wenn ja, wie hoch schätzt das BMDW die Leerstände in den Bundesländern und ihren Landeshauptstädten?
b. Wenn ja, auf welcher Basis wurden diese Schätzungen entwickelt?
c. Wenn nein, liegen dem BMDW separate Daten für den gemeinnützigen Wohnbau vor?
d. Wenn nein, wie steuert das Ministerium die Wohnbaupolitik, wenn ihm wesentliche Parameter nicht bekannt sind?

3.    Wann wurden zuletzt Schätzungen im Auftrag eines Bundesministeriums oder einer staatlichen Behörde zu den Leerständen in den Bundesländern und ihren Landeshauptstädten erhoben?
a. Von wem wurden sie erhoben?
b. Werden diese Daten vom BMDW sinnvoll zusammengeführt?

4.    Was wird das BMDW tun, um in den nächsten Jahren eine verlässliche Schätzung der Leerstände in Österreich sicherzustellen?

5.    Welche konkreten Maßnahmen zur besseren Nutzung und Erkennung von Leerständen wird das BMDW in diesem Jahr noch umsetzen?