704/J XXVI. GP

Eingelangt am 19.04.2018
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Anfrage

 

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Vorstöße bei BEPS und dessen Implementierung

 

BEPS System

Base Erosion und Profit Shifting (BEPS) bezieht sich auf Steuervermeidungsstrategien, die Lücken und Inkongruenzen in Steuervorschriften ausnutzen um Gewinne künstlich auf Niedrig- oder Nichtsteuerstandorte zu verlagern. Unter dem integrativen Rahmen arbeiten über 100 Länder und Rechtsräume zusammen, um die BEPS-Maßnahmen umzusetzen und BEPS anzugehen. Das sogenannte BEPS-Paket der Europäischen Kommission, basierend auf dem gleichnamigen Konzept der OECD, sieht viele sinnvolle Maßnahmen vor, die ein faireres und effizienteres Steuerumfeld zum Ziel haben.

Meldepflicht von Freiberufler_Innen

So begrüßenswert die Umsetzung des BEPS-Paket auch ist: Einige Maßnahmen könnten zu erheblichen berufsrechtlichen Umstellungen führen, welche folgenschwere Nachwirkungen mit sich bringen könnten sofern diese nicht mit Vorsicht und Ausgewogenheit implementiert werden.

Eine der derzeit diskutierten Maßnahmen ist die „new transparency rules for tax planning intermediaries“, also die neuen Transparenzregeln für Steuerplanende Intermediäre. Vorgesehen ist, dass grenzüberschreitende Steuerplanungsregelungen mit bestimmten Merkmalen oder "Kennzeichen", die für die Regierungen zu Verlusten führen können, nun automatisch den Steuerbehörden gemeldet werden müssen, bevor sie verwendet werden.

Die Kommission hat Schlüsselmerkmale identifiziert: Darunter die Verwendung von Verlusten zur Verringerung der Steuerschuld, die Verwendung spezieller Steuerregelungen oder Vereinbarungen über Länder, die die international good governance standards nicht erfüllen.

Der Vorschlag der Kommission sieht also vor, dass Steuerberater, Anwälte, Bänker und andere dazu verpflichtet werden, ein grenzüberschreitendes System mit einem oder mehreren dieser Schlüsselmerkmale zu melden. Die Verpflichtung wird durch folgende Personen oder Subjekte gewahrt werden:


·         durch den Vermittler, der das grenzüberschreitende System für die Durchführung und Nutzung durch ein Unternehmen oder eine Einzelperson geliefert hat;

·         durch die Person oder Gesellschaft, die die Empfehlung erhält wenn der Vermittler, der das grenzüberschreitende System bereitstellt, seinen Sitz nicht in der EU hat oder wenn der Vermittler an Berufsgeheimnis- oder Geheimhaltungsvorschriften gebunden ist;

·         durch die natürliche oder juristische Person, die das grenzüberschreitende System durchführt, wenn es von internen Steuerberatern oder Rechtsanwälten entwickelt wird.

Dieser Vorschlag von Juni 2017 wurde im März 2018 vom Rat – in Anwesenheit von Finanzminister Löger – bestätigt.

Die nachvollziehbare Begründung lautete: Wenn die Behörden Informationen über aggressive Steuerplanungsregelungen erhalten bevor sie umgesetzt werden, können sie Schlupflöcher schließen, bevor Einnahmen verloren gehen.

Damit könnte aber der Druck entstehen, dass Steuerberater und Anwälte ihre Verschwiegenheit aufweichen müssen. Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn „Steuerschlupflöcher“ oft nicht illegal sind. Der Begriff Steuerschlupfloch ist also rechtlich nicht definiert.

Bis 31.12.2019 soll diese Regelung von den jeweiligen Mitgliedstaaten durchgeführt werden.

Digitax

Nur eine Woche nach der Ratssitzung zu diesem Thema machte die EU Kommission einen erneuten Vorstoß dazu. Diesmal allerdings in Richtung Besteuerung der digitalen Welt.

Die Wertschöpfung in der digitalen Wirtschaft: In der digitalen Wirtschaft stützt sich die Wertschöpfung häufig auf eine Kombination aus Algorithmen, Nutzerdaten, Vertrieb und Wissen. So tragen Nutzer zum Beispiel zur Wertschöpfung bei, indem sie in einem Forum in den sozialen Medien ihre Präferenzen angeben (etwa durch das Liken einer Seite). Diese Daten werden später in Form von gezielter Werbung gewinnbringend verwendet. Die resultierenden Gewinne werden nicht unbedingt im Land der Nutzer (und Betrachter der Werbung) besteuert, sondern beispielsweise in dem Land, wo die Werbealgorithmen entwickelt wurden. Das bedeutet, dass der Beitrag, den Nutzer zu den Gewinnen leisten, bei der Besteuerung des Unternehmens nicht berücksichtigt wird. Was schlägt die Kommission vor? Die Kommission macht zwei Gesetzgebungsvorschläge:

1.    Diese Initiative zielt darauf ab die Körperschaftsteuer-Vorschriften zu überarbeiten, damit Gewinne dort registriert und besteuert werden, wo über digitale Kanäle konkrete Interaktionen zwischen Unternehmen und Nutzern stattfinden. Diese Option ist die von der Kommission bevorzugte langfristige Lösung. Eine Besteuerung der digitalen Betriebstätte also.

2.    Ein Vorschlag dem Ruf mehrerer Mitgliedstaaten folgend, eine Art Übergangssteuer für die wichtigsten digitalen Tätigkeiten, die derzeit in der EU überhaupt nicht besteuert werden, einzuführen.

Zur Initiative (1): Eine gemeinsame Reform der Körperschaftsteuer-Vorschriften der EU für digitale Tätigkeiten. Dieser Vorschlag würde es den Mitgliedstaaten erlauben, Gewinne, die in ihrem Hoheitsgebiet erwirtschaftet werden, auch ohne eine physische Präsenz eines Unternehmens in ihrem Gebiet zu besteuern. Die neuen Vorschriften würden sicherstellen, dass Online-Unternehmen genauso wie herkömmliche Unternehmen einen Beitrag zu den öffentlichen Einnahmen leisten. Diese Erträge könnten also auch dazu genutzt werden, die allgemeine Steuerlast zu senken. Von einer „digitalen Präsenz“ oder einer virtuellen Betriebsstätte einer digitalen Plattform in einem Mitgliedstaat wird ausgegangen, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:

·         Jährliche Erträge von mehr als 7 Mio. EUR in einem Mitgliedstaat;

·         Mehr als 100 000 Nutzer in einem Steuerjahr in einem Mitgliedstaat;

·         Abschluss von mehr als 3.000 Geschäftsverträgen über digitale Dienstleistungen zwischen dem Unternehmen und gewerblichen Nutzern in einem Steuerjahr.

Zum Vorschlag (2): Eine Übergangssteuer auf bestimmte Erträge aus digitalen Tätigkeiten. Diese Übergangssteuer stellt sicher, dass Tätigkeiten, die derzeit nicht wirksam besteuert werden, direkte Einnahmen für die Mitgliedstaaten schaffen würden. Im Gegensatz zu der gemeinsamen EU-weiten Reform der zugrunde liegenden Steuervorschriften würde diese indirekte Steuer auf Erträge angewandt, die mit bestimmten, bisher überhaupt nicht besteuerten digitalen Tätigkeiten erwirtschaftet werden. Dieses System ist nur als Zwischenlösung bis zur Umsetzung der umfassenden Reform gedacht und verfügt über Mechanismen zur Verhinderung einer möglichen Doppelbesteuerung. Die Steuer erfasst Erträge aus Tätigkeiten, bei denen die Nutzer eine wichtige Rolle bei der Wertschöpfung spielen und die mit den derzeitigen Steuervorschriften sehr schwierig zu erfassen sind, z.B.:

·         Erträge aus dem Verkauf von Online-Werbeflächen;

·         Erträge aus digitalen Vermittlungsgeschäften, die Nutzern erlauben, mit anderen Nutzern zu interagieren und die den Verkauf von Gegenständen und Dienstleistungen zwischen ihnen ermöglichen;

·         Erträge aus dem Verkauf von Daten, die aus Nutzerinformationen generiert werden..

Die Steuereinnahmen würden von den Mitgliedstaaten erhoben, in denen die Nutzer ansässig sind. Die Besteuerung würde nur für Unternehmen mit jährlichen weltweiten Gesamterträgen in Höhe von 750 Mio. EUR und EU-Erträgen in Höhe von 50 Mio. EUR gelten. Dadurch würde sichergestellt, dass kleinere Start-up- und Scale-up-Unternehmen nicht belastet würden. Mit einem Steuersatz von 3 % könnten jährlich Einnahmen von schätzungsweise 5 Mrd. EUR in den Mitgliedstaaten erzielt werden.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

Betreffend neuer Transparenzregeln für Berater:

1.    Wie plant das BMF die Meldepflicht von Freiberufler_Innen im Zusammenhang mit den Vorschlägen der EU umzusetzen, ohne die Verschwiegenheitpflicht (wie Zum Beispiel in § 80 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017) zu gefährden?

2.    Gibt es notwendige Gesetzesänderungen betreffend der Verschwiegenheitspflicht der Freiberufler_Innen?

3.    Wie soll sanktioniert werden, wenn nicht im Sinne der neuen Transparenzregeln gehandelt wird?

4.    Wie soll überprüft werden ob entsprechend der neuen Transparenzregeln gehandelt wurde?


Betreffend Vorschläge der Besteuerung von digitalen Leistungen:

1.    Wie viele Unternehmen wären vom aktuellen Kommissionsvorschlag in Österreich betroffen? (Bitte um getrennte Ausweisung nach Unterschiedlichen Kommissionsvorschlägen - Initiative (1) einerseits und Vorschläge (2) andererseits)

2.    Wie hoch ist das geschätzte zusätzliche (bzw. geringere bei Nettoentgängen) Steueraufkommen in Österreich, wenn die Initiative der Europäische Kommission durchgesetzt werden würde?

3.    Wie hoch sind die (geschätzten) Umsätze der in Österreich ansässigen Unternehmen, die von der Initiative betroffen wären?

4.    Welche Maßnahmen plant Österreich in Hinblick auf den Vorschlag (2) - der/n Übergangssteuer(n)?

5.    Welche Position verfolgt Österreich bzgl. der/n Übergangssteuer(n)?

6.    Wie hoch schätzt das BMF das Steueraufkommen welches durch die Implementierung der verschiedenen Vorschlägen ausgelöst wird? (Bitte um getrennte Ausweisung nach unterschiedlichen Kommissionsvorschlägen - Initiative (1) einerseits und Vorschläge (2) andererseits)

7.    Ist geplant, den zusätzlichen Einkommen eine entsprechende steuerliche Entlastung gegenüber zu stellen?