709/J XXVI. GP

Eingelangt am 19.04.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen, an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend,

betreffend Kinderarmut in Österreich

Jedes fünfte Kind in Österreich ist laut Statistik Austria von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht - das sind 312.000 Unter-18-Jährige. Die Armut erhöht deren Risiko, die Schule vorzeitig zu verlassen und nur einen niedrigen Bildungsgrad zu erlangen. Sie erhöht mittelfristig die Wahrscheinlichkeit von psychischen Erkrankungen bei ihnen.

Armut im Kindesalter bedeutet eine massive Beeinträchtigung der Lebensperspektiven und Entwicklungschancen und führt, wie eine Enquete des Bundesrats im März 2018 gezeigt hat, zu Altersarmut. Deutschen Studien zufolge, leben arme und wenig gebildete Menschen um bis zu zwölf Jahre kürzer als ökonomisch bessergestellte - je früher sie von Armut betroffen sind, umso stärker sind die negativen Auswirkungen auf ihre Gesundheit.

Armut macht nicht nur krank, sie macht auch einsam. Von Armut betroffene Kinder sind massiv in ihren sozialen Kontaktmöglichkeiten eingeschränkt und sie können auch nur in einem stark begrenzten Ausmaß am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Dies kann auch eine spätere Radikalisierung und Anfälligkeit für fundamentalistische Strömungen begünstigen.

Der größte Risikofaktor für Kinderarmut ist die Erwerbslosigkeit der Eltern. Kinder in Haushalten ohne Erwerbsbeteiligung leben zu fast zwei Dritteln unter der Armutsgefährdungsschwelle. Besonders stark betroffen sind Kinder von nicht­erwerbstätigen Alleinerzieherinnen, sie sind zu 60 % armutsgefährdet.

Das Sozialsystem federt bislang viele Ungleichheiten ab und verhindert dadurch eine noch prekärere Situation für viele Familien. Ohne staatliche Interventionen wären rund 3,5 Millionen ÖsterreicherInnen von Armut betroffen. Mehr als die Hälfte aller Familien mit mehr als zwei Kindern wäre armutsgefährdet.

 

Die Unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend folgende

 

ANFRAGE

1.       Inwiefern ist für die Bundesministerin der Umstand, dass rund 20 % der Kinder in Österreich armuts- oder ausgrenzungsgefährdet sind, mit der im Verfassungsrang verankerten Kinderrechte-Konvention vereinbar?

2.       Welche Maßnahmen wird die Bundesministerin setzen, um armuts- oder ausgrenzungsgefährdete Kinder und Jugendliche unmittelbar vor negativen Auswirkungen zu schützen?

3.       Wie bildet sich das Engagement der Bundesregierung im Kampf gegen Kinderarmut im Ressort der Bundesministerin im Budgetvoranschlag 2018/2019 ab?

4.       ExpertInnen warnen davor, dass die Deckelung der Mindestsicherung vor allem zu einer Belastung von Mehrkind-Familien führen wird. Wie gedenkt die Bundesministerin zu verhindern, dass eine geplante bundesweite Deckelung der Mindestsicherung zu einer Ausweitung der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung von Kindern und Jugendlichen in Mehrkind-Familien führt?

5.       Welche Maßnahmen zur Prävention von Kinderarmut werden von der Bundesministerin ergriffen?

6.       Wie erfolgreich sind die bestehenden Maßnahmen der Bundesregierung, im Zuständigkeitsbereich der Bundesministerin, zur Bekämpfung von Kinderarmut?

7.       In welchem Ausmaß wurden 2017 (bzw. 2016) Projekte zur Prävention von Kinderarmut vom Ministerium gefördert? Mit der Bitte um Auflistung nach Antragstellerln, Projekt, Zeitraum und Fördermittelhöhe.

8.       In welchem Ausmaß wurden 2017 (bzw. 2016) Projekte zur Bekämpfung von Kinderarmut vom Ministerium gefördert? Mit der Bitte um Auflistung nach Antragstellerln, Projekt, Zeitraum und Fördermittelhöhe.

9.       In wie fern wird die Bundesministerin ihre Verfügungsmittel nutzen, um einen Beitrag zur Prävention oder Bekämpfung von Kinderarmut zu leisten?

10.   Welche Maßnahmen plant die Bundesministerin in der laufenden Legislaturperiode, um ein höheres gesellschaftliches Bewusstsein für die Notwendigkeit des Kampfes gegen Kinderarmut zu erzeugen?

11.   Welche Form der Zusammenarbeit pflegt oder plant die Bundesministerin mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, welche sich der Prävention oder Bekämpfung von Kinderarmut widmen?

12.   In wie fern wurden zivilgesellschaftliche Organisationen, welche sich der Prävention oder Bekämpfung von Kinderarmut widmen, vom Ministerium finanziell gefördert?

13.   In wie fern wird das Thema Kinderarmut derzeit auf europäischer Ebene im Zuständigkeitsbereich der Ministerin behandelt?

a.       Welche Maßnahmen setzt die Europäische Union aktuell?

b.      Welche Maßnahmen sind für 2018/2019 geplant?

c.       Welche Maßnahmen wird die Ministerin auf europäischer Ebene setzen, um die Prävention von und den Kampf gegen Kinderarmut zu forcieren?

 

14.   Welche bilaterale Zusammenarbeit besteht derzeit zwischen Österreich und EU­Ländern zur Prävention und Bekämpfung von Kinderarmut?

a.    Welche bilaterale Zusammenarbeit besteht mit Ungarn?

b.   Welche bilaterale Zusammenarbeit besteht mit der Slowakei?

c.    Welche bilaterale Zusammenarbeit besteht mit Tschechien?

d.   Welche bilaterale Zusammenarbeit besteht mit Slowenien?

 

15.   Über welche Informationen zur Lebensrealität und vor allem zur Versorgungssituation von in EU-Mitgliedsstaaten lebenden Kindern von in Österreich arbeitenden Menschen verfügt das Ministerium?

a.    Zur Situation der Kinder in Rumänien

b.   Zur Situation der Kinder in Bulgarien

c.    Zur Situation der Kinder in Ungarn

16.   Befürwortet die Ministerin die Durchführung einer neuen Kinderkostenstudie, um aktuelle Daten darüber zu erheben, was ein Kind braucht?

17.   Wann wird es eine neue Kinderkostenstudie geben?

18.   Welche Bestrebungen werden für die Reform des Unterhaltsgesetzes, einschließlich einer Unterhaltsgarantie, unternommen?

19.   Welche Maßnahmen zur Förderung des Ausbaus von kostenfreien Kinderbetreuungsangeboten, welche Eltern dabei unterstützen einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und damit nachweislich das Risiko von Kinderarmut senken, plant die Ministerin und wie bilden sich diese im Budgetvoranschlag 2018/2019 ab?

20.   Befürwortet die Bundesministerin die vollinhaltliche Übernahme der UNO- Kinderrechte-Konvention in die Bundesverfassung, also die Streichung aller Vorbehaltsformulierungen?