765/J XXVI. GP

Eingelangt am 07.05.2018
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Anfrage

der Abgeordneten Pamela Rendi-Wagner

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

 

betreffend Öffnung von PatientInnendaten aus der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) für Forschungszwecke

 

Im Rahmen einer durch die Europäische Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) notwendig gewordenen Anpassung der einschlägigen Datenschutzbestimmungen (Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018, 10/ME) in Österreich, wurde in der Regierungsvorlage zum Forschungsorganisationsgesetz (FOG) des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auch die Freigabe von PatientInnendaten aus der elektronischen Gesundheitsakte ELGA ermöglicht.

 

Hierbei entfaltete sich folgende, für die PatientInnen verunsichernde Chronologie:

 

1)    Sozialministerin Beate Hartinger-Klein stimmt dem Ministerialentwurf zum FOG im Ministerrat am 21. März 2018 zu.[1]

2)    In der Stellungnahme vom 23. März 2018 lehnt das Ressort von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein die geplanten Novelle ab und weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf „den historischen Konsens, die bewusste politische Entscheidung und somit ausdrückliche Festlegung des seinerzeitigen Gesetzgebers (…) wonach die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) für Forschungszwecke nicht geöffnet werden darf....“[2] hin.

3)    Im Rahmen der medialen Berichterstattung zur geplanten Öffnung der ELGA-Daten, kündigt die Sozialministerin am 11. April 2018 als Reaktion auf die immer lautender werdende Kritik von Datenschützern und Ärztekammer einen Abänderungsantrag zum FOG an.[3]


4)    Am 19. April 2018 verspricht Ministerin Hartinger-Klein den PatientInnen, dass es für die ELGA „definitiv keine Freigabe gibt“, wobei die Bundesministerin laut Bericht des Standard nicht nur darauf setzen, dass ihr Ressort die Daten für die Forschung nicht freigibt, sondern das schon im Gesetz, das am Freitag vom Nationalrat beschlossen werden soll, verhindert wissen will. Wie die Justizdaten müssten auch die ELGA-Daten im Forschungsorganisationsgesetz ausgeschlossen werden.[4]

5)    Am 20. April 2018 wird anstatt des angekündigten Abänderungsantrags ein Entschließungsantrag der Regierungsparteien eingebracht und das FOG – entgegen der Ankündigung der Sozialministerin inklusive der Bestimmung, dass ELGA-Daten für Forschungszwecke weitergegeben werden dürfen – mit den Stimmen von FPÖ und ÖVP, beschlossen.[5]

 

Die widersprüchlichen Aussagen von Bundesministerin Beate Hartinger-Klein zur Freigabe von ELGA-Daten haben offenbar zu einer großen Verunsicherung auf Seiten der PatientInnen geführt, Medienberichten zufolge haben sich innerhalb von zwei Wochen die ELGA-Abmeldungen verdoppelt.[6]

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

 

Laut Medienberichten häufen sich die Abmeldungen von ELGA. Konkret stellen sich folgende Fragen:

 

1.    Wie viele Menschen haben sich infolge der Debatte um die Weitergabe ihrer Gesundheitsdaten im Zeitraum 10. bis 25. April 2018 von ELGA abgemeldet?

2.    Wie viele Menschen haben sich im gleichen Zeitraum im Jahr 2015, 2016 und 2017 von ELGA abgemeldet?

3.    Wie viele Menschen haben sich im Zeitraum 01. Jänner bis 25. April in den Jahren 2015, 2016, 2017 und 2018 von ELGA abgemeldet?

4.    Wie viele Menschen haben sich im April 2018 im Vergleich zum Vormonat März von ELGA abgemeldet?

5.    Werden vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und KonsumentInnenschutz, Maßnahmen gesetzt, damit die ELGA-Opt-Outs nicht weiterhin ansteigen und damit das größte eGovernment-Projekt der Bundesregierung gefährdet wird? Wenn ja, welche und in welchem Zeitrahmen? Wenn nein, warum nicht?


6.    Wie viele Menschen sind in den Jahren 2014, 2015, 2016, 2017, 2018 von  ELGA abgemeldet (jährliche Aufstellung)?

 

Gemäß Entschließungsantrag 50/UEA betreffend „ELGA-Datenschutzbestimmungen/Forschungsorganisationsgesetz“ wird die Bundesregierung ersucht sicherzustellen, dass ELGA-Gesundheitsdaten ausschließlich zu wissenschaftlichen Zwecken und nur anonymisiert zur Verfügung

gestellt werden;

-       keine Rückschlüsse auf einzelne Personen gezogen werden dürfen;

-       die Standesvertretung der Ärzteschaft (oder Fachgesellschaften) das wissenschaftliche Interesse bestätigt;

-       eine Ethikkommission, die beim Gesundheitsministerium oder an den Medizinischen

-       Universitäten oder an jenen Universitäten, an denen eine Medizinische Fakultät eingerichtet ist, angesiedelt ist, das jeweilige Forschungsprojekt freigibt;

 

In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen:

 

7.    In welcher Form werden die im UEA beschlossenen Forderungen umgesetzt werden? Welche Gesetze werden prospektiv davon betroffen sein?

8.    Mit welchem konkreten Zeitplan werden die entsprechenden Maßnahmen umgesetzt werden?

9.    Können Sie ausschließen, dass Sie und/oder Ihr Ressort in der aktuellen Gesetzgebungsperiode von der Verordnungsermächtigung, wie sie im §38b FOG vorgesehen ist, Gebrauch machen und im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung die Freigabe der PatientInnendaten aus der ELGA ermöglichen wird? Wenn nein, warum nicht?

10. Was hat sich seit der Stellungnahme Ihres Ressorts vom 23. März 2018 bis zum Beschluss des Forschungsorganisationsgesetzes am 20. April 2018, in dem die Freigabe von PatientInnendaten aus der ELGA mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ beschlossen wurde, geändert, sodass kein Abänderungsantrag von Seiten Ihrer Fraktion, der FPÖ, eingebracht wurde?

11. Was haben Sie unternommen, um Ihren Regierungspartner von der Herausnahme der ELGA-Daten aus dem Forschungsorganisationgesetz, gemäß Ihren Ankündigungen, zu überzeugen?

 

 

 



[1] Beschlussprotokoll des Ministerrats vom 21. März 2018, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/-/beschlussprotokoll-des-12-ministerrates-vom-21-marz-2018;

[2] Stellungnahme des Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und KonsumentInnenschutz zur geplanten Novelle zu GZ: BMASGK-10321/0002-I/A/4/2018, Seite 2. In: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/SNME/SNME_00499/imfname_687324.pdf

[3] Kronen-Zeitung: ELGA:FPÖ-Ministerin Hartinger-Klein rudert zurück; http://www.krone.at/1691320;

[4] Der Standard: Hartinger will ELGA-Daten aus Datengesetz entfernen derstandard.at/2000078266663/Nationalrat-Hartinger-will-ELGA-Daten-aus-Datengesetz-raus-haben

[5] https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2018/PK0442/

[6] Der Standard: ELGA-Abmeldungen durch Datendebatte verdoppelt; https://derstandard.at/2000078107466/Nach-Kritik-an-Datenschutzverdoppelt-sich-Zahl-der-Elga-Abmeldungen;