840/J XXVI. GP

Eingelangt am 16.05.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Pamela Rendi-Wagner, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und KonsumentInnenschutz

betreffend

Maßnahmen des Bundesministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und KonsumentInnenschutz zur Erhöhung der Masern-Durchimpfungsraten in der Bevölkerung

Laut Website des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und KonsumentInnenschutz wurden im Jahr 2017 in den EU/EWR-Mitgliedsstaaten 14.600 Masernfälle mit zahlreichen Todesfällen über das Europäische Überwachungssystem (TESSy) registriert. Zwar kamen die meisten Meldungen aus Rumänien, Italien, Griechenland und Deutschland, es darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass Österreich bereits im Jänner 2017 so viele Masernerkrankungen gemeldet wurden, wie im gesamten Jahr 2016. Von 1. Jänner bis 4. Mai 2018 wurden in Österreich 43 Masernerkrankungen gemeldet und auch europaweit ist keine Verbesserung der Situation in Sicht.[1]

Dabei handelt es sich bei Masern nicht um eine harmlose Kinderkrankheit, wie oftmals fälschlicherweise angenommen. Die durch Viren hervorgerufene Erkrankung ist hoch ansteckend und kann für Säuglinge, Kinder und Erwachsene schwerwiegende Folgen haben. Eine durch Masern hervorgerufene Enzephalitis beispielsweise geht mit Kopfschmerzen, Fieber und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma einher und endet oft tödlich. Selten kann Jahre nach der akuten Masernerkrankung eine tödlich verlaufende subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) auftreten.

Dabei gibt es mit der Masernimpfung einen höchst effektiven Schutz gegen diese Viruserkrankung, die in Österreich bereits seit Jahren in Form einer Kombinationsimpfung (Masern, Mumps, Röteln - MMR) allen Altersgruppen kostenfrei abgegeben wird. Da der Mensch der einzige „Wirt“ ist, könnten die Masern darüber hinaus durch eine konsequente Immunisierung der Bevölkerung eliminiert werden. Mit einer Durchimpfungsrate von 95 Prozent (zweimalige Impfung) wären nicht nur die Geimpften geschützt – durch die Herdenimmunität würden sie damit auch jene schützen, die nicht geimpft werden können (wie Säuglinge oder Menschen mit Immunschwäche).

Dass dieses Ziel in Österreich noch lange nicht erreicht ist, zeigt die Berechnung der Masern-Durchimpfungsraten anhand eines mathematischen Berechnungsmodells, das vom damaligen Bundesministerium für Gesundheit 2016 in Auftrag gegeben wurde. Gemäß diesen Analysen bestehen in Österreich noch immer Impflücken, vor allem bei den 2- bis 5-jährigen Kindern, bei denen die Durchimpfungsrate mit zwei Teilimpfungen bei nur 82 Prozent liegt. Außerdem zeigt sich ein Einbruch in den Durchimpfungsraten junger Erwachsener, die in den 1990er Jahren geboren sind. Etwa ein Drittel der Geburtsjahrgänge vor 1990 sind nur einfach geimpft, das heißt, dass über eine halbe Million der 15- bis 30-jährigen noch kein zweites Mal geimpft sind. Laut Masernbericht 2016 zeigen die seit dem Jahr 2000 immer wieder auftretenden kleineren lokalen Ausbrüche, dass noch keine Herdenimmunität erreicht ist.[2]

Dabei hat sich Österreich dem Masern-Eliminations-Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verpflichtet und dafür bereits 2012 zusammen mit Expertinnen und Experten einen strategischen Plan (Nationaler Aktionsplan Masern-/Röteln-Elimination) erarbeitet. Zu den in diesem Plan unter Berücksichtigung der WHO-Strategieachsen definierten Zielen und Maßnahmen, gehören neben einer Optimierung der Nachfrage nach Impfungen und einer Steigerung der Awareness für die Bedeutung der MMR-Impfung bei Gesundheitspersonal und Öffentlichkeit auch eine elektronische und personenbezogene Impferfassung.[3] Auch die Leiterin der Nationalen Referenzzentrale für Masern, Frau Prof.in Heidemarie Holzmann (Medizinische Universität Wien) hat erst kürzlich in ihrer Publikation die Einführung eines elektronischen Impfdokumentationssystems gefordert.[4]

In Österreich ist die MMR-Impfung sowohl für Kinder und Jugendliche im Rahmen des kostenfreuen Kinderimpfkonzepts als auch für Erwachsene kostenfrei zu beziehen. Darüber hinaus wurde mit der Masern-Kampagne „Masern sind kein Kinderspiel“ ein wichtiger Schritt gesetzt, mehr Impf-Bewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen.[5] Die Implementierung einer elektronischen Impferfassung in Form eines elektronischen Impfpasses im Jahr 2019 wurde in der Digital Roadmap der Österreichischen Bundesregierung (Ministerratsbeschluss im Jänner 2017) festgehalten. In seiner Sitzung im Juni 2017 bekannten sich die Mitglieder der Bundeszielsteuerungskommission zu einer raschen Umsetzung eines elektronischen Impfpasses „mit dem Ziel eine Pilotierung noch im Jahr 2018 zu beginnen“.[6]

Zur Erreichung des WHO-Ziels einer Masern-Elimination und damit dem Schutz der Bevölkerung vor dieser gefährlichen Erkrankung ist eine konsequente Umsetzung der Maßnahmen, wie sie im Nationalen Aktionsplan vorgesehen sind, vonnöten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

                                    Anfrage:

1.    In welcher Form wird der Beschluss der Bundeszielsteuerungskommission vom 30. Juni 2017 demnach der elektronische Impfpass (e-Impfpass) im Jahr 2018 pilotiert werden soll, umgesetzt?

a.    Wann ist der Start der Pilotierung geplant und wie sind die konkreten Umsetzungsschritte? Gibt es einen Zeitplan und wie sieht dieser aus?

b.    In welcher Region wird der e-Impfpass im Rahmen der Pilotierung eingesetzt?

c.    In welcher Altersgruppe (Population) wird der e-Impfpass im Rahmen der Pilotierung eingesetzt?

d.    Erfolgt die Pilotierung des e-Impfpasses aufbauend auf der Infrastruktur der elektronischen Gesundheitsakte (ELGA)? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht?

e.    Welche Ärztinnen und Ärzte erhalten im Rahmen der Pilotierung Zugang zum e-Impfpass?

f.      Werden Schulärztinnen und Schulärzte sowie Amtsärztinnen und Amtsärzte, die gemäß Gesundheitstelematikgesetz keinen Zugang zu ELGA haben, bei der Pilotierung eingebunden? Wenn ja, erfolgt eine Novelle des GTelG? Wenn nein, in welcher Form erfolgt die Einbindung?

g.    Ist vorgesehen, dass der e-Impfpass über eine automatische Erinnerungsfunktion für Auffrischungsimpfungen verfügt? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht?

h.    Ist vorgesehen, dass Impfungen aus dem Papier-Impfpass im e-Impfpass ergänzt werden? Wenn ja, durch wen erfolgt die Ergänzung? Wenn nein, warum erfolgt sie nicht?

i.      Ist vorgesehen, den herkömmlichen Papier-Impfpass parallel dazu weiterbestehen zu lassen? Wenn nein, warum nicht?

j.      Welche Summe ist für die Umsetzung des Piloten budgetiert und in welchem Ausmaß beteiligen sich Bund, Länder und Sozialversicherung an der Finanzierung?

k.    Welches Vorgehen ist für jene Personen angedacht, die vom ELGA-Opt-out Gebrach gemacht haben?

l.      Wird es eine zentrale Erfassung und Erhebung der Impfquoten geben? Wenn ja, werden diese Daten den Amtsärztinnen und Amtsärzten zwecks effektiverem und rascherem Management von z.B. Masern-Ausbrüchen zur Verfügung stehen?

2.    Wird die erfolgreiche Masernkampagne „Masern sind kein Kinderspiel!“ fortgesetzt, um das Bewusstsein in der Bevölkerung zu erhöhen und die hohen Neu-Infektionszahlen zu senken? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja:

a.    Wie viel Budget ist hierfür vorgesehen?

b.    In welcher Form wird die Kampagne fortgeführt werden?

 

3.    Welche Maßnahmen werden in den kommenden fünf Jahren vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und KonsumentInnenschutz darüber hinaus gesetzt, um das Ziel der Masern-Elimination und der generellen Erhöhung der Impfraten in Österreich zu erreichen?

 



[1] https://www.bmgf.gv.at/home/Masern

[2] vgl. Masernbericht 2016: https://www.bmgf.gv.at/cms/home/attachments/7/0/0/CH1472/CMS1473753939787/masern__kurzbericht_2016.pdf

[3]vgl. Nationaler Aktionsplan Masern-/Rötel-Elimination: https://www.bmgf.gv.at/cms/home/attachments/8/1/7/CH1472/CMS1366715694431/nap_masernroeteln_langfassung_20130522.pdf

[4] vgl. Virusepidemiologische Information 08/18: https://www.virologie.meduniwien.ac.at/fileadmin/virologie/files/Epidemiologie/2018/0818.pdf

[5] Kampagneninformation „Masern sind kein Kinderspiel!“: https://www.bmgf.gv.at/cms/home/attachments/7/0/3/CH1644/CMS1493298717823/masern_folder.pdf

[6] Pressemeldung „E-Impfpass: Bund, Länder und Sozialversicherung bringen Zukunftsprojekt auf den Weg“: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20170630_OTS0181/e-impfpass-bund-laender-und-sozialversicherung-bringen-zukunftsprojekt-auf-den-weg