849/J XXVI. GP

Eingelangt am 16.05.2018
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

betreffend Achillesferse des Rechtsstaates: Mangel an beeideten und zertifizierten Sachverständigen

 Immer wieder berichten Medien davon, dass es einen Mangel an allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für unterschiedliche Fachbereiche gäbe. Besonders für die medizinischen Fachgebiete wird dies wiederholt berichtet, siehe etwa https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/chronik/742455_Zu-wenig-Geld-fuer-zu-heikle-Gutachten.html oder https://www.wienerzeitung.at/themen_channel/wirtschaftsservice/konsum_und_gesellschaft/234871_Amtshaftung-fuer-Sachverstaendige.html.
Während die Gebührensätze für Sachverständige seit 2007 unverändert geblieben sind, wurden die Gerichtsgebühren seither viermal erhöht. Auch der Anwaltstarif ist angepasst worden. Durch die Nichtanpassung der Gebührensätze für Sachverständige haben diese einen Wertverlust von mehr als 20% erlitten. Manche SV-Tarife gewährleisten die angemessene Abgeltung der Mühewaltung nicht mehr auch nur annähernd. So normiert § 43 GebAG eine Gebühr von € 195,40 für höchstqualifizierte, von besonderer Fachkenntnis getragene, "besonders zeitaufwändige" Begutachtungstätigkeit, ausführliche Auseinandersetzung mit widersprüchlichen fachlichen Befunden sowie auch neurologische, psychiatrische Untersuchungen unter anderem zur Beurteilung, ob eine psychisch kranke Person zwangsweise untergebracht werden soll. 
Der österreichische Rechtsstaat bzw. seine Justiz fußt ganz wesentlich auf der Arbeit von Sachverständigen. Deren Qualität und Verfügbarkeit ist in gleichem Maße essentiell wie jene von RichterInnen, StaatsanwältInnen und deren Kanzleipersonal. Bei einem Engpass an Gerichtssachverständigen wären fatale Auswirkungen auf den Rechtsstaat zu befürchten, wie sie es schon angesichts des Personalengpasses unter RichterInnen und deren Kanzleipersonal bevorstehen dürften.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Wie viele medizinische Sachverständige (Fachgruppe 02) sind mit 31.12.2017 eingetragen? Es wird um Auflistung nach jeweiligem OLG-Sprengel ersucht.

2.    Wie viele von diesen Sachverständigen sind zum Stichtag älter als 60 Jahre? Wie viele älter als 55 Jahre?

3.    Wie viele Sachverständige sind in den einzelnen medizinischen Fachgebieten (02.01. bis 02.60) mit 31.12.2017 eingetragen? (bitte um Auflistung je OLG-Sprengel)

4.    Wie viele von diesen Sachverständigen sind zum Stichtag älter als 60 Jahre? Wie viele älter als 55 Jahre?

5.    Wie hat sich die Summe an Sachverständigengebühren für Sachverständige entwickelt, die aus Amtsgeldern bezahlt wurde (2007 bis 2017)?

6.    Wie hat sich die Summe an Sachverständigengebühren für Sachverständige der Fachgruppe 02 Medizin entwickelt, die aus Amtsgeldern bezahlt wurde (2007 bis 2017)?

7.    Wie hat sich die Summe an Sachverständigengebühren für Sachverständige der Fachgebiets 02.35 Psychiatrie, Psychotherpeutische Medizin entwickelt, die aus Amtsgeldern bezahlt wurde (2007 bis 2017)?

8.    Wie hoch wären die genannten Summen gewesen, wenn die Gebührensätze für Sachverständige inflationsangepasst worden wären?

9.    Wie hoch wären die genannten Summen gewesen, wenn die Gebührensätze für Sachverständige parallel zu den Gerichtsgebühren angehoben worden wären?

10. In welchem Ausmaß müssten die Tarifsätze des § 43 und anderer Tarife des GebAG erhöht werden, um im Hinblick auf die durchschnittlich aufgewendete Mühewaltung (Arbeitszeit) für die dort beschriebenen Leistungen dem Grundsatz des § 34 GebAG zu entsprechen, der für die Höhe der Entlohnung auf das von den Sachverständigen erzielte außergerichtliche Einkommen für eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit abstellt?

11. Wie soll künftig vermieden werden, dass durch den jetzt schon herrschenden Mangel an qualifizierten Sachverständigen etwa im Bereich der Psychiatrie im Maßnahmenvollzug untergebrachte Personen dort länger als unbedingt nötig angehalten werden oder dass es infolge Überlastung der vorhandenen Gutachter/innen zu vermehrten Fehlleistungen kommt?

12. Wie stellen Sie sicher, dass ein Mangel an Gerichtssachverständigen in den medizinischen Fachgebieten nicht zu Verzögerungen bei Gerichtsverfahren führt?

13. Wie hoch ist der Betrag, der für die Jahre 2018 und 2019 für die Bezahlung von Sachverständigengebühren an Sachverständige der Fachgruppe 02 Medizin budgetiert wurde und auf Grundlage welcher Prämissen wurde dieser Betrag veranschlagt?

14. Wann hat das letzte persönliche Gespräch des Bundesministers mit Vertretern des Hauptverbandes der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs stattgefunden?