851/J XXVI. GP

Eingelangt am 16.05.2018
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A n f r a g e

 

der Abgeordneten Erwin Preiner

Genossinnen und Genossen

 

an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus

 

betreffend Pflanzenschutzmittel mit dem für weitere fünf Jahre zugelassenen Wirkstoff Glyphosat

 

Aufgrund der weiteren Zulassung des Wirkstoffes Glyphosat für fünf Jahre, mussten für Pflanzenschutzmittel; die den Wirkstoff Glyphosat beinhalten (sollen), Anträge gestellt werden, damit diese weiterhin in Verkehr gebracht bzw. verwendet werden dürfen.

 

In Österreich ist für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln das in der AGES eingerichtete Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) zuständig.

 

Der Bewertungsrahmen zur Pflanzenschutzmittelzulassung hat dabei die chemischen und physikalischen Eigenschaften sowie Analyseverfahren, die Toxizität – also die Giftigkeit für Mensch und Tier, das Rückstandsverhalten in der Pflanze, in Lebens- und Futtermitteln, das Umweltverhalten (das bedeutet Verbleib und Verhalten im Boden, Wasser, Luft), die  Ökotoxizität (also die Auswirkungen auf Vögel, frei lebende Säugetiere, Bienen, Regenwürmer, Gewässerorganismen, Nützlingen betreffend) sowie die Wirksamkeit und Unverträglichkeit gegenüber Kulturpflanzen zu umfassen.

 

Nur wenn alle Prüfbereiche positiv abgeschlossen wurden, kann eine Zulassung erteilt werden.

 

Dabei kommt den nationalen Zulassungsbehörden eine besondere Verantwortung zu, denn die EU-Bewertung berücksichtigt entsprechend geltendem EU-Recht ausschließlich den Wirkstoff Glyphosat.

 

Der von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) veröffentlichten Bericht, in dem Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend für den Menschen


eingestuft wird, betrachtete sowohl Glyphosat – den Wirkstoff an sich – als auch Glyphosat-basierte Formulierungen, wobei alle Formulierungen unabhängig von ihrer Zusammensetzung zusammengefasst wurden. Dies ist insofern wichtig, als Studien darauf hindeuten, dass bestimmte Glyphosat-basierte Gemische genotoxisch (d.h. DNA schädigend) sein könnten, während andere, die nur den Wirkstoff Glyphosat betrachten, diese Wirkung nicht zeigen.

 

Es ist daher wahrscheinlich, dass die in einigen glyphosatbasierten Gemischen beobachteten genotoxischen Effekte nicht mit Glyphosat, sondern mit anderen Bestandteilen oder "Beistoffen" im Zusammenhang stehen.

 

Deshalb empfiehlt die EFSA in ihrer Bewertung, dass die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten die Toxizität jedes einzelnen Pflanzenschutzmittels, und insbesondere dessen genotoxisches Potenzial, eingehender berücksichtigen – so die Hintergrundinformation der EU-Kommission zur beschränkten Neuzulassung des Wirkstoffes Glyphosat (vgl. dazu: https://ec.europa.eu/germany/news/hintergrund-fragen-und-antworten-zu-einer-m%C3%B6glichen-neuzulassung-von-glyphosat_de )

 

Zudem gilt: Pflanzenschutzmitteln auf Glyphosatbasis, einschließlich Monsantos RoundUp, dürfen keine POE-Tallowamine mehr beigemischt werden. Talgfettaminoxethylat (engl. Polyethoxylated tallow amine, POEA) ist ein Tensid, das die Wirksamkeit von Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat verstärkt. Trotzdem gibt es auch andere Beistoff-Tenside die ebenfalls in ihrer Kombinationswirkung mit Glyphosat kritisch diskutiert werden. Nicht nur die Dosis des Wirkstoffes, sondern die Kombinationswirkung mit allen Bei- und Hilfsstoffen über die Zeit bestimmen die toxischen Eigenschaften für Mensch, Tier und Umwelt.

 

Nationale Verbote von Glyphosat-basierten Pflanzenschutzmitteln bzw. die Einschränkung ihrer Nutzung wären trotz einer Zulassung des Wirkstoffs auf EU-Ebene möglich. Die EU-Staaten müssen sich also nicht hinter der Europäischen Kommission verstecken, sondern haben eindeutig eine nationale Prüfungs- und Regelungskompetenz zum Schutz der Umwelt und menschlichen Gesundheit.

 

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus folgende

 

Anfrage:

 

1.    Wie viele Anträge für Glyphosat-basierte Pflanzenschutzmittel wurden seit der weiteren Zulassung des Wirkstoffes Glyphosat für fünf Jahre eingebracht?

 

2.    a) Welche Wirkstoffkombinationen enthalten diese und
b) welche Kombinationen zwischen dem Wirkstoff Glyphosat und Beistoffen (Adjuvantien – engl. auch manchmal ‚surfactants‘) beinhalten diese Anträge?

 

3.    Nach welchen Kriterien und auf Grundlage welcher Studien werden die Kombinationseffekte aus dem Wirkstoff Glyphosat bzw. von Wirkstoffkombinationen zusammen mit den Beistoffen (Adjuvantien) bewertet?

 

4.    Wie wollen Sie sicherstellen, dass die bei Glyphosat-haltigen Gemischen beobachteten genotoxischen Effekte nicht auch bei den neu eingereichten Anträgen auftreten?

 

5.    a) Nachdem POE-Tallowamine nach Durchführungsverordnung (EU) 2017/2324 Glyphosat enthaltende Pflanzenschutzmittel nicht den Beistoff POE-Tallowamine (CAS-Nr. 61791-26-2) enthalten dürfen und zunehmend andere Beistoffe wie Nitroryl (CAS 226563-63-9) zum Einsatz kommen, welche toxikologischen Daten gibt es beispielsweise zu Nitroryl?
b) Welche toxikologischen Daten gibt es bzw. sind zu den anderen für POE-Tallowaminen substituierend verwendeten Beistoffen Ihnen bzw. Ihrem Ministerium bekannt (beispielhafte Aufzählung anderer Beistoffe: Ethoxylated etheralkylamine CAS 68478-96-6, Ethoxylated ether amine CAS 71486-88-9, 1-Propanamine, 3-((C12eC15)alkyloxy) derivs, ethoxylated CAS 71486-88-9, Sodium sulphite CAS 7757-83-7, Gly-cerine CAS 56-81-5, Pelargonic acid CAS 112-05-0, Polyethylene glycol (5) undecyl ether CAS 34398-01-1, Bis (2-hydroxyethyl) cocoalkylamine CAS 61791-31-9, Alkylpolyglycoside CAS 68515-73-1, Methylchloroisothiazolinone CAS 26172-55-4, FD&C Blue No. 1 CAS 3844-45-9, 3-Iodo-2-propynyl butyl carbamate CAS 55406-53-6, Light aromatic petro-leum distillate CAS 64742-95-6, Methylparaben CAS 99-76-3, ropylene Glycol CAS 57-55-6, Sodium benzoate CAS 532-32-1, Sodium o-phenylphenate CAS 132-27-4, Sorbic acid CAS 110-44-1, 1,4 Dioxane, N-nitroso-glyphosate, Formaldehyde)?

 

6.    Wie viele Pflanzenschutzmittel wurden in jener Zone eingebracht, zu der Österreich gehört, aufgegliedert nach Staaten?

 

7.    Falls bereits Zulassungsentscheidungen getroffen wurden: Für welche Pflanzenschutzmittel wurden diese getroffen?

 

8.    Die Erteilung der Zulassung kann unter Vorschreibung von detaillierten Anwendungsbestimmungen (Indikation) sowie risikominimierender Auflagen, Bedingungen und Hinweise erfolgen – bei welchen Pflanzenschutzmitteln wurden im Rahmen der Erteilung der Zulassung Vorschreibungen und Auflagen gemacht und welche sind dies?

 

9.    Wie wollen Sie sicherstellen, dass alle Indikationen bei Glyphosat-Pflanzenschutzmitteln zur Vor-Erntebehandlung in Getreide (sowohl als Sikkation als auch Unkrautbekämpfung in der Spätanwendung) unter besonderer Anwendung des Vorsorgeprinzips nicht mehr möglich sind?

 

10. Warum hat Ihr Ministerium bis jetzt nicht sichergestellt, dass die gesamte Vor-Erntebehandlung in Getreide (sowohl als Sikkation als auch Unkrautbekämpfung


in der Spätanwendung) nicht mehr indiziert ist bzw. warum finden sich im Pflanzenschutzmittelregister bei Getreide noch immer Indikationen „ab Stadium 89 (Vollreife)“, obwohl bekannt ist, dass Blattstadium 89 lediglich aussagt, dass sich nur 50% des Bestandes in der Vollreife befinden? Wie wollen Sie diese weiterhin gültige versteckte Sikkation bzw. „Mähdrusch- oder Ernteerleichterung“ unterbinden?

 

11. Wie wollen Sie sicherstellen, dass ein Eintrag von Glyphosat-Rückständen in die Nahrungskette (Lebens- und Futtermittel) möglichst geringgehalten wird?

 

12. Wie wollen Sie sicherstellen, dass der Schutz von Oberflächen- und Grundwasser gewährleistet wird und Kontaminationen von Oberflächen- und Grundwasser nur mit möglichst geringer Wahrscheinlichkeit eintreten und insbesondere eine Anwendung auf Flächen bzw. durchlässigen Böden, die aufgrund ihrer Struktur eine leichte Versickerung erwarten lassen bzw. eine leichte Abwaschung in den Kanal- und Vorfluterbereich von Oberflächengewässern gegeben ist, ausgeschlossen werden kann?

 

13. Wie wollen Sie sicherstellen, dass Glyphosat im Rahmen des ÖPUL (Österreichisches Programm für eine umweltgerechte Landwirtschaft) nicht trotz Auflagen zur mechanischen Gründeckenbeseitigung auf ÖPUL-Flächen weiterhin zum Einsatz kommt? Wäre es nicht endlich notwendig explizit in die ÖPUL- Richtlinien hineinzuschreiben, dass Glyphosat bzw. Glyphosat-haltige Mittel nicht auf ÖPUL-Flächen eingesetzt werden dürfen?

 

14.  Wie wollen Sie sicherstellen, dass Glyphosatmittel-Anwendungen nur mehr stattfinden, wenn der Schutz der Biodiversität gewährleistet ist und dass insbesondere die Land- und Wassertiere und die Nicht-Zielpflanzen bzw. auch seltene Ruderalpflanzen oder auch Bienen und Bestäubungsinsekten nicht zu Schaden kommen?

 

15.  Wie wollen Sie sicherstellen, dass Glyphosat-haltige Mittel nicht mehr auf naturschutzfachlich wertvollen Flächen zum Einsatz kommen?

 

16.  Sollten nicht auch große Gebiete wie das Alpen- und Berggebiet sowie die Wälder, die eine zentrale Erholungsfunktion für die Bevölkerung erfüllen, Glyphosat-frei gehalten werden?

 

17. Wie wollen Sie sicherstellen, dass im Sinne des Vorsorgeprinzips die Möglichkeit einer Anwendung von Glyphosat im Haus- und Kleingartenbereich ("Nicht-professioneller Anwender") möglichst eingeschränkt wird und wie in öffentlichen Parks und Gärten, Sport- und Freizeitanlagen, Schulgelände und Kinderspielplätzen sowie Gebieten in unmittelbarer Nähe von Einrichtungen des Gesundheitswesens die Anwendung von Glyphosat und Glyphosat-haltigen Mitteln verboten wird? Warum wurden bis jetzt keine hinreichenden Aktivitäten diesbezüglich gesetzt?

 

18. Wie wollen Sie sicherstellen, dass endlich die jahrelangen Diskussionen zum Glyphosat bzw. den Glyphosat-haltigen Mitteln beendet werden und es endlich zu einem für die Erhaltung der menschlichen Gesundheit und zum Schutz der Umwelt positiv wirksamen Endergebnis kommt?