934/J XXVI. GP

Eingelangt am 22.05.2018
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Anfrage



der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

betreffend Umgang des Ministeriums mit Hinweisen auf Scheingutachten im Zuge von "Therapie statt Strafe"

 

Die Ausgaben des Justizressorts für die therapeutische und medizinische Behandlung Suchtmittelabhängiger im Zuge des Maßnahmenpakets "Therapie statt Strafe"  wurden seit 2006 von 4,85 Millionen Euro auf nunmehr 8,41 Millionen Euro nahezu verdoppelt.
Die Forcierung des Ansatzes "Therapie statt Strafe" entspricht dem Erkenntnisstand der Wissenschaft und ist im Sinne einer modernen Strafrechtspolitik zu begrüßen.
Die Justiz soll mit insgesamt sieben externen Vereinen zusammenarbeiten. Das Ministerium scheint bei der Auswahl und Kontrolle der Vertragspartner nicht die gebotene Sorgfalt walten zu lassen:
Ein in einem dieser Vereine tätiger Psychotherapeut wurde jüngst rechtskräftig wegen der Abgabe von gefälschten Drogentests gegen Entgelt verurteilt. Wie sich aus Zeitungsberichten ergibt, soll das BMVRDJ den Vertrag mit dem betreffenden Verein aufgekündigt haben.

Gerüchte über diese Praxis gibt es in Wiener Justizkreisen schon seit mehreren Jahren.
Es stellt sich die Frage, warum das BMVRDJ Gerüchten bis hin zu handfesten Indizien nicht nachgeht, wonach in einem bestimmten Therapieverein Drogengutachten gefälscht würden oder die Bescheinigung, "clean" zu sein, besonders leicht zu erhalten sei.
Laut Medienberichten soll es auch mit einem weiteren Verein Probleme geben. Dort soll der Zugang zu Suchtmitteln so leicht möglich sein, dass an ihrer Therapie interessierte Häftlinge die zuständigen Richter brieflich gebeten haben sollen, nicht in der betreffenden Einrichtung therapiert zu werden, weil die Rückfallgefahr so groß sei. Auch hier ist eine rasche und gründliche Aufklärung geboten.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende


Anfrage:

 

1.    In Wiener Strafjustizkreisen, insbesondere unter RichterInnen und RechtsanwältInnen, ist der oben geschilderte Zustand schon länger bekannt.
Lagen dem BMVRDJ Hinweise auf die entgeltliche Erstellung von Scheingutachten vor? Wenn ja, wann und in welcher Form?

2.    Wie wurde auf diese Hinweise reagiert?

3.    Wurden in Reaktion auf die geschilderten Missstände alle einschlägigen Vereine kontrolliert und, wenn ja, auf welche Weise?

4.    Wird standardisiert vorgegangen, wenn es Hinweise auf Missstände in Vereinen gibt, mit denen die Justiz kooperiert?

5.    Werden Vereine, mit denen das BMVRDJ im Zuge von "Therapie statt Strafe" kooperiert, regelmäßig kontrolliert und evaluiert?

6.    In welchen Zeitabständen und nach welchen Kriterien wird kontrolliert?

7.    Wird hier standardisiert vorgegangen? Wenn nein, warum nicht?

8.    Mit wie vielen Vereinen kooperiert das BMVRDJ in diesem Sinne und jeweils seit wann?

9.    Nach welchen Kriterien erfolgt die Auswahl eines Vereins?

10. Wie wird die durch den Wegfall des betreffenden Vereins entstehende Versorgungslücke ausgeglichen?

11.  Kommt es vor, dass die Behandlung einem Verein übertragen wird, der zum konkreten Fall auch das Gutachten erstellt hat? Wenn ja, wie oft ist das bisher vorgekommen? Was unternimmt das BMVRDJ, um mögliche Interessenkonflikte bei der Gutachtenserstellung zu verhindern?