1131/J XXVI. GP

Eingelangt am 27.06.2018
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Anfrage



 

der Abgeordneten Claudia Gamon, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

betreffend Prostitution und Sexarbeit in Österreich

 

"Um sexuelle Gewalt, Zwang und Menschenhandel im Zusammenhang mit Prostitution zu unterbinden, bedarf es vielfältiger Maßnahmen. (...) Expertinnen und Experten in Österreich sind sich weitgehend einig, dass es besser ist sexuelle Dienstleistungen zu regulieren, als durch ein Verbot in den Untergrund zu drängen. Auch wenn Prostitution ein besonders prekäres und ausbeutungsgefährdetes Arbeitsfeld darstellt, treffen viele Frauen dennoch bewusst die Entscheidung, damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen", schreibt die Frauensektion des Bundeskanzleramtes auf ihrer Website.

In Österreich ist Prostitution, also das Anbieten von sexuellen Dienstleistungen durch erwachsene Personen, grundsätzlich legal. Sexdienstleisterinnen und Sexdienstleister werden aus arbeitsrechtlicher Sicht generell als Selbständige betrachtet, unabhängig von ihren tatsächlichen Arbeitsbedingungen. Dennoch können sie steuerrechtlich und/oder sozialversicherungsrechtlich auf Grund der konkret gegebenen Arbeitsbedingungen als Unselbständige eingestuft werden. Dies führt in der Praxis zu schwierigen Abgrenzungsfragen und Rechtsunsicherheit.

Viele Frauen und Männer, die sich in diesem Graubereich befinden, sind damit arbeitsrechtlich nicht klar zuzuordnen: Werden sie als selbstständige oder unselbstsändige Erwerbstätige betrachtet, stellt sich die Frage nach einem konkreten Tätigkeitsprofil. Wenn schon auf der Website der Frauensektion von einem "von Zuhälterei und Ausbeutung geprägtes Arbeitsumfeld" gesprochen wird, stellen sich Fragen nach Arbeitnehmer_innenschutzvorschriften, etc.

Außerdem stellen sich Fragen nach der Wahrung und dem Schutz sexueller und körperlicher Selbstbestimmung und Integrität. Es ist zwar  gesetzlich festgelegt, dass Sexarbeiter_innen oder Sexdienstleister_innen (die begrifflichen Unschärfen sind evident) zwar Verträge mit Freiern eingehen, die Dienstleistungen dann aber nicht ausführen müssen. Damit versucht man diesen Schutz zu gewährleisten. Die AG Prostitution, die der Frauensektion untersteht, bekräftigt in einem Positionspapier: "Sexdienstleister_innen müssen zu jedem Zeitpunkt die freie Entscheidung treffen können, ob und welche sexuellen Dienstleistungen sie anbieten möchten. Hier besteht ein wesentlicher Unterschied zu anderen Dienstleistungen: Weisungen bezüglich der Kerntätigkeit müssen ausnahmslos ausgeschlossen werden."

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie viele Sexdienstleister_innen sind in Österreich bei der SVA versichert? (Bitte um Auflistung nach Jahr seit 2008 Alter, Geschlecht, Bundesland)

 

2.    Wie viele Sexdienstleister_innen sind in Österreich bei einem anderen Sozialversicherungsträger angemeldet? (Bitte um Auflistung nach Jahr ab 2008, Alter, Geschlecht, und Sozialversicherungsträger)

3.    Wenn Sexdienstleister_innen ausnahmslos "keine Weisungen bezüglich der Kerntätigkeit" erteilt werden können, wie sind diese "Kerntätigkeiten" definiert?

a.    Falls es keine Definition der "Kerntätigkeiten" in diesem "Dienstleistungssektor" gibt, wie wird das Tätigkeitsprofil dann aus arbeitsrechtlicher Sicht abgegrenzt?

b.    Ist es vorgesehen ein Tätigkeitsprofil zu erstellen, um damit etwaige arbeits- und sozialrechtliche Unsicherheiten für die Betroffenen zu klären?

4.    Gibt es besondere Arbeitnehmer_innenschutzvorschriften für Sexdienstleister_innen in Östererreich?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum nicht und ist es geplant, solche zu erlassen?

5.    Gibt es Strategien von Seiten Ihres Ministeriums, wie man Betrug oder Ausbeutung in der "Branche" der Sexdienstleistungen effektiv bekämpfen kann, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass es sich lt. Frauensektion um ein "präkeres und ausbeutungsgefährdetes Arbeitsumfeld" handelt? (z.B. im Rahmen des Lohn- und Sozialbetrugsbekämfpungsgesetzes, o.ä.)

a.    Wenn ja, welche und welche konkreten Maßnahmen werden gesetzt, um die Situation für Sexdienstleister_innen zu verbessern?

b.    Wenn nein, warum nicht und ist es geplant, solche Maßnahmen und Strategien zu erarbeiten?

6.    Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um weitere Erwerbsmöglichkeiten für Aussteiger_innen zu schaffen und ihnen ggf. einen Berufswechsel zu erleichtern?

a.    Welche arbeitsmarktpolitischen Begleitmaßnahmen setzt das BMASGK, um Aussteiger_innen den Übergang zu erleichtern? (z.B.: im Bereich Um- oder Weiterqualifizierung, etc.)

                                  i.    Werden für solche Maßnahmen Förderungen vergeben und wenn ja, in welcher Höhe? (Bitte um Auflistung nach Jahr ab 2008, Organisation oder Projekt und Bundesland)

7.    Welche Umstiegs- bzw. Ausstiegshilfen werden derzeit in Österreich angeboten?

a.    Gibt es spezifische Beratungsstellen oder Projekte, die Sexdienstleister_innen zu Informationszwecken o.ä. zur Verfügung stehen und wenn ja, welche? (Bitte um Auflistung nach Bundesländern)

b.    Welche Strategien ergreifen Sie, um möglichst niederschwellige Um- und Ausstiegshilfen und -beratungen zu fördern?

c.    Wie viele Menschen haben bisher an Um- und Ausstiegsangeboten teilgenommen? (Bitte um Auflistung nach Jahr ab 2008 und Bundesland)