1169/J XXVI. GP

Eingelangt am 29.06.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Alma Zadic LL.M., Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, Beate Hartinger-Klein

betreffend bürokratische Hürden für Gedenkdienste und ihre finanzielle Situation

Laut aktuellen Medienberichten beklagt der Verein GEDENKDIENST nicht nur eine ungenügende Finanzierung seiner Arbeit, sondern klagt auch über ungerechtfertigte bürokratische Hürden für seine Tätigkeit.

Zur finanziellen Situation: So berichtete der Verein GEDENKDIENST, dass die von der Republik Österreich für die Gedenkdienstleistenden zur Verfügung gestellte Summe preisbereinigt seit über fünfzehn Jahren kontinuierlich sinkt. Das hat zur Folge, dass die Freiwilligen sich ihre wichtige Arbeit selbst finanzieren müssen.

Obwohl der Nationalrat im Oktober 2017 einstimmig beschlossen hat, die Gedenkdienste materiell besser auszustatten, kommt diese Verbesserung offenbar bei den Freiwilligen nicht an. Denn die Erhöhung soll laut Sozialministerium auf mehr Personen aufgeteilt werden als bisher. Damit wird die finanzielle Situation für den einzelnen Gedenkdiener bzw. die einzelne Gedenkdienerin nicht verbessert.

Es handelt sich um einen monatlichen Betrag von 720 Euro pro Gedenkdienstleistenden. Von dieser Summe müssen neben Versicherungsbeiträgen Reise- und Visakosten sowie Miete und Essen bezahlt werden. Zieht man vom ausgeschütteten Förderbetrag beispielsweise die Versicherungsbeiträge (Kranken-, Sozial- und Pensionsversicherung) ab, bleiben den Gedenkdienstleistenden 521 Euro monatlich zum Leben: Dieser Betrag kann nicht ausreichen, um Mietkosten, Essen und die Grundversorgung zu decken.

Zu den bürokratischen Hürden: Seit 26 Jahren organisiert beispielsweise der Verein GEDENKDIENST für Freiwillige einen einjährigen Gedenkdienst an Holocaust­Gedenkstätten, Forschungszentren, Museen, pädagogischen Institutionen und Altenheimen im Ausland. Die fast ausschließlich ehrenamtliche Arbeit des Vereins basiert auf dem freiwilligen Engagement junger Menschen. Der Verein handelt nicht, um einen materiellen Vorteil zu erwirtschaften; der Dienst ist als Zivilersatzdienst anrechenbar.

Zusätzlich zu den Problemen durch Unterfinanzierung klagt der Verein über bürokratische Hürden im Sozialministerium. Alle Trägervereine müssen im BMASGK einen Antrag auf Anerkennung ihrer Vereine und für die Akkreditierung der Einsatzstellen (acht Dienstposten in der ersten Tranche) stellen. Im Zuge dessen wird von dem Verein GEDENKDIENST - völlig unüblich - die Offenlegung aller Mitglieder verlangt, um Medienberichten zufolge die Überprüfung aller Organe und der wirtschaftlichen Kompetenz des Vereins vorzunehmen. Der Verein verweigert die Offenlegung, da diese rechtswidrig sei und hat diesbezüglich sogar ein Rechtsgutachten erstellen lassen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende Anfrage:

1.  Im Jahr 1991 stellte der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky im Nationalrat fest:

„Wir bekennen uns zu allen Daten unserer Geschichte und zu den Taten aller Teile unseres Volkes, zu den guten wie zu den bösen. Und so wie wir die guten für uns in Anspruch nehmen, haben wir uns für die bösen zu entschuldigen, bei den Überlebenden und bei den Nachkommen der Toten. Dieses Bekenntnis haben österreichische Politiker immer wieder abgelegt. Ich möchte das heute ausdrücklich auch im Namen der Österreichischen Bundesregierung tun: als Maßstab für das Verhältnis, das wir heute zu unserer Geschichte haben müssen, also als Maßstab für die politische Kultur in unserem Land, aber auch als unseren Beitrag zur neuen politischen Kultur in Europa."

Unterstützen Sie die Aussage dieses Statements, das seitdem als Staatsräson der Republik Österreich gilt?

2.  Aus dieser Staatsräson leitet sich auch ab, dass die Erinnerung an die Shoah wach gehalten und von Generation zu Generation weitergegeben werden sollte, damit sich eine geplante und industriell organisierte Vernichtung von Millionen von Menschen in Europa nicht mehr wiederholen kann.

Stimmen Sie der Aussage zu, dass die Gedenkdienste, die die Freiwilligenarbeit an Holocaust-Gedenkstätten, Forschungszentren, Museen, pädagogischen Institutionen und Altenheimen im Ausland organisieren, einen wichtigen Beitrag dafür leisten, dass die Erinnerung an die Shoah wach bleibt?

3.  Aufgrund welcher Überlegungen wurde in Ihrem Ministerium entschieden, die im Oktober 2017 im Nationalrat einstimmig beschlossene Erhöhung der Mittel für Gedenkdienste nicht auf die individuelle Förderung für die Gedenkdienstleistenden umzulegen?

4.  Welchen individuellen Betrag pro Freiwilligem sieht Ihr Ministerium als ausreichend an, um die Lebenshaltungskosten im Ausland abzudecken?

5.   Mit welcher Begründung verlangt Ihr Ministerium im Rahmen des Antrags auf Anerkennung des Vereins die Offenlegung aller Vereinsmitglieder? Auf welche gesetzlichen Vorgaben ist diese Begründung gestützt?

6.  Wird das vom Verein GEDENKDIENST in der Abteilung V/A/6 eingebrachte Rechtsgutachten derzeit geprüft?

6.a. Wenn ja, wann erhält der Verein die Auskunft über das Ergebnis der Prüfung?

6.b. Wenn nein, warum nicht?

7. Gibt es eine Dienstanweisung in Ihrem Haus, die die Herausgabe von Mitgliederlisten aller Vereine vorsieht?

7.a. Falls ja: Wer hat diese Dienstanweisung gegeben? Aus welchen Gründen?

7.b. Falls Nein: Gibt es eine Dienstanweisung in Ihrem Haus, die die Herausgabe von Mitgliederlisten des Vereins vorsieht, welche die Gedenkdienste organisieren?

8.  Auf welche Weise plant Ihr Ministerium, die Arbeit der Gedenkdienste nachhaltig abzusichern?