1183/J XXVI. GP

Eingelangt am 04.07.2018
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ANFRAGE

 

 

 

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Genossinnen und Genossen

 

an den Bundesminister für Inneres

 

betreffend MARAC-Fallkonferenzen zur Verhinderung von schwerer und wiederholter Gewalt, Morden und Mordversuchen im Bereich Gewalt gegen Frauen 

 

Seit 1997 wurde nicht nur das Gewaltschutzgesetz laufend verbessert, sondern es wurden viele darüberhinausgehende gesetzli­che und begleitendende Maßnahmen zum Schutz von Gewalt gegen Frauen gesetzt. Dennoch sind nach wie vor viele Frauen von Gewalt, insbesondere durch ihre Partner oder Ex-Partner, betroffen.

 

Durch die sog. Istanbul-Konvention[1] (in Ö ratifiziert 2013), das darin verankerte „due diligence“-Prinzip (Art. 5) und die seit November 2015[2] geltende EU-Opferschutzrichtlinie hat Österreich einer internationalen Verpflichtung zu multi-institutioneller Zusammenarbeit und effektivem Schutz von Opfern vor Gewalt nachzukommen.

 

Ein wichtiges Instrument zur koordinierten Vorgangsweise zum Schutz von Opfern in Hochrisikosituationen sind die Multi-Agency Risk Assess­ment Conferences[3], kurz MARACs. Wesentliches Ziel ist die Verhinderung wiederholter und schwerer Gewalt, wie Vergewaltigung, schwere Körperverletzung, Mord­versuch oder Mord, denn dazu kommt es innerhalb einer Familie nur selten „aus heiterem Himmel“. Meist wurde davor bereits wiederholt Gewalt ausgeübt und weitere Gewalt angedroht; mitunter wurde auch schon polizeiliche Anzeige erstattet.

 

Durch den Schulterschluss zwischen dem Innenministerium, dem Frauenministerium und der Landespolizeidirektion Wien wurde das Projekt 2011 in Wien gestartet und nach der erfolgreichen Pilotphase 2014 auch in Niederösterreich und Tirol MARACs installiert.

 

Aktuell stehen wir vor der Situation, dass die MARAC-Konferenzen in Wien eingestellt wurden. Gleichzeitig sind wir mit einem Ansteigen der Zahlen von Mordfällen an Frauen konfrontiert. In Medienberichten spricht die Polizei davon, dass es 2018 bereits 15 Morde im sozialen Nahraum gab (im 2017 waren es laut Polizei insgesamt 20). Eine so hohe Zahl an Morden in wenigen Monaten hat es laut Polizei in den letzten Jahren nie gegeben!

 

Um aber weiterhin Opfer in Hochrisikosituationen zu identifizieren und in der Folge intensiv mit Polizei, Justiz und anderen Einrichtungen zusammenzuarbeiten, braucht es nicht nur Wiederaufnahme der MARAC-Konferenzen, sondern auch die hoch notwendige Ausrollung auf ganz Österreich. Darüber hinaus muss die Gewaltprävention dringend ausgebaut werden, indem wir opferschutzzentrierte Täterarbeit forcieren. Dazu stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

 

 

Anfrage:

 

1.  Wie sorgen Sie als Innenminister dafür, dass Österreich seiner internationalen Verpflichtung zum effektiven Schutz von Opfern häuslicher Gewalt nachkommt?

2.  Wie sorgen Sie als Innenminister dafür, dass Österreich seiner internationalen Verpflichtung zur multi-institutionalisierten Zusammenarbeit im Gewaltschutz nachkommt?

3.  Wann wurden Sie über die Einstellung der MARAC-Konferenzen informiert?

4.  Wurden die MARAC-Konferenzen nur in Wien oder auch in Tirol und Niederösterreich eingestellt?

5.  Wie sieht die Situation in anderen Bundesländern aus?

6.  Warum wurden die MARAC-Konferenzen eingestellt?

7.  Warum haben Sie sich nicht für deren Beibehaltung eingesetzt?

8.  Gibt es einen Ersatz für die MARAC-Konferenzen, um die multi-institutionelle Zusammenarbeit zur Einschätzung von Hochrisikogruppen sicher zu stellen? (Bitte um konkrete Auflistung der Strategien und Maßnahmen und deren Kosten)

9.  Ein alarmierender Anstieg der Mordfälle an Frauen ist zu verzeichnen – wie werden diese Mordfälle analysiert?

10. Welche Handlungsableitungen resultieren daraus und wie werden die Einschätzungen und die Schutzmaßnahmen von Hochrisikofällen optimiert?

11. Welche Strategien, Maßnahmen und Projekte setzt bzw. fördert Ihr Ressort im Bereich Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt?

12. Wenn ja, bitte um Auflistung der Projekte?

13. Sind Kürzungen derselben für die Budgetjahre 2018 und 2019 geplant?



[1] https://rm.coe.int/1680462535

[2] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/TXT/?uri=CELEX:32012L0029

[3] http://www.reducingtherisk.org.uk/cms/content/marac (28.06.2018)