1275/J XXVI. GP

Eingelangt am 05.07.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Wolfgang Zinggl
Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien
Gernot Blümel

betreffend „Handlungspflicht der Bundesregierung zur Einhaltung des Völkerrechts"

BEGRÜNDUNG

Als die Wiener Landesregierung im Sommer 2017 am Heumarkt den Flächenwidmungsplan nach den Wünschen eines Investors beschlossen hat, kritisierten sowohl ÖVP als auch FPÖ das politische Vorgehen sowie das Bauprojekt selbst. Anfang Februar 2018 erneuerten Bundesminister Blümel und Vizekanzler Strache ihre Gegnerschaft zum Hochhausprojekt am Heumarkt und kündigten die Prüfung rechtlicher Schritte an. Möglichkeiten dazu stehen ihnen nach wie vor einige offen: Die Regierung kann neben einer Anfechtung vor dem VfGH anstelle des Landes Maßnahmen setzen, also etwa einen neuen Flächenwidmungsplan erlassen oder eine Weisung an das Land erteilen, die Widmung rückgängig zu machen.

Entscheidend daran ist: Das sind nach herrschender Rechtsmeinung keine bloßen Optionen, die im politischen Ermessen liegen. Es ist vielmehr die rechtliche Verpflichtung der Bundesregierung, von den durch Artikel 16 Abs 4 und 5 B-VG zur Verfügung gestellten Möglichkeiten Gebrauch zu machen, um einen vertragskonformen Zustand herbeizuführen. Das Land hat seine Pflichten durch die Flächenwidmung verletzt; es ist durch den multilateralen Staatsvertrag und den Abs 4 verpflichtet, das Ensemble im vertragskonformen Zustand zu belassen. Die Zuständigkeit für die notwendigen Maßnahmen geht nach Abs 4 auf den Bund über, wenn das Land seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Die am einfachsten anwendbare Maßnahme wäre eine Weisung an die Wiener Landesregierung, basierend auf Art 16 Abs 5 B-VG, den letzten vertragskonformen Zustand wieder herzustellen. Konsequenz der Nichtbefolgung könnte die staatsrechtliche Anklage der Wiener LReg/Gemeinderat gem. Art 142 Abs 2 lit e oder f (sinngemäß, da Art 16 Abs 5 auf Art 102 B-VG verweist) vor dem VfGH sein.

Eine Anfechtung des Flächenwidmungsplans gem. Art. 139 B-VG durch den Bund beim VfGH wegen Gesetzwidrigkeit ist parallel dazu möglich.

Jedoch: Sowohl der zuständige Kulturminister als auch der blaue Koalitionspartner haben sich zwar in mehreren Diskussionsrunden sowie im Rahmen einer Dringlichen Anfrage im Nationalrat entschieden gegen das Projekt ausgesprochen, handeln wollen sie aber bis heute nicht. Vielmehr betonen sie seit Monaten, auf Dialog zu setzen und zwischen UNESCO und der Stadt Wien als Vermittler aufzutreten. In letzter Zeit fällt zudem auf, dass die Regierungsparteien die Diskussion vom Anlassfall Heumarkt wegführen und auf Nebenschauplätze verlagern. Offenbar spielen sie hier ein doppeltes Spiel auf Kosten des Weltkulturerbes und der Österreichischen Bevölkerung.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.      Wie wollen Sie das geplante Hochhausprojekt am Wiener Heumarkt verhindern?

2.      Wie sehen Sie die juristische Fachmeinung, dass die Bundesregierung nach Artikel 16 Abs 4 und 5 B-VG nicht nur handeln kann, sondern handeln muss?

3.      Wann werden Sie - als Kulturminister und Regierungskoordinator - basierend auf diesen Rechtsgrundlagen Aktivitäten setzen und warum tun Sie das nicht schon jetzt?

4.      Sie haben die Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof mehrfach als ultima ratio bezeichnet. Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, dass Sie von dieser ultima ratio Gebrauch machen?