1283/J XXVI. GP

Eingelangt am 05.07.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Jarolim, sowie zahlreicher Genossinnen und Genossen an den Bundesminister für Verfassung, Reform, Deregulierung und Justiz betreffend

Einsparungen und gebrochene Versprechen im Justizbereich

Obwohl das schwarz-blaue Regierungsprogramm 2017-2022 die Verfahrensbeschleunigung vorsieht, kommt es zu gravierenden Einschnitten in der Justiz.

So hätten erstmals 2018/19 neben BeamtInnen, Vertragsbediensteten und Richteramtsanwärterlnnen auch RichterInnen bzw. StaatsanwältInnen nicht nachbesetzt werden sollen - und zwar 40 (mit Stand Anfang März 2018 waren es 42) Posten!

Am 11.6.2018 kam es zu einem Gespräch zwischen der RichterInnenvereinigung, dem GÖD und der StaatsanwältInnenvereinigung und Bundesminister Moser.

Auf Drängen der Standesvertretungen konnte seitens des BMVRDJ bestätigt werden, dass mit Finanzministerium und BM für öffentlichen Dienst nunmehr endgültig vereinbart werden konnte, dass der „Überstand" von 40 Planstellen (im März waren es 42 Posten) 2018 und 2019 nicht rückgebaut werden würden. Auch bestätigte er die Nachbesetzung der frei werdenden Stellen bzw. Mutterschutzfälle.

Betont wurde auch der Einsatz für die Ausweisung im Stellenplan für einen zusätzlichen Bedarf im Jahr 2020. Eine Zusage und Zustimmung seitens der Bundesregierung gab es auch hinsichtlich neuer Verhandlungen vom Personalbedarf für das Jahr 2020 (anstatt weiterer Personalkürzungen - jede dritte freiwerdende Planstelle nachzubesetzen). Die ist aus Sicht der RichterInnenvereinigung jedoch völlig unrealistisch.

2018 werden bereits MitarbeiterInnen von Leiharbeitsverhältnissen in ordentliche Dienstverhältnisse überführt; auch wird ein Überstand zum Personalplan toleriert. Ein Kontingent an Leiharbeitskräften würde aber weiterhin zur Verfügung stehen um zusätzlichen Bedarf und die Beschäftigung ausgelernter Lehrlinge sicher zu stellen - so das Bundesministerium.

Die Einsparungen im IT-Bereich und im Bereich der Fortbildung wird weiterhin durchgesetzt werden - trotz Hinweis der Dringlichkeit der Bereitstellung der notwendigen Ressourcen und der negativen Folgen von solchen Einsparungen!

Das zukünftige Bestehen bzw. Nichtbestehen der RechtspraktikantInnen wurde allerdings unerwähnt gelassen. So werden derzeit zwar Rechtspraktikantinnen und -praktikanten aufgenommen, die jedoch auch bei ausgezeichneter Eignung keine Chance haben in absehbarer Zeit als Richteramtsanwärter in die Ausbildung übernommen zu werden, sodass gut ausgebildete potentielle Richteramtskandidatlnnen in andere Berufe gedrängt werden.

Auch wenn es ein Versuch des Bundesministers Moser ist, die Wogen zu glätten, so klingen diese Zusagen an die RichterInnenvereinigung mehr wie Beschwichtigungen.

Festzuhalten ist jedenfalls, dass durch die mangelnde Finanzierung der Justiz die Funktionsfähigkeit der Gerichtsbarkeit massiv beeinträchtigt wird. Den die Folge ist neben Verfahrensverlängerungen, auch eine Ineffektivität und damit einen Verlust der Rechtssicherheit. Zum Zwecke der funktionierenden Justiz ist eine Finanzierung in diesem Bereich jedenfalls zu gewährleisten!

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Verfassung, Reform, Deregulierung und Justiz nachstehende

Anfrage:

1.       Welche Erfahrung wurden im BMVRDJ mit der neuen Stellenplanung in Personalpools bis dato gemacht und soll diese Planung in den folgenden Budgetperioden beibehalten werden?

2.       Das BMVRDJ möge einen Periodenvergleich der Planstellen pro Dienststelle (bis auf die Gerichts-, Verwaltungsgerichts- bzw Staatsanwaltschaftsebene) der letzten 5 Jahre mit den Planungen der Jahre 2018 und 2019 anfertigen und unterbreiten.

3.       Welche Budgetmittel für Personal sind in der Justiz 2018 und 2019 aufgeteilt nach Gerichtssprengel und für jeweils wie viele Mitarbeiter (RichterInnen, StaatsanwältInnen, Vertragsbedienstete, sonstige BeamtInnen, Lehrlinge) vorgesehen?

4.       Im Personalplan 2018 wird für RichterInnen der Gehaltsgruppen R1b(LG) und R1a(BG) zum Stichtag 31.12.2017 ein tatsächlicher Personalstand von 1554 Vollbeschäftigungsäquivalenten ausgewiesen. Dagegen sind für das Jahr 2018 im Stellenplan lediglich 1514 Planstellen für diese zwei Gehaltsgruppen enthalten. Welche zusätzliche Vereinbarungen wurden zwischen dem BMF, dem BMVRDJ und dem BMÖDS wurden im Hinblick auf die Zusage an die RichterInnenvereinigung und den GÖD am 11.06.2018 getroffen, diese 40 Richterlnnen- Planstellen in den Jahren 2018 und 2019 nicht rückzubauen?

5.       Aus welchen Budgetpositionen stammen die Mittel, um derartige Maßnahmen zu finanzieren? Die Verwendung welcher Mittel aus Rücklagen ist in den Jahren 2018 und 2019 eingeplant und wie wird der Stand der Rücklagen nach dem Jahr 2019 sein?

6.       Werden Sie die Vorgaben des Stellenplans trotz Ihrer Zusagen an die RichterInnenschaft, keine Personaleinsparungen durchzuführen, einhalten?

7.       Wie verteilen sich die genannten 1554 VBÄ auf Gerichte, Bundesministerium für Justiz und andere Stellen? Wie ist die bisherige Entwicklung der VBÄ der genannten Gehaltsgruppen in diesen Bereichen? Welche Entwicklung erwarten Sie bis Ende 2018 zum Stichtag 31.12.2018?

8.       Gegenüber wie vielen RichterInnen wurden bis dato Zusagen gebrochen, eine Karenz oder Elternteilzeit vor dem maximal möglichen Zeitraum zu beenden, um wieder im Rahmen ihrer Arbeitskraft voll tätig sein zu können? Können derzeit nach oben genannter Einigung vom 11.06.2018 RichterInnen wieder jederzeit aus der Karenz zurückkehren?

9.       Plant die Regierung weitere Einsparungen beim Justizpersonal nach 2019? Wie lassen sich Einsparungen  beim Personal im Justizbereich generell mit den gestiegenen Anforderungen vereinbaren (zB Großverfahren [Buwog, Hypo], Erwachsenenschutzgesetz, Sicherheitspaket samt grundrechtsintensiver Überwachungsmethoden etc)?

10.   Wie sollen die bestehenden Staatsanwältlnnen dem zukünftigen Arbeitsanfall nachkommen, wenn die Bundesregierung zwar 4.100 Polizistlnnen mehr vorgesehen hat, aber keine zusätzlichen Staatsanwältlnnen?

11.   Wann werden die vom früheren Justizminister Wolfgang Brandstetter im Jänner 2017 zugesagten fünf zusätzlichen Staatsanwältlnnen zur Bekämpfung von „Hass im Netz" ihre Arbeit aufnehmen?

12.   Welche Wartezeit besteht derzeit für Absolventlnnen eines rechtswissenschaftlichen Studiums eine Gerichtspraxis antreten zu können und ist die Aufrechterhaltung der Gerichtspraxis über das Jahr 2019 hinaus - zumindest wie vor dem Amtsantritt der derzeitigen Regierung gehandhabt - gesichert?