1284/J XXVI. GP

Eingelangt am 05.07.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Jarolim sowie zahlreicher Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend

Nationalsozialistische Wiederbetätigung in Tirol

Ein im Jahr 2016 in Innsbruck stattfindender MitarbeiterInnendialog des Tourismusverbandes Tirol endete mit einer grotesken Form der Wiederbetätigung.

So fand sich die versammelte Belegschaft am 12.5.2016 in Innsbruck zu einem MitarbeiterInnendialog zusammen. Doch gleich stellte sich durch die Direktorin des Tourismusverbandes Innsbruck (TVB Innsbruck) heraus, dass wegen des gedrängten Zeitrahmens (bezogen auf das abzuhandelnde Programm) ein Monolog der Direktorin vorgetragen würde und der Mitarbeiterdialog auf unbestimmte Zeit verschoben würde. Auch die Aussage der Direktorin „dass was auf die Belegschaft als neue Strategie zukommt kein demokratischer Prozess sei und nicht sein könne“ wurde von den Mitarbeitern mit Unverständnis entgegen genommen.

Zur Untermauerung ihres Strategiekonzepts machte die Direktorin des TVB Innsbruck vor versammelter Belegschaft Anleihen an „alle erfolgreichen Männer in der Geschichte, hätten eine gute und funktionierende Strategie gehabt und nannte in einer für die Belegschaft gut wahrnehmbaren und einprägsamen Art und Weise als Musterbeispiel Adolf Hitler mit den Worten:

„Nehmen wir als letztes noch ein Beispiel aus der jüngeren Geschichte: Adolf Hitler. Ja wir werden doch nicht glauben, wenn Hitler einfach nur gesagt hätte, wir Deutschen sind die Besten und Auserwählten dieser Erde, dass das gereicht hätte, um alle hinter sich zu vereinen? Wenn Hitler keine gute Strategie gehabt hätte, mit der er gearbeitet hat, wäre das deutsche Volk niemals hinter ihm gestanden, um die Welt zu erobern ...“

Diese verstörten und irritierenden Aussagen führten zu einem Schock innerhalb der Belegschaft. Verwunderung und Bestürzung gab es aber vor allem auch hinsichtlich der Tatsache, dass der die Veranstaltung am 12.5.2016 beiwohnende Obmann des TVB Innsbruck nicht umgehend die Aussage der Direktorin dementierte. Wenn die Direktorin derartige Aussagen trifft und der Obmann diese nicht dementiert, kann davon ausgegangen werden, dass dieses Gedankengut in der Chefetage des TVB Innsbruck zugegen ist und es sich nicht um einen Einzelfall handeln könnte. Das ist eine Verherrlichung und Gutheißung von Adolf Hitler vor 80-90 Menschen!!

Jedem der Anwesenden beim „MitarbeiterInnendialog“ sei bewusst und klar gewesen, dass die Methoden von Hitler auf das Strategiekonzept des TVB Innsbruck umgemünzt werden sollte. Es sei unmissverständlich klar gewesen, dass Analogien gezogen worden sind und dass durch den unzulässigen Vergleich mit Hitler im Monolog (als Alleingang), „bedingungsloser Gehorsam“ eingefordert worden sei. Die Geschäftsführerin würde meinen, dass ihr Arbeitsplatz, den sie soeben eingenommen hatte, ebenso wie alle anderen gefährdet seien, wenn sie dem Aufsichtsrat keine Erfolge vorzuweisen habe. Ihr Vertrag würde auch vorerst auch nur für 3 Jahre gelten.

Denkt man an Adolf Hitler, so fällt einem nichts ein außer skrupellose Massenmorde, brutalste Gewalt und tiefste Menschenverachtung in verabscheuungswürdigster Reinkultur und nicht so wie der Direktorin des Tourismusverbandes eine ,,beispielhafte und gute Strategie“.

Hier liegt klar eine Verwirklichung der Bestimmungen der §§ 3d, 3g und 3h des Verbotsgesetzes vor, da die verbotene Gutheißung und Verherrlichung nach dem Verbotsgesetz in qualifizierter Form vor einer großen Menschenmenge begangen wurde. Hinzukommend kann von einer Glorifizierung der Person Adolf Hitler und das Gutheißen seiner Lebensaufgabe gesprochen werden, was aus bestehender OGH-Judikatur das Tatbildmerkmal der Betätigung im nationalsozialistischen Sinn verwirklicht!

Was darauf folgt übertrifft den eigentlichen Sachverhalt. Denn als der Sachverhalt zur Anzeige gebracht worden wäre, nachdem sich die Mitarbeiter aus Furcht vor dem Verlust des eigenen Arbeitsplatzes solange zurück hielten, wäre man von der Staatsanwaltschaft Innsbruck informiert worden, dass von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen worden wäre.

Erwähnenswert ist, dass es nicht einmal zur Vernehmung der Direktorin als auch des Obmannes des Tourismusverbandes gekommen ist!

In der Begründung gab die Staatsanwaltschaft an, dass die vom Anzeiger geschildete Äußerung des Inhalts: „Nehmen wir als letztes noch ein Beispiel aus der jüngeren Geschichte: Adolf Hitler, Ja wir werden doch nicht glauben, dass Hitler einfach gesagt hätte, wir Deutschen sind die Besten und Auserwählten dieser Erde, dass das gereicht hätte, um alle hinter sich zu vereinen? Wenn Hitler keine gute Strategie gehabt hätte, mit der er gearbeitet hat, wäre das deutsche Volk niemals hinter ihm gestanden, die Welt zu erobern“ weder den Tatbestand des § 3g Verbotsgesetz noch jenen des § 3h Verbotsgesetz erfülle.

Sieht man sich den von der Staatsanwaltschaft wiedergebenden Inhalt und die darauffolgende Begründung an, so ergibt alles in sich einen Widerspruch. Denn die oben angeführte Äußerung erfüllt klar §§ 3g und 3h Verbotsgesetz. Hier liegt unmissverständlich eine Verherrlichung und Gutheißung von Adolf Hitler vor.

In diesem Zusammenhang scheint es notwendig einen Fall - auch aus der Umgebung Innsbrucks
- nicht unerwähnt zu lassen.

So hätte die StA Innsbruck ein Ermittlungsverfahren gegen einen 13-jährigen Schüler auf Basis einer per Email eingelangten Anzeige des Tiroler Landesschulrats eingeleitet. Der Schüler wäre verdächtig während des Geschichteunterrichts an einer Mittelschule in Längenfeld, die willkürliche und strafrechtlich folgenlose Ermordung von Juden zur Zeit des Nationalsozialismus mit den Worten ,,sauber recht" gutgeheißen zu haben.

Auf Basis dieser undurchsichtigen Anzeige wäre es zu Vernehmungen des „Verdächtigen“ und Zeugen (die Direktorin und der Lehrer der Schule des Schülers und seine Eltern) gekommen. Doch kam es nicht nur zu einer „normalen“ Vernehmung eines Beschuldigten. Laut Zeugenaussage wäre der Beschuldigte bei sich zuhause auch von der Polizei vernommen worden! Die Angst des 13-jährigen Jungen und seiner Eltern sind kaum auszumachen.

Auch die Begründung der Einstellung des Verfahrens lässt die Anwendung der Objektivität zweifeln. So steht in der Begründung, dass „ dem 13-jährigen Beschuldigten zweifellos zu unterstellen ist, dass er sich über den Bedeutungsgehalt der von ihm am 25.1.2018 getätigten Äußerung im Klaren war (und ihm demgemäß ein zumindest bedingt vorsätzliches Handeln im Sinne des § 3h VerbotsG 1947 zwanglos zu unterstellen wäre), ist ihm angesichts seines jugendlichen Alters nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen, dass sein im Sinne des § 3g VerbotsG 1947 inkriminiertes Verhalten von dem Vorsatz getragen war, (zumindest) eine der spezifischen Zielsetzungen der NSDAP zu neuem Leben zu erwecken oder zu propagieren und solcherart zu aktualisieren. Bei lebensnaher und verständiger Würdigung ist davon auszugehen, dass es sich fallaktuell um eine auf Wichtigtuerei vor seinen Klassenkameraden oder allenfalls auf Provokation ausgerichtete Aktion eines pubertierenden Jugendlichen handelt.

Abgesehen davon, dass das gegenständliche Ermittlungsverfahren im Hinblick auf die Strafunmündigkeit des Beschuldigten ohnehin nach § 4 Abs 1 JGG einzustellen wäre, war das Ermittlungsverfahren gegen Gabriel M. wegen § 3g VerbotsG 1947 aufgrund der aufgezeigten Erwägungen gemäß § 190 Z 2 StPO mangels Schuldnachweises einzustellen. “

Alles in allem bleibt offen, auf welcher Grundlage die Entscheidungsfindung der StA Innsbruck basiert

Die unterzeichnenden Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz nachstehende

Anfrage:

1.    Warum wurde das Verfahren gegen die Direktorin des Tiroler Tourismusverbandes eingestellt, obwohl offensichtlich gegen das Verbotsgesetz verstoßen wurde?

2.    Warum wurden die Direktorin als auch der Obmann während des Ermittlungsverfahrens nicht zu einer Vernehmung vorgeladen, obwohl grade bei einer solch schweren Anschuldigung notwendig?

3.    Wie sieht das Bundesministerium für Verfassung, Reform, Deregulierung und Justiz die Vorgehensweise im Ermittlungsverfahren gegen den 13-jährigen Schüler der NMS Längenfeld?

4.    Ist es im Ermittlungsverfahren üblich einen 13-jährigen, welcher sich aufgrund von pubertierender Unreife im Unterricht zu Adolf Hitler äußert, zuhause aufzusuchen, zu erschrecken und verstören und zusätzlich zu einer Vernehmung vorzuladen?

5.    Welche Maßnahmen wird der Bundesminister setzen, um Kinder und Jugendliche unmittelbar vor negativen Auswirkungen solcher Befragungen zu schützen?

6.    Welche Maßnahmen wird der Bundesminister setzen, um jahrelang verdiente MitarbeiterInnen von Tourismusverbänden vor den vorgenannten Ausführungen durch die Geschäftsleitung zu schützen? Dies umso mehr, als zwischenzeitlich mehrere MitarbeiterInnen gekündigt wurden, dies obwohl sie sich von der AK Tirol gerichtlich vertreten ließen und zwischenzeitlich einen Betriebsrat gegründet haben - einfach weil sie dem ausgeübten Druck durch die Geschäftsleitung nicht mehr stand hielten.

7.    Stimmen Sie Herr Minister, der Begründung der Staatsanwaltschaft Innsbruck zu, die getätigten Aussagen erfüllen nicht den Tatbestand des § 3g Verbotsgesetz noch

jenen des § 3h Verbotsgesetz und somit eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen den Tiroler Tourismusverband gerechtfertigt ist?