1412/J XXVI. GP

Eingelangt am 11.07.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Mario Lindner, Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen, an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung

betreffend Sexualerziehung an Schulen.

Die Salzburger Nachrichten widmeten vor wenigen Tagen einen ausführlichen Bericht den zahlreichen Herausforderungen der Sexualpädagogik in Österreichs Schulen und wiesen dabei auf zahlreiche Probleme hin, die es in diesem Bereich seit Jahren gibt. ExpertInnen betonten dabei die Wichtigkeit, „externe Sexualpädagogen an die Schulen zu holen“[1], um flächendeckende Aufklärungsangebote sicherzustellen:

,,Entscheidend sei die Qualität der Aufklärungsangebote. Es dürfe nicht dem Zufall überlassen sein, welche Vereine an Schulen dürfen. (...) Man sei bei diesem Thema rasch mit Wertehaltungen konfrontiert. Keinesfalls dürfe das Feld Vereinen mit religiös-konservativem Hintergrund überlassen werden. "[2]

Vor diesem Hintergrund deckten die Salzburger Nachrichten den Fall des Vereins „Teen Star" auf, der in 20 Ländern und seit 15 Jahren auch in Österreich Aufklärungsprogramme anbietet und Multiplikatorlnnen ausbildet. Laut den Salzburger Nachrichten sind 104 Kursleiter regelmäßig an 34 Schulen, darunter auch Volksschulen, aktiv. Gleichzeitig vermittle der Verein fragwürdige Positionen in den verschiedensten sexualpädagogischen Themenfeldern:

„Auf den ersten Blick sei der konservative Hintergrund nicht erkennbar, sagt ein Vater. „Das wird verdeckt, letztlich verbirgt sich hinter dem Verein eine streng katholische Lebenskunde, die an öffentlichen Schulen kostenpflichtig angeboten wird. ""[3]

Laut Bericht sei der Verein zumindest in Schulen in Salzburg, Niederösterreich und Oberösterreich tätig. Zum Inhalt der vorgenommenen Schulungen wird berichtet:

„Natürlich erkläre man, dass natürliche Familienplanung erst von  Erwachsenen in der Ehe gelebt werden könne. „Wir stellen unbequeme Fragen und zeigen die Nebenwirkungen der Pille auf, das tut sonst keiner.“ Diese Behauptung sei absurd, sagt Gynäkologe Christian Fiala. Die Pille sei das am besten erforschte Medikament überhaupt. „Vor jungen Menschen natürliche Familienplanung zu propagieren ist verantwortungslos.“ Fiala leitet die Gynmed-Ambulanz in Salzburg. (...) TeenSTAR lege den Jugendlichen nahe, Sexualität erst in der Ehe zu leben. Masturbation werde als Fehlschritt auf dem Weg zu einer hingebenden, empfangenden Sexualität gesehen. Homosexualität gelte als Identitätsproblem und Verirrung". Schwule unternähmen den vergeblichen Versuch, einen Mangel zu kompensieren. Die sexuelle Orientierung sei durch eine Kombination aus Therapie, Selbsthilfegruppen und Seelsorge veränderbar. "[4]

Diese besorgniserregenden Berichte stehen in krassem Widerspruch zum Grundsatzerlass Sexualpädagogik (2015). Dort werden als Ziele der schulischen Sexualpädagogik unter anderem „Positive pädagogische Haltung gegenüber sexueller Entwicklung“, Sexualpädagogik als Unterstützung der Persönlichkeitsentwicklung und die „Förderung der Ausdrucks- und Auseinandersetzungsfähigkeit“ genannt.[5] Als konkretes Ziel von Sexualpädagogik wird dabei u.a. festgeschrieben:

„Sie soll einen positiven Zugang zur menschlichen Sexualität darstellen und eine positive Grundhaltung sich selbst gegenüber sowie das eigene Wohlbefinden befördern. Sie soll sich am Prinzip der Gleichstellung der Geschlechter sowie der Vielfalt der Lebensformen (z.B. sexuelle Orientierung, Geschlechteridentitäten) orientieren (...). "[6]

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

Anfrage:

1.    Ist Ihnen bzw. dem Bundesministerium der Verein TeenSTAR bekannt?

a.    Gab es in der Vergangenheit Kooperationen bzw. Kontakt seitens des Vereins mit dem Bundesministerium oder untergeordneten Stellen?

b.    Liegen dem Bundesministerium Schulungsunterlagen etc. des Vereins vor? Wenn ja, welche Unterlagen genau?

c.    Gibt es seitens des Bundesministeriums oder in nachgelagerten Dienststellen Kontrollen oder Vorgaben für Unterrichtsmaterialien, die gerade im Bereich Sexualpädagogik verwendet werden? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

2.    Gab es seitens des Bundesministeriums, in nachgelagerten Dienststellen oder anderer Stellen des Bundes in den vergangenen 15 Jahren Förderungen, Subventionen o.ä. an den Verein TeenSTAR? Wenn ja, in welcher Höhe (aufgeschlüsselt nach Jahren)?

a.    Gab es seitens der Bundesländer Förderungen, Subventionen o.ä. an den Verein TeenSTAR? Wenn ja, in welcher Höhe (aufgeschlüsselt nach Jahren)?

3.    Bewerten Sie die beschriebenen Berichte über die Lehrinhalte des Vereins als Verstoß gegen den Grundsatzerlass Sexualpädagogik? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.

4.    Werden Sie Konsequenzen ziehen, um im Fall des Vereins TeenSTAR eine Einhaltung der Richtlinien des Grundsatzerlasses sicherzustellen? Wenn ja, welche Konsequenzen sind das in Hinblick auf die Stellen des Bundes und der Länder? Wenn nein, warum nicht?

a.    Gibt es in Zusammenarbeit mit den Lanesschulräten bzw. Bildungsdirektionen Mechanismen, um auf solche Fälle zu reagieren? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

5.    Wie kontrolliert Ihr Ministerium die Inhalte externer Anbieter im Bereich Sexualpädagogik hinsichtlich Ihrer Übereinstimmung mit den Richtlinien des Grundsatzerlasses Sexualpädagogik?

a.    Welche Maßnahmen zur Qualitätssicherung gibt es? Wie werden diese evaluiert? Welche Stelle ist zuständig?

b.    Falls das Bundesministerium über die verschiedenen externen Anbieter keinen Überblick hat, welche Stelle ist dafür zuständig?

c.    Sind Ihnen externe Anbieter für sexualpädagogische Schulungen, Workshops etc. in Schulen bekannt, mit denen es in den vergangenen Jahren Probleme hinsichtlich der Einhaltung des Grundsatzerlasses gab? Wenn ja welche?

6.    Welche Vereine oder Organisationen werden von Bundesstellen oder nachgelagerten Dienststellen gefördert, die als externe sexualpädagogische Anbieter in Schulen auftreten und wie werden diese gefördert? (aufgeschlüsselt nach Jahren seit 2015)



[1] Salzburger Nachrichten, 30. Juni 2018; WOCHENENDE, Seite 11

[2] ebd.

[3] ebd.

[4] Salzburger Nachrichten, 30. Juni 2018; WOCHENENDE, Seite 11

[5] Grundsatzerlasse Sexualpädagogik, 2015; Seite 3 ff.

[6] Ebd., Seite 2