1446/J XXVI. GP

Eingelangt am 12.07.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Petra Bayr, Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Andritz AG

 

Die österreichische Andritz AG ist weltweit in unterschiedlichen Geschäftsfeldern tätig. Vor allem die Projekte des Tochterunternehmens Andritz Hydro GmbH, welche Ausrüstung für Wasserkraftwerke liefern, gerät immer wieder in die Kritik, sich an Projekten mit negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu beteiligen. Unter anderem betrifft dies die Staudammprojekte Ilisu in der Türkei, UHE Belo Monte in Brasilien und Xayaburi in Laos, die aufgrund von problematischen Umsiedlungsmaßnahmen, Gefährdung von Menschenrechten, Verletzung von indigenen Rechten sowie massivem Eingriff in die dortigen Ökosysteme auch schon hier in Österreich im Hohen Haus debattiert wurden.

Gleichzeitig wurden und werden für die Projekte der Andritz AG Haftungen des Bundes gemäß Ausfuhrfördergesetz für Exporte übernommen. In den Jahren 2008 bis 2012 betrugen diese rund 1,7 Milliarden Euro. (siehe Anfragebeantwortung 122294/AB XXIV.GP) Bereits im Dezember 2013 nahm der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (wsk Rechte) zu den oben beschriebenen Zusammenhängen wie folgt Stellung (frei übersetzt - Original in der Fußnote[1]) - ICESCR Concluding Observations, (E/C.12/AUT/CO/4):

In seinen abschließenden Empfehlungen äußerte sich der UN-Ausschuss für wsk Rechte besorgt über die fehlende Aufsicht über im Ausland tätige österreichische Unternehmen. Er fordert Österreich auf, sicherzustellen, dass alle wsk Rechte respektiert und die Träger dieser Rechte im Rahmen von Unternehmensaktivitäten angemessen geschützt werden. Dies beinhaltet auch, geeignete Gesetze und Verordnungen gemeinsam mit Überwachungs-, Untersuchungs- und Haftungsverfahren zu erlassen, die Verhaltensstandards für Unternehmen festzulegen und deren Durchsetzung zu ermöglichen.

Es ist fraglich, ob eine solche fortlaufende Unterstützung eines österreichischen Unternehmens durch Exporthaftungen des Bundes angesichts nachgewiesener Umwelt- und Menschenrechtsproblematiken in Projekten vertretbar ist. (Dies ist als Beispiel insbesondere beim IIisu-Projekt der Fall gewesen, wo die österreichische Regierung genau aus diesen Gründen die Exporthaftungen des BMF via die OeKB 2009 zurückzog, Andritz Hydro GmbH aber dennoch mittels nachträglich abgeschlossener privater Exportversicherung im Projekt bis zum heutigen Tag verblieb).

Angesichts der 2019 bevorstehenden Folge-Berichterstattung Österreichs an den UN­Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICECSR) ist die Frage nach Österreichs extraterritorialen Verpflichtungen auch hinsichtlich der Auslandsaktivitäten österreichischer Unternehmen von besonderer Relevanz.

Zwischen 2014 und 2017 fand ein Beschwerde- und Mediationsverfahren beim österreichischen OECD Nationalen Kontaktpunkt (BMDG) zum Staudamm Xayaburi in Laos statt. Auch hier waren die Umwelt- und Menschenrechtsproblematik des Projekts das Hauptthema.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Finanzen folgende

Anfrage:

1.    Für welche Projekte der Andritz AG wurden insgesamt und aufgeschlüsselt nach Zielländern und Projekten von 06.07.2012 bis einschließlich 30.06.2018 Haftungen im Rahmen des Ausfuhrförderungsgesetzes übernommen?

2.    In welcher Höhe wurden insgesamt und nach Zielländern aufgeschlüsselt von
06.07.2012
bis einschließlich 30.06.2018. Haftungen im Rahmen des Ausfuhrförderungsgesetzes für die Andritz AG übernommen? Bitte um Auflistung ab 1 Million Euro.

3.    In welcher Höhe wurden insgesamt sowie nach Haftungsarten aufgeschlüsselt von
06.07.2012
bis einschließlich 30.06.2018 Haftungen im Rahmen des Ausfuhrförderungsgesetzes für die Andritz AG übernommen? Bitte um Auflistung ab 1 Million Euro.

4.    Gab es seit 06.07.2012 bis einschließlich 30.06.2018 eine Inanspruchnahme der Haftungen im Rahmen des Ausfuhrförderungsgesetzes seitens der Andritz-Gruppe aufgrund eines Schadenfalls?

a.     Wenn ja, in welcher Höhe?

b.     Wenn ja, für welches Projekt/welche Projekte?

5.    Welche Projekte der Andritz AG, für die seit 06.07.2012 bis einschließlich 30.06.2018 Haftungen im Rahmen des Ausfuhrförderungsgesetzes übernommen wurden, sind laut OECD Common Approaches und des OeKB Umweltprüfverfahrens als Projekte der Umweltkategorie A , welche der Umweltkategorie B einzustufen? Bitte um Auflistung nach Ländern.


6.    Zu welchem Zeitpunkt im Projektablauf werden Projekte der Kategorie A und B veröffentlicht?

7.    Gibt es seitens der OeKB oder des BMF für diese Projekte während des Umsetzungszeitraums ein Monitoring, das die Einhaltung der OECD Common Approaches und der OeKB Umwelt- und Sozialstandards beobachtet?

a.   Wenn ja, wie sieht dieses aus?

b.   Wenn nein, warum nicht?

8.    Liegen derzeit (mit Stichtag 30.06.2018) Anträge der Andritz AG auf Übernahme einer Bundeshaftung der OeKB bzw. dem Ausfuhrförderungs-Beirat vor?

       a. Wenn ja, um welche Projektanträge in welcher Höhe handelt es sich?

9.    Wieviel Prozent der Gesamthaftungen, welche die Republik im Rahmen des Ausfuhrfördergesetzes übernommen hat, haben die Haftungen für die Andritz AG in den letzten fünf Jahren ausgemacht?

10.  Welche Schritte hat Ihr Ressort seit Aussprache der Empfehlungen UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte unternommen, um diese umzusetzen?

11.  Welche Schritte plant ihr Ressort bis zur nächsten WSK Prüfung 2019 zu unternehmen, um den Empfehlungen aus dem Jahr 2013 nachzukommen?

12.  Sind Ihrem Ressort die zu erwartenden und bereits eingetretenen Menschenrechtsverletzungen im Zuge der Errichtung des Staudammes Xayaburi in Laos und entlang des Mekongs bekannt?

13.  Welche Maßnahmen zieht Ihr Ressort aus dem Mediationsverfahren beim Nationalen Kontaktpunkt zu den OECD Leitsätzen für multinationale Unternehmen, das die Firma Andritz Hydro GmbH und Finance & Trade Watch zu dem Staudamm in Xayaburi/Laos geführt haben? Mehr Informationen unter:
https://www.bmdw.gv.at/Aussenwirtschaft/investitionspolitik/Seiten/Beschwerdefall-Staudamm-Xavaburi_Laos.aspx)

14.  Welche Maßnahmen sieht Ihr Ressort angebracht, um die Einhaltung der Menschenrechte und der internationalen Umweltstandards im Fall Xayaburi sicherzustellen?



[1] ,,12.The Committee is concerned at the lack of oversight over Austrian companies operating abroad with regard to the negative impact of their activities on the enjoyment of economic, social and cultural rights in host countries (art.2).

The Committee urges the State party to ensure that all economic, social and cultural rights are fully respected and rights holders adequately protected in the context of corporate activities, including by establishing appropriate laws and regulations, together with monitoring, investigation and accountability procedures to set and enforce standards for the performance of corporations, as underlined in the Committee's statement on the obligations of States parties regarding the corporate sector and economic, social and cultural rights.“

http://docstore.ohchr.org/SelfServices/FilesHandler.ashx?enc=4slQ6QSmlBEDzFEovLCuW9RFfyUI9z %2bWiZSaFYknZJM9f7mKRfwhsR3yHiSPykkHfXXRXhVFvpG8yoeqQBAReXITOQtz7VRbSHegEFO cXYSMG2t7AULQ4z%2bp86ic9mXc letzter Zugriff am 9. Juli 2018.