1453/J XXVI. GP

Eingelangt am 18.07.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

Der Abgeordneten Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen,

an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung

betreffend Besuch einer Überraschungsdelegation des Bildungsministeriums.

In den Tageszeitungen Kurier vom 11 .Juli 2018[1] und Der Standard vom 10. Juli 2018[2] wurde über einen Besuch von MitarbeiterInnen des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung bei Direktorin Mag.a Ilse Rollett in der AHS Rahlgasse in Wien berichtet.

Die Direktorin hatte im Vorfeld beim Thema Deutschförderklassen, die ab Herbst 2018 eingerichtet werden sollen, Kritik kundgetan. So wie viele weitere Praktikerinnen und Praktiker aus dem Schulsystem hat sie angemerkt, dass die Einführung der Deutschförderklassen zu rasch erfolgt und dies die Schulleiterinnen und Schulleiter vor große organisatorische Herausforderungen stellt. Weiters werden mit dem Gesetz schulautonome Gestaltungsspielräume beschnitten und bereits bestehende gut funktionierende Maßnahmen zur Sprachförderung ohne Evaluierung beendet.

Kritik wird von Seite des Bundesministeriums offenbar nicht goutiert und es werden Maßnahmen ergriffen, die Personen unter Druck setzen, frei ihre Meinung zu äußern. Dies ist unter anderem auch im Der Standard Artikel zu lesen:

„Am letzten Schultag vor den Sommerferien erhielt Rollet unangekündigt Besuch von drei Ministeriumsvertretern: Fünf vor acht seien Markus Benesch, Kabinettschef von Bildungsminister Heinz Faßmann, sowie der stellvertretende Generalsekretär Martin Netzer und eine weitere Ministeriumsmitarbeiterin samt der zuständigen Schulinspektorin vor der Tür gestanden, um ihr recht deutlich klarzumachen, dass Gesetze einzuhalten seien."[3]

Die Direktorin hat das als Einschüchterung verstanden. Von Seite des Bundesministeriums wird das dementiert und gleichzeitig erläutert:

„Wenn wir die Frau Direktor hätten einschüchtern wollen, hätten wir ein Disziplinarverfahren eingeleitet.“ Man werte ihre Aussage nämlich als „Aufforderung zum Gesetzesbruch“. Ob Rollett überhaupt über die nötige Zahl an außerordentlichen Schülern verfüge, sei dafür irrelevant. Netzer glaubt, es handle sich bei ihrer Ankündigung um „Beamtenwillkür oder sogar Amtsmissbrauch“. Trotzdem werde man kein Verfahren einleiten - „obwohl es möglich oder vielleicht sogar notwendig wäre."[4]


Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

Anfrage:

1.    Waren Sie, Herr Bundesminister, im Vorfeld darüber informiert, dass MitarbeiterInnen ihres Büros und der stellvertretende Generalsekretär diesen Termin machen werden?

a.    Wenn ja, haben Sie selbst den Auftrag gegeben?

b.    Wenn ja, waren die Inhalte vorab mit Ihnen abgesprochen, bzw. mit welchem inhaltlichen Auftrag wird der Termin begründet?

c.    Wenn ja, wer schilderte Ihnen die von Frau Direktor Rollett getätigten Aussagen? Was haben Sie unternommen, um eine objektive Einschätzung über die getätigten Aussagen treffen zu können?

d.    Wenn nein, wie begründen Sie diese Vorgehensweise und wer war der Verantwortliche?

e.    Wurde die Schulaufsicht zeitgerecht und nicht erst wenige Stunden zuvor informiert?

2.    Was war Ziel dieses Besuches?

3.    Wurde Frau Direktorin Rollett im Vorfeld telefonisch kontaktiert und über den Besuch informiert?

4.    Warum wurde vorab kein Termin mit Direktorin Rollett vereinbart, um die von ihr getätigten Aussagen im Rahmen eines Termins zu besprechen?

5.    Wurden die Aussagen von Direktorin Rollett als Aufruf zum Gesetzesbruch verstanden? Wenn diese Aussagen zum Aufruf zum Gesetzesbruch verstanden wurde, welcher genaue Wortlaut beziehungsweise welche Aussage von Direktorin Rollett lässt diesen Schluss zu?

6.    In den vergangenen Wochen wurde öffentlich immer wieder Kritik von ExpertInnen, LehrerInnen und anderen Stakeholdern getätigt. Gab es von Seite Ihres Ministeriums und/oder Ihres Kabinetts weitere Besuche bei diesen Kritikerlnnen und in diesen Schulen?

a.    Wenn ja, wer war der Auftraggeber?

b.    Mit welchem Ziel und mit welchem Inhalt?

c.    Wurde die Schulaufsicht im Vorfeld informiert?

7.   Zeitungsberichten zu Folge vertritt das Bildungsministerium die Ansicht, dass auf Grund der von Direktorin Rollett getätigten Aussagen ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden könnte.

a.    Ist die Klarstellung und Aussprache mit Direktorin Rollett als Verwarnung im dienstrechtlichen Sinne zu verstehen?

b.    Welchen Sinn und welches Ziel hat eine Verwarnung laut Rechtsauffassung des Bildungsministeriums?

c.    Wie unterscheidet sich eine Verwarnung zu einer Androhung weiterer dienstrechtlicher Konsequenzen?

8.    Darf ihr Kabinettschef Markus Benesch nach Ansicht des Bildungsministeriums als schulfremde Person jederzeit jede Bundesschule unangekündigt betreten?


a.    Warum hat ihr Kabinettschef den Besuch durchgeführt und nicht eine für diesen Bereich zuständige Bedienstete oder zuständiger Bediensteter des Bildungsministeriums?

b.    Warum hat der stellvertretende Generalsekretär den Besuch gemeinsam mit ihm durchgeführt?

9.    Wo ziehen Sie als Bildungsminister die Grenze zwischen der freien Meinungsäußerung von Bediensteten des Bildungsministeriums und Äußerungen, die Bestimmungen laut §43 Beamtendienstrechts-Gesetz bzw. §5 des Vertragsbedienstetengesetzes verletzen?

a.    Bitte nennen Sie Beispiele zur Veranschaulichung dieser Grenzziehung.

b.    Welche Maßnahmen treffen Sie, um sicher zu stellen, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung - auch von LehrerInnen und DirektorInnen - geschützt wird?

 

 

 

 


 



[1] https://kurier.at/politik/inland/spitzenbeamte-des-ministeriums-setzten-direktorin-unter-druck/400064648

[2] https://derstandard.at/2000083215589/Deutschfoerderklassen-Direktorin-will-sich-nicht-einschuechtern-lassen

[3] Ebd.

[4] Ebd.