1466/J XXVI. GP

Eingelangt am 20.07.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Steuerbetrug durch Cum-Ex-Geschäfte

BEGRÜNDUNG

Die Cum-Ex-Deals rund um den Dividendenstichtag bei Aktiengeschäften sind einer der größten Finanzskandale in Deutschland. Bei den Cum-Ex-Deals wird eine nur einmal bezahlte Kapitalertragsteuer doppelt rückerstattet, obwohl der Rückerstattungsanspruch tatsächlich nur einmal besteht. Cum-Ex-Deals gab es nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich.

Mehrere parlamentarische Anfragen ergaben allerdings nur ein äußerst lückenhaftes Bild der Situation in Österreich. Der am 13.07.2018 veröffentlichte Bericht des Rechnungshofes (III- 165 d.B.) zu Kapitalertragsteuer-Erstattungen nach Dividendenausschüttungen, der ebenfalls von dem Abgeordneten Bruno Rossmann initiiert wurde, brachte einige interessante Details ans Licht, wirft aber auch neue Fragen auf.

Unter anderem kommt der Rechnungshof zu dem Schluss, dass obwohl die Schadenssumme nicht ermittelbar ist, aufgrund von Einzelbeispielen dennoch klar beweisbar ist, dass es sehr wohl zu einem Schaden für Österreich kam. Er macht auch auf bewusst in Kauf genommene Risikofaktoren wie eine personelle Unterbesetzung sowie veraltete IT-Ausstattung aufmerksam, deren Behebung erst zehn Jahre später in Angriff genommen wurde. Bei der Zusammensetzung der Rückerstattungen (über 20 Prozent in die Vereinigten Arabischen Emirate) eröffnen sich ebenso neue Fragen wie bei der Feststellung des Rechnungshofs, dass der vom BMF proklamierte Zahlungsstopp nie stattgefunden hat.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.    Können Sie mittlerweile den nach aktuellem Stand für Österreich entstandenen Gesamtschaden durch Steuerbetrug bei Cum-Ex-Geschäften einschätzen?

a.    Wenn ja, auf welcher Datengrundlage basiert diese Schätzung?

b.    Wenn nein, was sind die genauen Gründe, dass eine derartige Schätzung nicht möglich ist?

Der Rechnungshof stellt in seinem Bericht fest, dass eine Quantifizierung des tatsächlich entstandenen Gesamtschadens „mangels vorhandener Daten und Informationen“ nicht möglich sei.

2.    Halten Sie diesen Umstand für problematisch?

a.    Wenn nein, weshalb nicht?

b.    Wenn ja, welche Maßnahmen haben Sie gesetzt oder werden Sie setzen, um für volle Transparenz in Bezug auf die Schadenshöhe zu sorgen?

3.    Welche Möglichkeiten gibt es Ihrer Ansicht nach, um die nötigen Daten und Informationen zukünftig zur Verfügung zu haben?

a.   Welche davon halten Sie für angemessen, welche für „weder notwendig noch zweckmäßig" - wie im RH-Bericht zur laufenden Überprüfung von Transaktionen zitiert - und weshalb?

4.    Warum hat das BMF in früheren Aussendungen behauptet, es wäre „mit hoher Gewissheit" zum keinem Schaden gekommen?

a.  Auf welcher Grundlage basierten diese Aussagen und welche Informationen haben Sie in der Zwischenzeit hinzugewonnen, die diese Aussage revidieren?

5.    Welche (legistische) Maßnahmen planen Sie, um Steuerbetrug durch Cum-Ex- Geschäfte zukünftig zu vermeiden?

a.   Falls keine, sind Sie, wie im RH-Bericht angedeutet, der Meinung, die Gesetzeslage in Österreich wäre ausreichend?

6.    Wie beurteilen Sie die vom RH vorgeschlagenen Maßnahmen zu besonderen Nachweispflichten und einer Mindesthaltedauer, die auch in Deutschland bereits umgesetzt sind?

7.    Planen Sie, diese Maßnahmen auch in Österreich umzusetzen?

a.    Wenn nein, weshalb nicht?

8.    Wie konnte es dazu kommen, dass vom BMF öffentlich kommuniziert wurde, es wäre mit Beginn des zweiten Halbjahres 2013 ein Auszahlungsstopp verhängt worden, obwohl der RH eindeutig feststellt, dass dies niemals der Fall war?

a.    Warum wurde diese Aussage erst gegenüber dem RH relativiert, nicht aber in den Beantwortungen der parlamentarischen Anfragen (siehe 8766/AB)?

9.    Warum wurden bereits frühzeitig erkannte Risikofaktoren (teilweise seit 2006), die zu Mehrfacherstattungen führen konnten, jahrelang nicht behoben?

a.    Warum fanden trotz offensichtlich unzureichender Personalausstattung keine quantitativen und qualitativen Aufstockungen statt?

b.    Warum wurde ein veraltetes und als Insellösung konzipiertes IT-Verfahren jahrelang aufrechterhalten, statt es auf den neuesten Stand zu heben?

Laut RH-Bericht werden als Gründe für diese Verfehlungen vor allem budgetäre Restriktionen genannt.

10. Wurden diese jemals in einer risikobasierten Analyse dem Gesamtvolumen von über 1 Mrd. EUR an Rückerstattungen zwischen 2001 und 2016 gegenübergestellt?

a.    Wenn ja, warum hat man sich dennoch entschieden, bei diesen Risikofaktoren zu sparen?

b.    Wenn nein, wieso nicht?

Der RH-Bericht bringt auch in der Zusammensetzung der Rückerstattungen alarmierende Umstände zu Tage. So zeigt er beispielsweise auf, dass über 20 Prozent davon im überprüften Zeitraum in die Vereinigten Arabischen Emirate flossen, wo das Doppelbesteuerungsabkommen eine Kapitalertragsteuer-Erstattung in vollem Umfang vorsieht. Ein derartiges Abkommen stelle laut RH „ein erhöhtes Missbrauchsrisiko“ dar.

11. Wie beurteilen Sie diesen Umstand?

12. Wann war dem BMF diese Auffälligkeit zum ersten Mal bekannt?

13. Hat das BMF nach Bekanntwerden dieses extrem großen Anteils in besonderer Weise reagiert?

a.    Wenn ja, in welcher Weise?

b.    Wenn nein, warum nicht?

In früheren Anfragebeantwortungen ist die Rede von einem anhängigen Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Betrugs nach dem Strafgesetzbuch sowie der Abgabenhinterziehung und des Abgabenbetrugs nach dem Finanzstrafgesetz. Es geht um Rückerstattungsbeträge in der Höhe von ca. 22,5 Mio. EUR, diese wurden allerdings nie ausbezahlt. Laut dem RH-Bericht ist dieses Verfahren noch immer nicht abgeschlossen. In weiteren vier Fällen wurden zudem Auszahlungen in Höhe von ca. 15,7 Mio. EUR verhindert. Darüber hinaus seien 168 Fälle aufgerollt und in Prüfung genommen worden.

14. Ist besagtes Verfahren mittlerweile bereits abgeschlossen?

a.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b.    Wenn nein, wie ist der Stand des Verfahrens?

15. Sind inzwischen nach Ihrem Kenntnisstand weitere Strafverfahren im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften rund um den Dividendenstichtag von börsennotierten Unternehmen anhängig?

a.    Wenn ja, wie viele Verfahren und bei welchen Staatsanwaltschaften bzw. Gerichten?

b.    Wenn ja, in wie vielen der Fälle wurden Rückerstattungen in welcher Höhe ausbezahlt? (Bitte um getrennte Darstellung je Verfahren.)

c.     Wenn ja, in wie vielen der Fälle konnten Auszahlungen von Rückerstattungen in welcher Höhe verhindert werden? (Bitte um getrennte Darstellung je Verfahren.)

16. Kam es dabei im Zuge der neu aufgerollten Fälle zu weiteren Verfahren bzw. Erkenntnissen?

a.   Wenn ja, welche Erkenntnisse und wie viele Verfahren?