1501/J XXVI. GP

Eingelangt am 08.08.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Josef Muchitsch, Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

betreffend Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping - Errichtung einer Europäischen Arbeitsmarktbehörde

Lohn- und Sozialdumping steht in Europa noch immer an der Tagesordnung. Österreich ist davon besonders stark betroffen. Auf EU-Ebene wurde nun endlich die Überarbeitung der Entsenderichtlinie beschlossen. Zusätzlich zu strengeren Regeln braucht es eine funktionierende grenzüberschreitende Kontrolle bei Arbeits- und Sozialvorschriften, um Ausbeutung von Beschäftigten zu verhindern.

Österreich ist Zielland von Entsendungen, gleichzeitig steigt Lohn- und Sozialbetrug bei Entsendefirmen. Im Vorjahr kamen im 300.000 EU-Arbeitskräfte per Entsendung nach Österreich. Parallel dazu ist der Sozialbetrug durch neue betrügerische Praktiken gestiegen. Umso wichtiger ist es, das Prinzip "gleiches Entgelt am gleichen Ort für gleiche Arbeit" in allen EU-Staaten umzusetzen.

Kontrollen der österreichischen Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) belegen die Problematik: Bei Kontrollen im ersten Halbjahr 2017 gab es bei 0,9 Prozent der ArbeitnehmerInnen von österreichischen Betrieben Verdachtsfälle auf Unterbezahlung, bei Entsendebetrieben mit einem Firmensitz in anderen EU-Staaten, die ihre Beschäftigten nach Österreich entsenden, hingegen in 44 Prozent der Fälle.

Aber damit nicht genug: Das Problem der Scheinentsendungen und der fehlenden Sanktionsmöglichkeiten bei grenzüberschreitenden Sachverhalten wird immer wieder in Österreichs Grenzregionen deutlich. Im Burgenland wurden im Vorjahr Strafen in Höhe von einer Million Euro von ungarischen Unternehmen eingefordert, davon konnten aber nur 2.000 Euro tatsächlich eingetrieben werden. Genau aus diesem Grund muss die grenzüberschreitende Kontrolle sowie der grenzüberschreitende Vollzug von Verwaltungs­- und Strafverfahren lückenlos sichergestellt werden, indem die nationalen Behörden in den Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit verpflichtet werden.

Bei der Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping ist noch einiges zu tun. Konkrete Maßnahmen wie die Schaffung einer Europäischen Arbeitsbehörde müssen in naher Zukunft dringend gesetzt werden, um Lohn- und Sozialdumping effektiv zu bekämpfen.

Die Europäische Kommission stellte am 13. März 2018 entsprechend der Ankündigung von Präsident Juncker in seiner Rede zur Lage der Union 2017 und im Rahmen des Paketes für soziale Gerechtigkeit, die Europäische Arbeitsschutzbehörde vor. Die Europäische Arbeitsbehörde soll den Bürgerinnen und Bürgern und den nationalen Regierungen helfen, eine faire Arbeitskräftemobilität zu gewährleisten.

Die schriftliche Information Ihres Ressorts gemäߧ 6 EU-lnfoG, die im Zuge des EU­Unterausschusses am 22. Mai dem Parlament übermittelt wurde, lässt eine eher positive

Herangehensweise vermuten: „Grundsätzlich sehen wir Bemühungen, die die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden im Hinblick auf die wirksame Durchsetzung von Unionsrecht erleichtern, positiv - auch um den Binnenmarkt zu stärken".

Ihrer Anfragebeantwortung (704/AB) vom 19.6.2018 nach, die zu einem späteren Zeitpunkt dem Parlament zugegangen ist als die oben zitierte schriftliche Information, ist diesbezüglich skeptischer. Darin heißt es. „Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz steht dem Ziel des Vorschlags der Europäischen Kommission zur Einrichtung einer Europäischen Arbeitsbehörde mit Vorbehalt gegenüber".

In vergangenen Ausschuss- bzw. Plenarsitzungen erörterten Sie immer wieder, dass Sie dem Vorschlag skeptisch gegenüberstehen. Bisherige SPÖ Anträge zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping in Europa, die eine Forcierung der Arbeitsmarktbehörde forderten, wurden in verschiedenen Ausschüssen von den Regierungsfraktionen vertagt oder gar abgelehnt.

Bei der Vorstellung des Vorsitzprogrammes im Ausschuss für Beschäftigung und Soziale Angelegenheiten im Europäischen Parlament merkten Sie an, dass der Gesetzesvorschlag derzeit "sehr unklar oberflächlich formuliert sei und daher die Aufgaben der "Riesenbehörde" noch wesentlich genauer und detaillierter klargelegt werden müssten. Doppelgleisigkeiten mit anderen Behörden seien jedenfalls zu vermeiden. Ziel müsse sein, dass die Arbeitsbehörde einen eindeutigen Mehrwert und Nutzen für alle ergebe". Diese jüngste Aussage lässt hoffen, dass die Bundesregierung nun doch endlich dazu übergegangen ist, sich mit den SPÖ Forderungen nach der Etablierung einer solchen Behörde zu befassen und diese nicht mehr strikt ablehnt.

Aufgrund der bisher nicht eindeutigen Positionierung Ihres Ressorts und der knappen Beantwortung der bereits eingegangenen schriftlichen Anfrage, stellen die unterfertigten Abgeordneten erneut folgende

Anfrage

Position der Bundesregierung:

1.      Wie lautet die Position Ihres Ressorts zum genannten Vorschlag insgesamt und zu dessen wesentlichsten Bestimmungen?

2.       Gibt es eine einheitliche Position der Bundesregierung zu diesem Kommissionsvorschlag?

a.      Wenn ja, wie lautet diese?

b.      Wenn nein, warum nicht und wann ist damit zu rechnen?

3.       Bezugnehmend auf die Anfragebeantwortung 704/AB, welche Vorbehalte hat Ihr Ressort gegen den Vorschlag? (Bitte um Aufzählung und Begründung)

4.       Bezugnehmend auf Ihre Aussage im Europäischen Parlament, bezüglich der „Riesenbehörde", wie viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen soll diese Behörde laut Kommissionsvorschlag haben und welche budgetären Mittel sind laut Kommissionsvorschlag dafür bereitzustellen?

Ratsvorsitz:

5.      Wird dieses offene Dossier eine Priorität des österreichischen Vorsitzes sein?

a.      Wenn nein, dann warum nicht?

6.       In wie vielen Sitzungen des Rates stand die Europäische Arbeitsbehörde schon auf der Tagesordnung? (bitte um Aufzählung und Angabe des Datums)

7.       Wie haben sich die anderen Mitgliedstaaten zu den Inhalten des Kommissionsvorschlages positioniert?

8.       Wird dieses Dossiers während des österreichischen Vorsitzes abgeschlossen werden?

a.       Wenn nein, weshalb nicht?

Sitz der Behörde:

9.       Werden Sie sich dafür einsetzen, dass diese Arbeitsmarktbehörde ihren Sitz in Österreich haben wird?

a.       Falls nein, warum nicht?

b.      Falls ja, in welcher Form?

10.   Welche Mitgliedstaaten haben bereits Interesse am Sitz der Arbeitsbehörde in ihrem Land bekundet?

11.  Welche Maßnahmen wird Ihr Ressort setzen, um Österreich als Sitz der Behörde in Stellung zu bringen?

12.   Wann rechnen Sie mit einer Entscheidung über den Sitz der Behörde?

13.   Gab es bezüglich der Ansiedelung der Behörde in Österreich schon Gespräche mit dem Bundeskanzler bzw. sind in naher Zukunft welche geplant?

Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping:

14.   Welche Maßnahmen plant Ihr Ressort, um in naher Zukunft Lohn- und Sozialdumping österreich- und europaweit zu bekämpfen?

15.   Wird der Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping einen Schwerpunkt des österreichischen Ratsvorsitzes einnehmen?

a.      Wenn nein, weshalb nicht?

b.     Wenn ja, worin wird sich das manifestieren und welche Maßnahmen sind konkret geplant?

16.   Werden Sie sich im Rahmen des Vorsitzes für eine rasche EU-weite Implementierung des elektronischen Systems zum Austausch von Informationen betreffend die Sozialversicherung (ESSI) einsetzen?

a. Wenn nein, warum nicht?

17.   Um Lohndumping effektiv zu bekämpfen, ist es entscheidend, dass bei Entsendungen zwingend der Anspruchslohn als Grundlage für die Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge herangezogen wird.

Werden Sie sich für diese Forderung einsetzen?

a. Wenn nein, warum nicht?

18.   Welche wirksamen Maßnahmen zur Bekämpfung von Briefkastenfirmen, Scheinselbstständigkeit sowie Durchsetzung der Kabotage-Regelungen im Straßenverkehr werden Sie im Rahmen des Vorsitzes in die Gespräche einbringen?

19.   Werden Sie sich in diesem Zusammenhang für die verbindliche und einheitliche Mitführung fälschungssicherer Frachtdokumente auch in elektronischer Form einsetzen?

a.      Wenn nein, warum nicht?

b.      Wenn ja, in welcher Form?

20.   Generell müssen die Rechte der ArbeitnehmerInnen in vielen Bereichen in Gestalt EU­weiter Mindeststandards gestärkt werden.

Werden Sie sich für Maßnahmen

a.      zum Schutz der ArbeitnehmerInnen vor mobilitätshemmenden und unfairen Vertragsklauseln,

b.      bei Entgeltfortzahlung bei Krankheit,

c.       bei der Pflege naher Angehöriger und sonstigen wichtigen Dienstverhinderungsgründen,

d.      zur effektiven Sanktionierung von Diskriminierungen am Arbeitsplatz oder

e.      zur Verpflichtung für ArbeitgeberInnen zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung einsetzen?

f.       Wenn nein, warum nicht?

g.      Wenn ja, in welcher Form?


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Unterstützungen der beigedruckten Anfrage „Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping - Errichtung einer Europäischen Arbeitsmarktbehörde"