1530/J XXVI. GP

Eingelangt am 20.08.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus
betreffend „Tempo 140"

Begründung

Seit 1.8.2018 gilt auf 120 Kilometern der A1 Westautobahn Tempo 140. Die Erhöhung der erlaubten Maximalgeschwindigkeit auf Teilstrecken in Oberösterreich und Niederösterreich sorgt für heftige Debatten. Zahlreichen Medien ist zu entnehmen, dass völlig unklar sei, welche Geschwindigkeitsüberschreitungen tatsächlich zu einer Ahndung führen. Unterschiedliche Toleranzgrenzen und Toleranzregelungen wegen möglicher Messfehler können zu einer straffreien Maximalgeschwindigkeit von bis zu 159 km/h führen, bestätigt indirekt etwa auch Oberösterreichs Verkehrslandesrat Günther Steinkellner (FPÖ) im Ö1-Morgenjournal.[1]

Die Regierung, die sich bei der Einhaltung der völkerrechtlichen Klimaziele von Paris völlig überfordert zeigt, ist vor allem konkrete Zahlen zur Umweltbelastung schuldig geblieben. Die Toleranzwerte bei Geschwindigkeitsmessungen führen im täglichen Verkehr auf Autobahnen bereits jetzt dazu, dass sehr häufig mit höherem Tempo als 130 km/h gefahren wird. Bei einer Erhöhung der erlaubten Geschwindigkeit wird es zu noch höheren real gefahrenen Geschwindigkeiten kommen, was zu exponentiell steigenden Abgasen führt. Österreich hat immer noch mit einem steigenden CO2-Ausstoß zu kämpfen. Die Emissionen des Verkehrs sind jetzt schon Klimakiller und im Verkehr wäre die größte Hebelwirkung für den Kampf gegen den Klimawandel zu erzielen. Zwar hat die Bundesregierung es sich zum Ziel gemacht, die CO2-Emissionen des Verkehrs um ein Drittel zu reduzieren, der Verkehrsminister setzt trotzdem auf Tempoerhöhungen auf Autobahnen, die zu erhöhten Abgasen führen. Das hat nicht nur Auswirkungen auf das Klima, sondern belastet auch die Anrainer der betroffenen Autobahnabschnitte. Das Umweltbundesamt hat erhoben, dass die Partikel- und Stickoxidemissionen in diesen Geschwindigkeitsbereichen überproportional stark zunehmen. So hält das Umweltbundesamt fest: „Bei den Treibhausgasemissionen ist die Änderung von 100 auf 130 km/h etwa gleich hoch wie von 130 auf 140 km/h." Des Weiteren führt eine Tempoerhöhung von 130 auf 160 km/h zu einer Lärmzunahme, die in etwa einer Verdoppelung des PKW-Verkehrsaufkommens gleichzusetzen ist.[2] Außerdem sind Temporeduktionen ein probates Mittel, um den fließenden Verkehr aufrecht zu erhalten. Erhöhte Geschwindigkeiten führen im Gegensatz dazu zu vermehrten Bremsaktionen, was zu Staus und verstärkten Emissionen und Staubbelastungen führt.

Die Zeitersparnis beträgt pro Kilometer 2 Sekunden. Bei einer Strecke Wien - Salzburg wären das lächerliche 10 Minuten, vorausgesetzt, es könnte auf dieser Strecke konstant 140 km/h gefahren werden. Das Unfall- und Sterberisiko nimmt auf Straßen mit höheren Tempolimits dramatisch zu. Die Emissionen steigen überproportional, damit wenige Minuten gespart werden, die spätestens beim nächsten Stopp wieder verloren gehen.

Die unterfertigten Angeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.      Um wie viel Prozent erhöhen sich die Emissionen (NOx, PM10, C02) bei einer Erhöhung der Geschwindigkeit von 130 auf 140 km/h?

2.      Um wie viel Prozent erhöhen sich die Emissionen (NOx, PM10, C02) bei einer Erhöhung der (faktisch möglichen) Geschwindigkeit von 143 auf 159 km/h?

3.      Um wie viel Prozent erhöht sich der Lärm bei einer Erhöhung der Geschwindigkeit von 130 auf 140 km/h?

4.      Um wie viel Prozent erhöht sich der Lärm bei einer Erhöhung der (faktisch möglichen) Geschwindigkeit von 143 auf 159 km/h?

5.      Sind zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen für die Bereiche mit erhöhter Geschwindigkeitserlaubnis geplant?

a.       Wenn nein, weshalb nicht?

b.      Wenn ja, was werden diese Maßnahmen kosten?

6.      Um wie viel Prozent erhöht sich der Reifenabrieb bei einer Erhöhung der Geschwindigkeit von 130 auf 140 km/h?

7.      Um wie viel Prozent erhöht sich der Reifenabrieb bei einer Erhöhung der (faktisch möglichen) Geschwindigkeit von 143 auf 159 km/h?

8.      Welche Maßnahmen zur Vermeidung von Gesundheitsbelastungen bei Anrainern der Teststrecke, die mit erhöhten Stickoxidemissionen und einer verstärkten Feinstaubbelastung zu rechnen haben, wurden getroffen?

9.      Wurden vor Realisierung des Projekts Stellungnahmen von den Betroffenen eingeholt?

10.  Mit welchem erhöhten Emissionsausstoß (NOx, PM10, C02) ist bei den Teststrecken für den Zeitraum eines Jahres zu rechnen (bitte in absoluten Zahlen und in Prozent)?

11.  Die Bundesregierung möchte die C02-Emissionen des Verkehrs um ein Drittel senken. Welche Gesamtkompensationsmaßnahmen wurden gegen die erhöhten Emissionen durch Tempo 140 geschaffen, um das selbstgesteckte Ziel zu erreichen?

12.  Wurde vom Verkehrsministerium vor Realisierung des Projekts eine Stellungnahme Ihres Ministeriums eingeholt und wenn ja, wie lautete Ihre Stellungnahme dazu?

13.  Wurden zum Thema weitere Stellungnahmen bezogen auf Umweltbelastungen eingeholt?

14.  Welche Kosten für notwendige Umweltschutzmaßnahmen und Folgekosten entstehen durch das Projekt in Summe?



[1] Etwa https://orf.at/stories/2449117/2449118/ (abgefragt am 1.8.2018).

 

[2] http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/verkehr/fahrzeugtechnik/pkw/tempo/ (abgerufen am 1.8.2018).