1571/J XXVI. GP
Eingelangt am 30.08.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom
Original sind möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Kai Jan Krainer,
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend:
steuerpolitische Vorhaben im Rahmen des Österreichischen EU-Ratsvorsitzes
Sehr geehrter Herr Finanzminister!
Das zweite Halbjahr 2018 bietet für die Österreichische Politik eine exzellente Gelegenheit die drängendsten Fragen im internationalen Steuerrecht auf europäischer Ebene engagiert zu behandeln und zügig zu Lösungen zu kommen. Interessierte konnten bei der Lektüre des Programmes des österreichischen Ratsvorsitzes[1] erkennen, dass auch die aktuelle Bundesregierung einige wichtige Themenbereiche aufgreifen will. „Die öffentlichen Haushalte müssen vor schädlichem Steuerwettbewerb und Steuervermeidung geschützt, sowie faire Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen geschaffen werden.“[2]. Unter dem Titel “Ein gestärkter, stabiler Euroraum und ein faires, wirksames Steuersystem“[3] und der Überschrift „Verbesserung der Effizienz und Fairness in der Besteuerung“[4] stehen mehrere allgemein gehaltene Sätze, die allerdings noch mit konkreten Maßnahmen gefüllt werden müssten, um die Vorhaben Ihres Ressorts abschätzen zu können.
Am 11.07.2018 nahmen Sie an der Sitzung des „Committee on Economic and Monetary Affairs" (ECON) teil und erläuterten die Vorhaben der österreichischen Bundesregierung[5], allerdings konnten auch hier keine konkreten Maßnahmen herausgehört werden.
Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende
Anfrage:
(I) Zu Ihren Ausführungen im „Committee on Economic and Monetary Affairs" (ECON) am 11.7.2018[6]
1. Sie meinten sinngemäß, dass
Österreich sich anstrengen werde, dass im Bereich der Transparenz der
Steuersysteme die Basis innerhalb der Haushalte der EU-
Mitgliedstaaten gesichert werde und Maßnahmen gesetzt würden um
einen
schädlichen Steuerwettbewerb zwischen den Ländern hintanhalten zu
können.
a. Welche konkreten Anstrengungen bezüglich der Transparenz der Steuersysteme in der EU werden sie unternehmen (bitte um listenmäßige Darstellung der Einzelmaßnahmen)?
b. Welche konkreten Maßnahmen bezüglich der Vermeidung eines schädlichen Steuerwettbewerbes innerhalb der EU werden sie setzen (bitte um listenmäßige Darstellung der Einzelmaßnahmen)?
2. Sie meinten sinngemäß, dass es für
Österreich ein wichtiger Aspekt vor allem in Verbindung mit der
Globalisierung wäre bei der Entwicklung der neuen Technologien
eine Modernisierung der Steuervorschriften vorgenommen werden kann.
a. Welche konkreten Entwicklungen neuer Technologien meinten Sie?
b. Welche konkreten Steuervorschriften sollen modernisiert werden?
c. Wie sehen die dann modernisierten Steuervorschriften aus?
3. Sie meinten sinngemäß, dass ein zentrales Thema der österreichischen Ratspräsidentschaft die Besteuerung der digitalen Wirtschaft wäre, referenzierten auf den Kommissionsvorschlag vom März 2018 und erwähnten eine High-Level-Konferenz dazu in der ersten Juli Woche in Wien. Bis zum informellen Ecofin im September wollen Sie wesentliche Fortschritte erzielen.
a. Bitte um ergänzende Erläuterungen, wie sich das Thema Besteuerung der digitalen Wirtschaft gegenüber der vorigen Frage zur Modernisierung der Steuervorschriften bezüglich der Entwicklung neuer Technologien abgrenzt?
b. Wer waren die Teilnehmer der High-Level-Konferenz? Welche Detailfragen aus dem vorliegenden Kommissionsvorschlag wurden besprochen? Gab es Fortschritte, wenn ja: welche? In welchen Punkten konnte Einigung erzielt werden?
c. Welche konkreten wesentlichen Fortschritte wollen Sie bis zum Ecofin im September erreichen (bitte um listenmäßige Darstellung)?
4. Sie meinten sinngemäß, dass die Entwicklung einer
gemeinsamen
Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer eine wichtige
Priorisierung in der österreichischen Ratspräsidentschaft hätte,
und Österreich versuchen wolle eine möglichst breit definierte
Bemessungsgrundlage zu schaffen, damit es auch eine passende und wirksame
Grundlage für die Steuergerechtigkeit auf europäischer Ebene gibt.
a.
Wie sieht die aus Ihrer Sicht „möglichst
breit" definierte Bemessungsgrundlage
bei der gemeinsamen Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage aus?
b. Ist die Bemessungsgrundlage aus Ihrer Sicht weiter oder enger zu fassen als im vorliegenden Richtlinienvorschlag (bitte um Einzeldarstellung welche Positionen der Bemessungsgrundlage zu weitgehend sind oder um welche Positionen Sie diese erweitern wollen)?
c. Ist aus Ihrer Sicht die gemeinsame Bemessungsgrundlage ein ausreichendes Instrument um Steuergerechtigkeit auf europäischer Ebene herzustellen?
d. Sind zusätzliche Elemente notwendig, z.B. einheitliche Mindeststeuersätze, um eine harmonisierte Körperschaftsteuererhebung innerhalb der EU zu gewährleisten? Wenn nein: warum nicht?
5. Sie meinten sinngemäß, dass die vorhandene Liste der nichtkooperativen Steuerjurisdiktionen qualifiziert und immer wieder prüfend weitergeführt werden sollte und eine gute Grundlage für die Bekämpfung von Steuerhinterziehung wäre, Österreich würde eine positive Wirkung dieser Liste sehen und sehr aktiv bzw. proaktiv mit diesem Instrument weiterarbeiten um auf globaler Ebene erfolgreich zu sein.
a. Welche Länder sind derzeit auf der Liste der nicht kooperativen Steuerjurisdiktionen?
b. Welche Länder waren in der Vergangenheit auf dieser Liste und
wurden bis dato wieder gestrichen? Was waren die Gründe diese Länder
von der Liste zu
nehmen (bitte um Einzelerläuterung je Land)?
c. Woran können Sie die erwähnte positive Wirkung dieser Liste erkennen?
d. In welcher Form wollen Sie proaktiv mit diesem Instrument Weiterarbeiten (bitte um Darstellung der geplanten Einzelmaßnahmen)?
(II) Zum im Internet veröffentlichten Programm des österreichischen Ratsvorsitzes, Unterkapitel „Verbesserung der Effizienz und Fairness in der Besteuerung" unter www.eu2018.at[7]
6. „Effiziente, faire und transparente Steuersysteme sind von grundlegender Bedeutung für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und zusammen mit der Qualität der öffentlichen Ausgaben ein entscheidender Faktor für Wachstum und Beschäftigung. Wir müssen unsere öffentlichen Haushalte vor schädlichem Steuerwettbewerb, Steuerbetrug und Steuerhinterziehung schützen und die Steuervorschriften angesichts der Globalisierung und neuer Technologien modernisieren.“(1. und 2. Satz)
a. Welche konkreten Maßnahmen wird das BMF im Rahmen des Ratsvorsitzes vorschlagen und umsetzen um die öffentlichen Haushalte vor schädlichem Steuerwettbewerb zu schützen (bitte um listenmäßige Darstellung der Einzelmaßnahmen)?
b. Wo findet der schädliche Steuerwettbewerb aus Ihrer Sicht statt? Gibt es auch schädlichen Steuerwettbewerb innerhalb der EU, wenn ja: bitte um Darstellung der konkreten schädlichen Steuerbegünstigungen je Mitgliedstaat?
c. Welche konkreten Maßnahmen wird das BMF im Rahmen des Ratsvorsitzes vorschlagen und umsetzen, um die öffentlichen Haushalte vor Steuerbetrug und Steuerhinterziehung zu schützen (bitte um listenmäßige Darstellung der Einzelmaßnahmen)?
d. Welche konkreten Maßnahmen zur Modernisierung der Steuervorschriften (angesichts der Globalisierung und neuer Technologien) wird das BMF im Rahmen des Ratsvorsitzes vorschlagen und umsetzen (bitte um listenmäßige Darstellung der Einzelmaßnahmen)?
7. „Wir brauchen starke und unmissverständliche Positionen gegenüber unseren internationalen Partnern, insbesondere in Bezug auf die Besteuerung der digitalen Wirtschaft. Der österreichische Ratsvorsitz wird dieser Frage besondere Aufmerksamkeit widmen, um die Beratungen voranzutreiben und mögliche Lösungen im Lichte der Entwicklungen auf der Ebene der G-20, der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) und der EU zu definieren.“ (3. und 4. Satz)
a. Welche starke und unmissverständliche Position gegenüber unseren internationalen Partnern werden aus Ihrer Sicht benötigt? Wer sind die internationalen Partner? Welche unmissverständlichen Positionen sollen außerhalb des Themenbereiches Besteuerung der digitalen Wirtschaft eingenommen werden und welche für diesen konkreten Themenbereich (bitte um listenmäßige Darstellung der Einzelpositionen)?
b. Welche möglichen Lösungen auf Ebene der G-20 wird der österreichische Ratsvorsitz definieren?
c. Welche möglichen Lösungen auf OECD-Ebene wird der österreichische Ratsvorsitz definieren?
d. Welche möglichen Lösungen auf EU-Ebene wird der österreichische Ratsvorsitz definieren?
8. „Darüber hinaus werden wir weiter am Vorschlag der Europäischen Kommission zur
Einführung einer gemeinsamen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage arbeiten."
(5. Satz)
a. Welche konkreten Arbeiten wird der österreichische Ratsvorsitz am Vorschlag
der Europäischen Kommission zur Einführung einer gemeinsamen
Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage vornehmen (bitte um listenmäßige
Darstellung der Einzelmaßnahmen)?
b. Wird ein Arbeitsschwerpunkt die Ergänzung dieses Legislativvorhabens um
Mindeststeuersätze sein, um die öffentlichen Haushalte vor schädlichem
Steuerwettbewerb zu schützen? Wenn nein: warum nicht bzw. wie ist dann der
zweite Satz (s. o.) zu verstehen?
9. „Im Bereich der indirekten Steuern wollen wir Fortschritte bei den zahlreichen
Vorschlägen der Europäischen Kommission zur Modernisierung der Mehrwertsteuer
erzielen, um den Binnenmarkt weiter zu stärken und eine effiziente Betrugsbekämpfung
sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen den Steuerverwaltungen sicherzustellen. "
(letzter Satz).
a. Bei welchen konkreten zahlreichen Vorschlägen der Europäischen Kommission
wollen sie Fortschritte erzielen?
b. Wie sollen die Fortschritte aussehen (bitte um listenmäßige Darstellung der
Einzelfortschritte je Einzelvorschlag der Europäischen Kommission)?
c. Welche konkreten Fortschritte zur effizienten Betrugsbekämpfung wird
Österreich vorschlagen bzw. sollen erreicht werden?
10. Warum findet das Thema Bekämpfung von Gewinnverschiebungen im Programm des
österreichischen Ratsvorsitzes keine Erwähnung?
a. Beabsichtigen Sie hier keine weiteren Fortschritte zu erzielen oder bestimmte
Maßnahmen zu setzen?
b. Wenn nein: warum nicht?
c. Wenn ja: welche konkreten Fortschritte sollen erzielt und Maßnahmen umgesetzt
werden (bitte um listenmäßige Darstellung)?
11. Warum findet die Finanztransaktionssteuer im Programm des österreichischen
Ratsvorsitzes keine Erwähnung?
a. Beabsichtigen Sie hier keine weiteren Fortschritte zu erzielen oder bestimmte
Maßnahmen zu setzen?
b. Im April 2017 ließ der damalige Finanzminister Schelling wissen, dass er bezüglich
der Finanztransaktionssteuer einen Abschluss noch im Mai 2017 erwartet.[8]
Beabsichtigen Sie die Erfolge des früheren österreichischen Finanzministers bei
den Verhandlungen zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer bei Seite zu
legen, oder sind Sie für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer?
c. Wenn ja: welche konkreten Fortschritte wollen Sie erzielen um die bereits vor
einem Jahr in Reichweite gewesene Einigung nun mehr unter österreichischem
Ratsvorsitz zu erreichen?
12. Warum findet das Thema der länderbezogenen Berichterstattung (Country-by-Country-Report)
bzw. der öffentlichen länderbezogenen Berichterstattung (pCbCR) im Programm
des österreichischen Ratsvorsitzes keine Erwähnung?
a. Beabsichtigen Sie hier keine weiteren Fortschritte zu erzielen oder bestimmte
Maßnahmen zu setzen?
b. Wenn nein: warum nicht?
c. Wenn ja: welche konkreten Fortschritte sollen erzielt und Maßnahmen umgesetzt
werden (bitte um listenmäßige Darstellung)?
[1] Programm des österreichischen Ratsvorsitzes unter https://www.eu2018.at/de/agenda-priorities/proaramme.html
[2] Programm des österreichischen Ratsvorsitzes, S.9
[3] Programm des österreichischen Ratsvorsitzes, S.27
[4] Programm des österreichischen Ratsvorsitzes, S.30
[5]http://www.europarl.europa.eu/ep-live/en/committees/video?event=20180711 -1430-COMMITTEE-ECON. ab ca. hh:mm:ss 17:40:00)
[6] http://www.europarl.europa.eu/ep-live/en/committees/video?event=20180711 -1430-COMMITTEE-ECON. ab ca. hh:mm:ss 17:40:00)
[7] Programm des österreichischen Ratsvorsitzes, S.30
[8] Apa vom 8.4.2017