1614/J XXVI. GP

Eingelangt am 07.09.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Sabine Schatz

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus

betreffend fehlende Ambitionen in der Anti-Atompolitik

In ihrem Regierungsprogramm verweist die österreichische Bundesregierung darauf, dass sie „den österreichischen Anti-Atom-Weg konsequent fort[setzen]“ will:

Vollständiger Verzicht auf Kohlekraftwerke und Atomkraft

Wir setzen den österreichischen Anti-Atom-Weg konsequent fort, indem die Bundesregierung für die Förderung erneuerbarer Energieträger und nachhaltiger Energieerzeugung sowie für die Steigerung der Energieeffizienz eintritt Wir werden auf europäischer und internationaler Ebene weiterhin gegen die Kernenergienutzung auftreten und auf die ständige Verbesserung der nuklearen Sicherheit drängen.

Zur Umsetzung einer nachhaltigen Energie- und Umweltpolitik wird die Bundesregierung den Kohleausstieg umsetzen und sich auf europäischer Ebene für die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Stromerzeuger einsetzen

•   Den österreichischen Anti-Atom-Weg konsequent fortsetzen

-                      Im Zuge der Brexit-Verhandlungen für eine Überarbeitung des EURATOM-Vertrags ein- treten - mit dem Ziel einer finanziellen Besserstellung jener Staaten, die vollständig auf Atomkraft verzichten oder in Zukunft verzichten wollen

-                      Energieunion ohne Kernenergie forcieren: Österreich wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass Atomkraft auch in Zukunft nicht über Mechanismen des Pariser Abkommens unterstützt wird

-                      Mit diplomatischen Mitteln sowie über Instrumente wie die Umweltverträglichkeitsprüfung gegen die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken in Nachbarländern mobilisieren und eintreten

-                      Setzung aller notwendigen politischen und diplomatischen Schritte auf nationaler und bilateraler sowie EU- Ebene, um zu erreichen, dass Untersuchungen von Kernkraftwerken in den Nachbarstaaten und der von diesen ausgehenden Gefahren mit modernsten Methoden sowie unter Einbindung österreichischer Expertinnen und Experten unter verbindlicher Transparenz durchgeführt werden

-                      Dem Neu- und Ausbau von Atomkraftwerken in Europa, insbesondere in den Nachbarländern, mit allen zur Verfügung stehenden politischen und rechtlichen Mittel entgegenwirken

-                      Konsequentes Einschreiten gegen grenznahe Atommülllager

-                      Schaffung einer Behörde für Strahlenschutz: Zusammenlegung der Vollziehung

des Strahlenschutzes

Quelle: Zusammen. Für unser Österreich. Regierungsprogramm 2017 - 2022, S. 171

Diese Vorhaben beschränken sich im Wesentlichen auf die Weiterführung der bereits 2015 eingebrachten Klage gegen das britische Atomkraftwerksprojekt Hinkley Point C und die Umsetzung der bereits unter Bundeskanzler Christian Kern vorbereiteten Klage gegen das ungarische Atomkraftwerksprojekt Paks II.

Hinsichtlich der Unterstützung dieser Klagen durch andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, geht auch die Unterstützung durch Luxemburg schon auf die gemeinsame Vorgangsweise bei der Klage gegen Hinkley Point C zurück.[1]

Eigenständige Initiativen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder bleiben spärlich. Eine im März angekündigte europaweite Allianz gegen die Förderung der Atomenergie ist bislang ohne sichtbare Erfolge geblieben. Auch hinsichtlich der aktuellen Ratspräsidentschaft ist abseits von Ankündigungen[2] wenig konkrete Aktivität zu vernehmen. Der Veranstaltungskalender der Ratspräsidentschaft beinhaltet mit Anfang September lediglich eine Veranstaltung[3], die sich dezidiert mit „Atomfragen" beschäftigt Ob diese Veranstaltung auch politische Debatten beinhaltet, ist unklar.

Entgegen der Ankündigungen des Regierungsprogramms, dass man „dem Neu- und Ausbau von Atomkraftwerken in Europa, insbesondere in den Nachbarländern, mit allen zur Verfügung stehenden politischen und rechtlichen Mitteln entgegenwirken“[4] wolle, bleiben auch die sonstigen VertreterInnen der Bundesregierung eher zurückhaltend. So konnte sich etwa Außenministerin Karin Kneissl bei ihrem ersten Auslandsbesuch in der Slowakei zu keiner Kritik an der slowakischen AKW-Politik durchringen[5] und auch Bundeskanzler Sebastian Kurz verabsäumte es bislang klare Worte gegen Atomkraft zu finden. So bezeichnete er anlässlich des Staatsbesuchs von Victor Orban das umstrittene AKW Paks II gleich gar als „kein bilaterales Thema"[6] und versuchte sich so aus der Verantwortung zu stehlen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus folgende

Anfrage

1.    Im Regierungsprogramm heißt es : „Im Zuge der Brexit-Verhandlungen für eine Überarbeitung des EURATOM-Vertrags eintreten - mit dem Ziel einer finanziellen Besserstellung jener Staaten, die vollständig auf Atomkraft verzichten oder in Zukunft verzichten wollen"

a.    Welche diesbezüglichen Schritte haben Sie oder andere Mitglieder der Bundesregierung gesetzt? (Bitte um detaillierte Ausführungen)

b.    Welche diesbezüglichen Schritte haben Sie oder andere Mitglieder der Bundesregierung künftig geplant? (Bitte um detaillierte Ausführungen)

c.    Welche anderen Mitgliedsstaaten unterstützen diese Position?

d.    Wird es im Rahmen der Ratspräsidentschaft eine EURATOM­Reformkonferenz geben?

i.    Wenn ja, wann, wo und mit welchen TeilnehmerInnen?

ii.    Wenn nein, warum nicht und welche Initiativen werden Sie stattdessen setzen?

iii.   Werden Sie vor Abschluss der Brexit-Verhandlungen überhaupt noch eine entsprechende Initiative setzen? Wenn ja, wann und wie sieht diese aus?

e.    Sind Sie für einen Austritt aus dem EURATOM-Vertrag?

i.    Wenn ja, warum?

ii.    Wenn nein, warum nicht?

f.     Sind Sie für eine Abschaffung des EURATOM-Vertrages?

i.    Wenn ja, warum?

ii.    Wenn nein, warum nicht?

g.    Streben Sie die Überführung der EURATOM-Kontrollinstanzen in die existierenden Strukturen der Europäischen Kommission bzw. in den EU-Vertrag (EUV) und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) an?

i.    Wenn ja, welche Aktivitäten haben Sie dazu bislang gesetzt?

ii.    Wenn nein, warum nicht?

2.    Im Regierungsprogramm heißt es: „Energieunion ohne Kernenergie forcieren: Österreich wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass Atomkraft auch in Zukunft nicht über Mechanismen des Pariser Abkommens unterstützt wird“.

a.    Welche diesbezüglichen Schritte haben Sie oder andere Mitglieder der Bundesregierung gesetzt?

b.    Welche diesbezüglichen Schritte haben Sie oder andere Mitglieder der Bundesregierung künftig geplant und bis wann? (Bitte um detaillierte Ausführungen)

c.    Werden Sie diese Position auch bei der COP 24 in Katowice vertreten?

i. Welche anderen Mitgliedsstaaten unterstützen diese Position?

3.      Im Regierungsprogramm heißt es: ,,Mit diplomatischen Mitteln sowie über Instrumente wie die Umweltverträglichkeitsprüfung gegen die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken in Nachbarländern mobilisieren und eintreten".

a.      Welche diesbezüglichen Schritte haben Sie oder andere Mitglieder der Bundesregierung gesetzt

b.      Welche diesbezüglichen Schritte haben Sie oder andere Mitglieder der Bundesregierung künftig geplant?

c.     Mit welchen RegierungsvertreterInnen der Nachbarländer haben Sie oder andere Mitglieder der Bunderegierung in dieser Angelegenheit bereits Kontakt gehabt?

i.    Mit welchem Ergebnis?

ii.   Wann werden Sie weitere RegierungsvertreterInnen der Nachbarländer diesbezüglich kontaktieren?

 

 

 

 

 

 

4.   Im Regierungsprogramm heißt es: „Dem Neu- und Ausbau von Atomkraftwerken in Europa, insbesondere in den Nachbarländern, mit allen zur Verfügung stehenden politischen und rechtlichen Mitteln entgegenwirken“.

a.    Welche diesbezüglichen Schritte haben Sie oder andere Mitglieder der Bundesregierung gesetzt? (Bitte um detaillierte Auskunft)

b.    Welche diesbezüglichen Schritte haben Sie oder andere Mitglieder der Bundesregierung künftig geplant und bis wann? (Bitte um detaillierte Auskunft)

c.    Welche Aktivitäten wurden Abseits der Klagen gegen Hinkley Point C und Paks II gesetzt und wann wurden diese gesetzt?

i. Welche anderen Mitgliedsstaaten waren daran beteiligt?

d.    Welche Aktivitäten haben Sie gegen die Ausbaupläne in Temelin und Dukovany gesetzt?

e.    Welche Länder unterstützen die im März angekündigte „Allianz gegen die Förderung der Atomenergie“?

f.     Welche Aktivitäten hat diese Allianz bislang gesetzt? (Bitte um detaillierte Auskunft)

g.    Welche Aktivitäten sind von dieser Allianz geplant und bis wann?

h.    Welche Kosten sind bislang durch Ihr Engagement für diese Allianz entstanden? (Bitte um konkrete Aufschlüsselung der einzelnen Posten)

5.   Im Regierungsprogramm heißt es: „Konsequentes Einschreiten gegen grenznahe Atommülllager“.

a.    Welche diesbezüglichen Schritte haben Sie oder andere Mitglieder der Bundesregierung gesetzt? (Bitte um detaillierte Ausführungen)

b.    Welche diesbezüglichen Schritte haben Sie oder andere Mitglieder der Bundesregierung künftig geplant und bis wann? (Bitte um detaillierte Ausführungen)

c.    Welchen Erfolg hatte ein allfälliges „Einschreiten“?

d.    Mit welchen Mitteln unterstützen Sie die Landesregierungen bei ihren Aktivitäten gegen grenznahe Atommülllager?

6.   Im Regierungsprogramm heißt es: „Schaffung einer Behörde für Strahlenschutz; Zusammenlegung der Vollziehung des Strahlenschutzes“.

a.    Welche diesbezüglichen Schritte haben Sie bisher gesetzt? (Bitte um detaillierte Ausführungen)

b.    Welche diesbezüglichen Schritte haben Sie künftig geplant und bis wann? (Bitte um detaillierte Ausführungen)

c.    Wann werden Sie eine entsprechende Gesetzesvorlage präsentieren?

d.    Haben Sie diesbezüglich schon Kontakt mit den Ländern aufgenommen?


 



[1] https://gouvernement.lu/de/actualites/toutes_actualites/communiques/2018/03-mars/05-luxemburg- oesterreich-allianz-atomkraft.html, abgerufen am 6. September 2018

[2] https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2018/PK0117/index.shtml, abgerufen am 6.

September 2018

[3] https://www.eu2018.at/de/calendar-events/political-events/BMNT-2018-09-27-WP-Atomic-Qestions.html, abgerufen am 6. September 2018

[4] https://www.bundeskanzleramt.gv.at/at.gv.bka.liferay-app/documents/131008/569203/Regierungsprogramm_ 2017%E2%80%932022.pdf/b2fe3f65-5a04-47b6-913d-2fe512ff4ce6, abgerufen am 6. September 2018, S. 171.

[5] https://kurier.at/politik/ausland/kleine-pannen-grosse-ueberraschungen/305.745.171, abgerufen am 6. September 2018

[6] https://newsv2.orf.at/stories/2424526/2424527/, abgerufen am 6. September 2018