1674/J XXVI. GP

Eingelangt am 13.09.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Genossinnen und Genossen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien

betreffend einheitliche Position der Bundesregierung zum „Artikel 7 - Verfahren“ gegen Ungarn

 

Die Rechtsstaatlichkeit ist ein wichtiger Grundpfeiler der Europäischen Union. Wo die gemeinsamen Werte mit Füßen getreten werden, ist es die Aufgabe der EU, Konsequenzen zu ziehen und Sanktionen zu verhängen. Aufgrund der systemischen Bedrohung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte in Ungarn hat das Europäische Parlament ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags gegen Ungarn eröffnet.[1]

Mehr als zwei Drittel der 751 Abgeordneten des Europäischen Parlaments stimmte für die Aktivierung des Verfahren, darunter auch die ÖVP-Abgeordneten. Die VertreterInnen der Freiheitlichen Partei votierten gegen diesen Mechanismus. Eine ähnliche Spaltung ist auch innerhalb der österreichischen Bundesregierung zu erkennen: Bundeskanzler Sebastian Kurz äußerte sich distanziert zum ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, während sich Vizekanzler Heinz-Christian Strache gegen das Strafverfahren aussprach. Er verteidigte den ungarischen Ministerpräsidenten Orban und machte deutlich, dass dieser im Falle eines Ausschlusses aus der Europäischen Volkspartei in seiner ENF-Fraktion (Europa der Nationen und der Freiheit) willkommen sei.

Um die ungarische Regierung tatsächlich zu sanktionieren und ihr in einem letzten Schritt das Stimmrecht zu entziehen, ist jetzt der Rat der EU-Mitgliedstaaten am Zug. Nach Polen ist Ungarn bereits der zweite EU-Mitgliedstaat, gegen den ein Rechtsstaatsverfahren eingeleitet wurden.

Die anderen Mitgliedstaaten dürfen nicht anteillos dabei zusehen, wenn die Rechtsstaatlichkeit - der Grundpfeiler für eine funktionierende Demokratie, für die europäische Integration und eine funktionierende Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten - zerstört wird.

Daher richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien folgende


Anfrage

1.    Gibt es eine einheitliche Position der Bundesregierung zur Anwendung des Artikel 7- Verfahrens gegen Ungarn?

a.    Wenn ja, wie lautet diese?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Wenn nein, wann ist mit dieser zu rechnen?

2.    Werden Sie/die Bundesregierung im Rat für das Auslösen das Rechtsstaatsverfahrens gegen Ungarn stimmen?

3.    Welche Maßnahmen werden Sie treffen, um als EU-Vorsitzland und „honest broker" die erforderliche Vierfünftelmehrheit (ohne Ungarn) im Rat zu erzielen?

4.    Wie gestaltet sich der Zeitplan in diesem Verfahren und welche Aufgaben kommen der österreichischen Bundesregierung im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes zu?

5.    Welche Sitzungen der zuständigen Ratsarbeitsgruppe sind für wann angesetzt? Wann wird sich der Rat erstmals mit Ungarn befassen?

6.    Gab es von österreichischer Seite bereits Gespräche bzw. einen Austausch mit ungarischen VertreterInnen zu Fragen der Rechtsstaatlichkeit und wie verliefen diese?

7.    Welche Maßnahmen sind Ihnen bekannt, die die ungarische Regierung gesetzt hat, um den Bedenken des EU-Parlaments Rechnung zu tragen?

8.    Gab es auf Ratsebene bereits Diskussionen über die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn und wie verliefen diese?

9.    Welche Mitgliedstaaten haben sich bereits im Sinne einer Einleitung des Rechtsstaatsverfahrens geäußert und welche Mitgliedstaaten haben sich kritisch geäußert?

10.  Hat die Frage der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn Priorität für den österreichischen EU- Ratsvorsitz?

 



[1] https://diepresse.com/home/ausland/eu/5495387/Oesterreich-spielt-Schluesselrolle-im-Verfahren-gegen- Ungarn (13. September 2018)