1684/J XXVI. GP

Eingelangt am 17.09.2018
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Europa‚ Integration und Äußeres

betreffend Europäische Asylpläne der Bundesregierung

 

Bundeskanzler Sebastian Kurz und Innenminister Herbert Kickl haben in den letzten Monaten immer wieder mit Plänen zur Reform der europäischen Asyl- und Migrationspolitik aufhorchen lassen. Anfang Juni 2018 wurde etwa bekannt, dass die österreichische wie auch die dänische Regierung ein sogenanntes "Abschiebezentrum" für abgelehnte Asylwerber_innen außerhalb der EU errichten möchten (zeit.de/politik/ausland/2018-06/eu-asylpolitik-asylzentren-grenzen-daenemark-oesterreich; kurier.at/politik/ausland/kanzler-kurz-fuer-asylzentren-ausserhalb-der-eu/400046219). Laut dem dänischen Ministerpräsidenten Lökke Rasmussen soll das Zentrum an einem „nicht sonderlich attraktiven“ Ort außerhalb der EU, aber noch auf dem europäischen Kontinent liegen. Bundeskanzler Kurz spricht von Zentren in sicheren Drittstaaten und bestätigt diesbezügliche Gespräche mit Dänemark und anderen europäischen Staaten. Laut der dänischen Ministerin für Ausländer und Integration, Inger Støjberg, wurden auch beim informellen Ratstreffen der Innen- und Justizminister der Europäischen Union vom 11. bis zum 13. Juli 2018 in Innsbruck Gespräche über die geplanten Abschiebezentren außerhalb der EU geführt. Innenminister Kickl gab im Vorfeld der Konferenz zu Sicherheit und Migration am 13. und 14. September 2018 in Wien bekannt, dass dort Gespräche mit Westbalkan-Staaten über mögliche Rückkehrzentren in diesen Ländern weiterlaufen werden.

Zudem fordert Innenminister Kickl, dass keine Asylanträge mehr auf EU-Boden gestellt werden können, wie durch die Veröffentlichung eines EU-Ratsvorsitz-Papieres bekannt wurde. Wenn es nach ihm geht, sollen sogar in den von der EU geplanten Ausschiffungsplattformen in Nordafrika keine Asylanträge gestellt werden und sollen diese Zentren nicht von der EU, sondern von afrikanischen Staaten betrieben werden (diepresse.com/home/innenpolitik/5460916/EURatsvorsitzPapier_Keine-Asylantraege-innerhalb-der-EU). Die Ideen und Pläne der Bundesregierung werfen einige Fragen auf.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende


Anfrage:

 

1.    Mit welchen anderen Regierungen ist geplant, ein Zentrum für abgelehnte Asylbewerber_innen in einem Land außerhalb der EU zu errichten?

a.    Wann und mit wem gab es dazu bereits bilaterale oder multilaterale Gespräche und was wurde konkret besprochen?

b.    Gab es beim informellen EU-Ratstreffen vom 11.-13. Juli 2018 diesbezüglich Gespräche? Wenn ja, mit wem und worüber wurde konkret gesprochen und was war das Ergebnis dieser Gespräche?

2.    In welchem Land soll das Zentrum für abgelehnte Asylbewerber_innen liegen? Sollte es noch keine definitive Entscheidung geben, welche Länder kommen dafür in Frage und soll das Zentrum auf dem europäischen Kontinent oder außerhalb liegen?

a.    Gab es bereits konkrete bilaterale oder multilaterale Gespräche dazu oder sind welche geplant? Wenn ja, wann und mit wem und worüber wurde konkret gesprochen?

b.    Gab es bei der Konferenz zu Sicherheit und Migration vom 13.-14. September 2018 diesbezüglich Gespräche? Wenn ja, mit wem und worüber wurde konkret gesprochen und was war das Ergebnis dieser Gespräche?

3.    Wann wird mit der Inbetriebnahme des Zentrums für abgelehnte Asylbewerber_innen in einem Land außerhalb der EU gerechnet?

4.    Ist beabsichtigt sicherzustellen, dass unabhängige Menschensrechtsorganisationen (NGOs) sowie die Menschenrechtskommissare des Europarates und der Vereinten Nationen (UNHCR) ungehinderten Zutritt zu dem von der Bundesregierung geplanten Zentrum für abgelehnte Asylbewerber_innen in einem Land außerhalb der EU haben werden?

5.    Wird österreichische Jurisdiktion in dem von der Bundesregierung geplanten Zentrum für abgelehnte Asylbewerber_innen in einem Land außerhalb der EU gelten oder die Jurisdiktion des Landes, auf dessen Gebiet das Zentrum liegt? Wird dort österreichisches Recht anwendbar sein oder das Recht des Landes, auf dessen Gebiet das Zentrum liegt?

6.    Werden die Bewohner_innen des von der Bundesregierung geplanten Zentrums für abgelehnte Asylbewerber_innen in einem Land außerhalb der EU einem Freiheitsentzug unterliegen, oder werden sie das Zentrum ungehindert verlassen und dorthin zurückkehren können?

7.    Wird der Betreiber des von der Bundesregierung geplanten Zentrums für abgelehnte Asylbewerber_innen in einem Land außerhalb der EU eine private Firma, eine staatliche Behörde Österreichs oder eine staatliche Behörde des Landes, auf dessen Gebiet das Zentrum liegt, sein?

8.    Ist beabsichtigt auch Kinder in das geplante Zentrum für abgelehnte Asylbewerber_innen in einem Land außerhalb der EU zu überführen, und werden diese Kinder gegebenenfalls Zugang zu einem pädagogisch relevanten schulischen Angebot haben?

9.    Wird erwartet, dass die Kosten pro Bewohner und Tag in dem geplanten Zentrum für abgelehnte Asylbewerber_innen in einem Land außerhalb der EU höher oder niedriger werden, als dies bei einer Unterbringung in Österreich der Fall wäre?

10. Inwiefern ist der Plan, dass keine Asylanträge mehr auf EU-Boden gestellt werden können, mit der Genfer Flüchtlingskonvention vereinbar?

11. Wenn es weder auf EU-Boden noch in den sogenannten Ausschiffungsplattformen in Nordafrika möglich sein soll Asylanträge zu stellen, wo soll es Flüchtlingen dann möglich sein Asyl zu beantragen? Inwiefern ist dieser Plan mit der Genfer Flüchtlingskonvention vereinbar?

12. Wie soll sichergestellt werden, dass in den von afrikanischen Staaten betriebenen Plattformen die völkerrechtlichen und menschenrechtlichen Verpflichtungen, insbesondere das Non-refoulement-Gebot, beachtet werden?

13. In welchen afrikanischen Staaten sollen die sogenannten Ausschiffungsplattformen errichtet werden? Sollte es noch keine definitive Entscheidung geben, welche Länder kommen dafür in Frage?

a.    Gab es bereits konkrete bilaterale oder multilaterale Gespräche dazu oder sind welche geplant? Wenn ja, wann und mit wem und worüber wurde konkret gesprochen?