1709/J XXVI. GP

Eingelangt am 18.09.2018
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Anfrage

 

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

an den/die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus

betreffend geheim gehaltener Stellungnahme des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus bzgl. des Entwurfs vom Standortentwicklungsgesetz

 

Im letzten Ministerrat vor der Sommerpause dieses Jahres hat die Bundesregierung das neue Standortentwicklungsgesetz (StEntG) beschlossen und am 6. Juli 2018 in Begutachtung geschickt. Die Begutachtungsfrist lief bis zum 17. August 2018. Mit diesem höchst umstrittenen Gesetz, das am 1. Jänner 2019 in Kraft treten soll, sollen Großprojekte „im besonderen Interesse der Republik“ schneller genehmigt werden – auch wenn das zugehörige Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nicht abgeschlossen ist. Die Entscheidung, ob ein Vorhaben "standortrelevant" ist, soll etwa sechs Monate dauern. Die 18-Monats-Frist für die Entscheidung der UVP-Behörde soll aber schon ab dem Tag der Antragstellung zu laufen beginnen. Wenn die UVP-Behörde nicht innerhalb dieser Frist entscheidet, sollen die Großprojekte, "die außerordentlich positive Folgen für den Wirtschaftsstandort erwarten lassen" automatisch genehmigt werden. Damit wäre es für Projektwerber sehr einfach möglich, ein Verfahren entsprechend zu verzögern - etwa indem notwendige Unterlagen nicht vollständig vorgelegt werden - und so einen positiven Genehmigungsbescheid zu erwirken.

Neben scharfer Kritik von Seiten der Opposition und Umweltschutzorganisationen, hat sich auch die Richtervereinigung ablehnend geäußert. Diese sieht in diesen Bestimmungen sogar einen klaren Bruch verfassungsrechtlich und europarechtlich festgehaltener Vorgaben. Der Rechnungshof kritisiert, dass durch das Gesetz in seiner vorliegenden Form Verfahren nicht beschleunigt, sondern vielmehr beendet werden, sodass der im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) vorgesehene Ausgleich der Interessen des Antragstellers, der öffentlichen Interessen und der Interessen der weiteren Verfahrensbeteiligten nicht mehr ausreichend stattfinden könnte. Weiters bemängelt er die fehlende Transparenz bei den Entscheidungsprozessen und dass durch das geplante Gesetz Mehrkosten entstehen würden, unter anderem weil darin ein neuer, sechsköpfiger "Standortentwicklungsbeirat" vorgesehen ist.

Zurzeit wird von Seiten des Wirtschaftsministeriums an einem neuen Entwurf gearbeitet, wo die im Begutachtungsverfahren eingelangten Stellungnahmen inkludiert werden. Laut dem Justizministerium hat sich daher eine Stellungnahme von dessen Seite erübrigt. Eine an das Wirtschaftsressort eingelangte Stellungnahme des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus wurde bis dato nicht veröffentlicht. Die Geheimhaltung vom durch das Gesetz hauptbetroffene Umweltministerium ist zwar nicht gesetzeswidrig, aber doch sehr ungewöhnlich und trägt zur mangelnden Transparenz des Staatsapparats bei.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Wann genau wurde die Stellungnahme Ihres Ministeriums zu dem Gesetzesentwurf an das Wirtschaftsministerium übermittelt?

2.    Warum bezieht das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus nicht klar und öffentlich Stellung zu einem in Bezug auf Umweltschutz sehr umstrittenen Gesetzesentwurf?

3.    Warum wurde bis dato die Stellungnahme des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus nicht veröffentlicht?

4.    Werden Sie diese Stellungnahme noch veröffentlichen?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Was ist der vollständige Inhalt inklusive aller Empfehlungen und Kritikpunkte Ihrer Stellungnahme?

6.    Welche Ihrer Empfehlungen werden im überarbeiteten Gesetzesentwurf übernommen und welche nicht?

7.    Haben Sie die nach Ablauf einer gewissen Frist automatische Genehmigung von standortrelevanten Projekten gutgeheißen?

a.    Wenn ja, sehen Sie dadurch den Umweltschutz nicht in Gefahr?

b.    Wenn nein, warum beziehen Sie dazu nicht öffentlich Stellung?

8.    Wie planen Sie mit Ihren Stellungnahmen bzgl. zukünftiger Gesetzesvorlagen etwaiger Ministerien vorzugehen?

9.    Auf welcher Basis wird von Seiten Ihres Ministeriums entschieden, ob eine Stellungnahme veröffentlicht wird oder nicht?