1765/J XXVI. GP

Eingelangt am 26.09.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

betreffend Arbeitslosenversicherungsbeiträge und Arbeitslosenbetreuung

BEGRÜNDUNG

Mit dem Ziel, untere Einkommen zu entlasten, hat die Bundesregierung die Tarifgrenzen zur Bemessung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge angehoben. Unter anderem sind dadurch nunmehr monatliche Bruttoeinkommen bis 1.648 Euro von Arbeitslosenversicherungsbeiträgen befreit, davor waren es monatliche Bruttoeinkommen bis 1.381 Euro. Zugleich bedeutet dies, dass monatliche Bruttoeinkommen bis 1.381 durch eben diese Maßnahme nicht entlastet wurden (siehe Tab. 1).

 

Außerdem ist zu beachten, dass der Prozentsatz zur Berechnung des abzuführenden Arbeitslosenversicherungsbeitrags weiterhin auf das gesamte aus der spezifischen Beschäftigung entstehende monatliche Bruttoeinkommen anzuwenden ist. Das heißt, sobald das monatliche Bruttoeinkommen die erste Tarifgrenze (nun 1.648 statt 1.381) überschreitet, ist 1% eben dieses monatlichen Bruttoeinkommens abzuführen - oberhalb höherer Tarifgrenzen 2% oder 3%. Aufgrund dessen ergeben sich weiterhin Sprungstellen, an welchen eine leichte Erhöhung des monatlichen Bruttoeinkommens aufgrund der Überschreitung einer Tarifgrenze mehr kostet als sie bringt (siehe Abb. 1).


 

Da es innerhalb der Sozialversicherung zu einer unvollständigen Berücksichtigung von parallelen Beschäftigungsverhältnissen kommt, entfaltet eine so ausgestaltete Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge durchaus fragwürdige Anreizeffekte.

Zugleich legt sich die Bundesregierung im Regierungsübereinkommen auf ein sogenanntes Arbeitslosengeld neu fest, dessen degressive Gestaltung zusätzliche Anreize zu rascher Beschäftigungsaufnahme setzen soll. Außerdem sollen die Betroffenen nach Ausschöpfen des Arbeitslosengeldanspruchs direkt in die Mindestsicherung fallen anstatt in die Notstandshilfe, wodurch staatlicher Zugriff auf deren Vermögen droht.

Während der Druck auf Arbeitssuchende erhöht wird, gibt es in deren Betreuung weiter akuten Nachbesserungsbedarf. Wissenschaftliche Evaluierungen zweier Pilotprojekte im AMS zeigen, dass die Einsparungen durch einen niedrigen Betreuungsschlüssel von 1:100 aufgrund rascherer Vermittlung und effizienterem Einsatz von Arbeitsmarktfördermitteln die Mehrkosten für das zusätzlich eingesetzte Personal übertreffen würden. Zurzeit beträgt der Betreuungsschlüssel österreichweit allerdings rund 1:250. Mit etwa 350 zusätzlichen Planstellen könnten die budgetären Vorteile eines günstigeren Betreuungsschlüssels österreichweit lukriert werden. Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.   Welche Anzahl an unselbstständig Beschäftigten hatte im Juni 2018 aufgrund der Einkommenshöhe

a.    keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge

b.   Arbeitslosenversicherungsbeiträge in Höhe von 1%

c.   Arbeitslosenversicherungsbeiträge in Höhe von 2%

d.   Arbeitslosenversicherungsbeiträge in Höhe von 3%

abzuführen?

2.   Welche Anzahl an unselbstständig Beschäftigten hatte im Juli 2018 aufgrund der Einkommenshöhe

a.    keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge

b.   Arbeitslosenversicherungsbeiträge in Höhe von 1%

c.    Arbeitslosenversicherungsbeiträge in Höhe von 2%

d.   Arbeitslosenversicherungsbeiträge in Höhe von 3%

abzuführen?

3.   Welche Anzahl an unselbstständig Beschäftigten hatte im Juli 2018 aufgrund der Einkommenshöhe

a.    keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge abzuführen, obwohl sie im Juni 2018 noch 1% hätte abführen müssen?

b.    keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge abzuführen, obwohl sie im Juni 2018 noch 2% hätte abführen müssen?

c.    1 % Arbeitslosenversicherungsbeiträge abzuführen, obwohl sie im Juni 2018 noch 2% hätte abführen müssen?

d.    1 % Arbeitslosenversicherungsbeiträge abzuführen, obwohl sie im Juni 2018 noch 3% hätte abführen müssen?

e.    2% Arbeitslosenversicherungsbeiträge abzuführen, obwohl sie im Juni 2018 noch 3% hätte abführen müssen?

4.    Auf welchen Betrag belaufen sich die für den Beschäftigungsmonat Juni 2018 abgeführten Arbeitslosenversicherungsbeiträge?

5.    Auf welchen Betrag belaufen sich die für den Beschäftigungsmonat Juli 2018 abgeführten Arbeitslosenversicherungsbeiträge?


6.   Welche Gerechtigkeitsüberlegung liegt der stark variierenden Entlastung innerhalb des von der Entlastung betroffenen Einkommensbereichs (1.381 bis 1.948 Euro) zugrunde?

7.   Welche Maßnahmen sind geplant, um auch Einkommen unterhalb des von der Entlastung betroffenen Einkommensbereichs zu entlasten (unter 1.381)?

8.   Wie hoch werden Mehreinnahmen an Lohnsteuer im Juli 2018 geschätzt, die sich aufgrund der durch die Reduktion der Arbeitslosenversicherungsbeiträge verursachten Erhöhung der Bemessungsgrundlage der Lohnsteuer ergeben?

9.   Aus welchen Gründen wird seitens der Bundesregierung trotz positiv geschätzter budgetärer Effekte auf eine Ausweitung der Planstellen zugunsten eines niedrigeren Betreuungsschlüssels im AMS verzichtet?

10. Weshalb hält die Bundesregierung im Gegenteil an einem Abbau von 200 Planstellen innerhalb von zwei Jahren ab 2019 fest -mit der Wirkung, dass bereits im Jahr 2019 Arbeitsverhältnisse im Ausmaß von 200 Vollzeitäquivalenten aufgelöst werden müssen?