1788/J XXVI. GP

Eingelangt am 27.09.2018
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Anfrage

 

der Abgeordneten Michael Bernhard, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Aufhebung des „Luft-100er“

 

 

Neben den erst jüngst kommunizierten Plänen des Verkehrsministers Norbert Hofer (FPÖ), das Tempo 140 auf zwei Drittel der Autobahnen in Österreich einführen zu wollen, wird der Minister nicht müde, weiter mit populistischen Vorschlägen aufzufallen – abermals auf Kosten unserer Umwelt und der Sicherheit der Autofahrer. Norbert Hofer spricht sich im Zuge eines Interviews in der Tageszeitung „Österreich“ vom 16. September 2018 für eine weitere Aufhebung des „Luft-100er“ - die Geschwindigkeitsbegrenzung nach dem Immissionsschutzgesetz für Luft (IG-L) auf bestimmten Strecken – aus. Verkehrsminister Norbert Hofer sei „nicht davon überzeugt, dass der 'Luft-100er' viel bringt".

Auf der Homepage des Umweltbundesamtes wird man über die schädlichen Auswirkungen aufgrund des Anstiegs der Fahrgeschwindigkeit sowie über die unzähligen Vorteile von Tempolimits auf Autobahnen rasch fündig: Weniger Schadstoffe, weniger Treibstoffverbrauch, weniger Lärm und mehr Verkehrssicherheit. Pro gefahrenem Kilometer emittiert ein Pkw bei Tempo 100 statt Tempo 130 im Schnitt um 19% weniger Stickoxide (NOx) und um 11% weniger Feinstaub (PM10). Zusätzlich reduziert man durch die niedrigere Geschwindigkeit die CO2-Emissionen um rund 10% und spart damit ebenso viel Treibstoff. Schon jetzt kommt es in Österreich speziell in den Wintermonaten zu zahlreichen Überschreitungen der Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid, ausgelöst durch die dominierende Quelle, dem Verkehr. So gaben im Jahr 2017 27 Messstellen (19%) die Überschreitung des Jahresmittelwertes (30 µg/m³) von NO2-Grenzwerten an, hauptverursacht durch Dieselfahrzeuge. Diese Luftschadstoffe können teils vorübergehende, teils chronische Gesundheitsschäden, wie Beeinträchtigung der Lungenfunktion sowie Atems- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, auslösen.

Weiters soll laut Verkehrsminister der „Luft-100er für alle emissionsfreien Fahrzeuge – Elektroautos und Wasserstofffahrzeuge" – nicht mehr gelten und auf den rund 300 Kilometern, in denen in Österreich die Geschwindigkeitsbegrenzung nach dem Immissionsschutzgesetz für Luft (IG-L) von 100 km/h gilt, künftig 130 km/h fahren dürfen. Diesbezügliche Pläne von Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hätten seine volle Unterstützung. Der Verfassungsgerichtshof betont, dass unterschiedliche Tempolimits für Pkw den Verkehrsfluss beeinträchtigen würden und damit die Verkehrssicherheit gefährden. Außerdem würde mit einem „ungleichmäßigen Geschwindigkeitsverlauf" der „Luft-100er" seinen emissionsreduzierenden Effekt teilweise verlieren.

 

Tempolimits sind ein effektives Mittel – eine einfache Maßnahme mit mehrfacher Wirkung und Synergieeffekten, um Schadstoffe und Lärm zu reduzieren und die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen. Sie sind rasch umsetzbar und mit geringen Kosten verbunden. Unsere Klimaziele erreichen wir nur mit einer echten Verkehrswende. Statt eines populistischen Vorschlags brauchen wir daher starke und effiziente Rahmenbedingungen und in erster Linie ein Bekenntnis unseres Verkehrsministeriums zur Einhaltung von Emissionszielen und rechtlich verbindlichen Luftgütegrenzwerten, welche mit Tempolimits eingehalten werden können.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen folgende

Anfrage:

 

1.    Auf Basis welcher Studien begründet der Herr Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie die Aussage, dass der „Luft-100er“ in Bezug auf Emissionen und Schadstoffen nicht viel bringen würde? Bitte um Übermittlung der Studien.

2.    Wann und von wem wurden diese Studien beauftragt?

3.    Von wem und wann wurden diese Studien durchgeführt?

4.    Wurde die Studie vom Umweltbundesamt betreffend direkter Auswirkungen von gesteigerten Fahrgeschwindigkeiten, v.a. von Tempo 100 auf 130, auf den Anstieg von Emissionen in Ihrem Vorschlag berücksichtigt?

a.    Wenn ja, inwiefern?

b.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Bitte um Übermittlung der Messwerte (alle seit der Einführung bis zur letzten Messung) entlang aller Tempo-100 Strecken betreffend den Ausstoß von NOx, Feinstaub und CO2, aufgeschlüsselt je Bundesland.

6.    Bitte um Übermittlung der Messwerte (alle seit der Einführung bis zur letzten Messung) entlang aller Tempo-140 Strecken betreffend den Ausstoß von NOx, Feinstaub und CO2, aufgeschlüsselt je Bundesland.

7.    Auf welchen Autobahnabschnitten folgt eine Tempo-140 Teststrecke auf eine Tempo-100 Strecke und umgekehrt?

8.    Bei allen Autobahnabschnitten, wo dies der Fall ist (Tempo-140 Teststrecke folgt Tempo-100 Strecke oder umgekehrt): Haben sich die Messwerte auf den Tempo-100 Teststrecken bzgl. NOx, Feinstaub und CO2 verschlechtert? Bitte um Übermittlung aller Messwerte geordnet nach Bundesländern.

9.    Haben Sie andere Vorschläge bzw. Maßnahmen in Planung, um die rechtlich verbindlichen Luftgütegrenzwerte einzuhalten?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, wie wollen Sie sicherstellen, dass die Grenzwerte eingehalten werden?

10. Welche Vorschläge haben Sie, um die Belastungen von Gesundheit und Umwelt bedingt durch Emissionen und Schadstoffe zu minimieren?

11. Durch den Anstieg der Fahrgeschwindigkeit steigen Treibstoffverbrauch und Emissionen. Bei Elektroautos steigt bei höheren Geschwindigkeiten der Stromverbrauch. Wie wollen Sie daher mit Ihren Vorschlägen, die mehr Treibstoffverbrauch und Emissionen bzw. Stromverbrauch fördern, die Klimaziele erreichen?

12. Die geplante Ausnahme von Elektroautos bezüglich einzuhaltender Geschwindigkeitslimits birgt höhere Unfallgefahr durch sehr unterschiedliche Geschwindigkeiten und stört auch den Verkehrsfluss. Wie stehen Sie zu diesen von mehreren Expert_innen angemerkten Einwänden?

13. Bundesminister Norbert Hofer bringt immer wieder das Argument der Zeitersparnis. Bezugnehmend auf eine durchgeführte Studie des Umweltbundesamtes erspart sich ein_e Autofahrer_in bei einer Strecke von ca. 20km und einer Fahrgeschwindigkeit von 130km/h im Vergleich zu Tempo 100 rein rechnerisch lediglich 3 Minuten. Dieser Zeitgewinn fällt bei durchgeführten Messungen der tatsächlich gefahrenen Durchschnittsgeschwindigkeiten sogar noch geringer aus. Wie begründen Sie daher Ihren Vorschlag? Welche Auswirkungen hat die Fahrgeschwindigkeit von 130km/h auf einer Strecke von 20km im Vergleich zu Tempo 100 auf die Umwelt?