1822/J XXVI. GP

Eingelangt am 05.10.2018
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Anfrage

 

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus

betreffend 24. UN-Klimakonferenz (COP 24)

 

Von 3. bis 14. Dezember 2018 findet in Katowice, Polen, die United Nations Climate Change Conference – die 24. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Klima-Rahmenkonvention (COP24) – statt. Drei Jahre nach der Unterzeichnung des Pariser Abkommens werden die Vertragsparteien die erste globale Bestandsaufnahme durchführen, wie die bisher eingegangenen nationalen Verpflichtungen dazu beitragen, die weltweit vereinbarten Ziele zu erreichen. Das übergeordnete Ziel ist die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 °C. Bereits heute liegt die mittlere globale Temperatur um mehr als 1 °C über dem vorindustriellen Niveau. In Österreich war in der Vergangenheit der Temperaturanstieg mehr als doppelt so hoch wie im globalen Mittel. Seit den 1930er-Jahren wurden auch die Winter im Durchschnitt um etwa 0,25 °C pro Jahrzehnt wärmer. Klimamodelle sagen voraus, dass sich Österreich bzw. der Alpenraum auch in Zukunft stärker als das globale Mittel erwärmen wird. Der Anstieg der Temperatur bedingt eine Zunahme von Trockenheit und Hitzeperioden. Ferner wird es häufiger zu extremen Wetterereignisse kommen. Ökonomische Folgen des Klimawandels betreffen u.a. den Tourismus, die Land-, Forst- und Energiewirtschaft und das Gesundheitswesen. (UBA, Klimaschutzbericht 2018)

Österreich hat sich klar zu den internationalen Klimazielen bekannt. Da jedoch der nationale Ausstoß an Treibhausgasen seit Jahren wieder steigt, ist es fraglich, wie die europäischen und globalen Klimaschutzziele fristgerecht eingehalten werden können. In Anbetracht dieser negativen Klimaentwicklung in Österreich und der in Kürze stattfindenden UN-Klimakonferenz, stellen daher die unterfertigenden Abgeordneten folgende

 

Anfrage:

 

1.    In der nationalen Klima- und Energiestrategie werden Strategiepapiere, neue Gesetze und Gesetzesänderungen lediglich angekündigt. Viele Vorhaben sind noch nicht bewertet und es fehlen auch prognostische Analysen. Bei den meisten Maßnahmen ist die Umsetzung noch unter Vorbehalt zu sehen bzw. vom guten Willen der Bundesländer abhängig (z.B. Baurecht). Dementsprechend können diese Vorhaben nur als grober Entwurf, als Auftakt, verstanden werden. Wann ist die Veröffentlichung konkreter Maßnahmen und Angaben bzgl. Budget, Zielen, Zeitplan und Verantwortlichkeiten für alle Sektoren geplant?

2.    Der Anstieg der Emissionen seit 2014 ist unter anderem auf niedrige Preise für fossile Energie, eine gute konjunkturelle Entwicklung und auf die fehlende Umsetzung neuer, wirksamer Klimaschutzmaßnahmen zurückzuführen. Plant das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus konkrete Maßnahmen, um das Wirtschaftswachstum von Umweltbelastungen und CO2-Emissionen zu entkoppeln?

a.    Wenn ja, für wann und welche Maßnahmen konkret?

b.    Wenn nein, warum nicht?

3.    Ist die Integration des „Verursacherprinzips“ in Planung, welches eine direkte Verhaltensänderung hervorrufen würde und somit eines der zentralen Instrumente einer effizienten Klimapolitik darstellt?

a.    Wenn ja, für wann und welche Maßnahmen betreffend welche Sektoren sind geplant?

b.    Wenn nein, warum nicht?

4.    Welche Argumente sprechen von Seiten des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus gegen eine stufenweise Implementierung einer aufkommensneutralen öko-sozialen Steuerreform?

5.    Gemäß dem Klimaschutzgesetz gelten für Österreich sektorale Höchstmengen für diejenigen Quellen, die nicht im Emissionshandel geregelt sind. Laut Experten ist die Einhaltung der Höchstmengen bis 2020 aus heutiger Sicht neben dem Sektor Verkehr, auch für die Sektoren der Abfallwirtschaft und der Landwirtschaft unsicher. Plant das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus konkrete Maßnahmen für diese beiden Sektoren, Abfallwirtschaft und Landwirtschaft, um den Ausstoß von Kohlendioxid aber auch Methan und Lachgas zu reduzieren?

a.    Wenn ja, ab wann und welche Maßnahmen konkret?

b.    Wenn nein, warum nicht?

6.    Wann genau ist mit der Fertigstellung und Veröffentlichung des in der Klima- und Energiestrategie angekündigten Aktionsplans für Bioökonomie zu rechnen?

7.    Es gibt deutliche Anzeichen, dass sich die Magnitude und Frequenz von extremen Wetterereignissen in bestimmten Regionen aufgrund des Klimawandels bereits verändert hat und weiter zunehmen wird. Diese werden auch erhebliche Auswirkungen auf Gesundheit und somit auch auf unsere Volkswirtschaft haben. Ist zur Klimawandelanpassung eine Strategie mit konkreten Maßnahmen geplant?

a.    Wenn ja, wann und welche konkret?

b.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Sind konkrete Handlungsfelder und geeignete Maßnahmen zur Bewältigung, Vermeidung sowie frühzeitiger Vorsorge direkter (z.B. durch Hitzewellen) und indirekter (z.B. durch Ausbreitung allergener Arten) klimawandelbedingter Gesundheitseffekte in Planung?


a.    Wenn ja, wann, welche konkrete und in welchem Budgetrahmen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

9.    In der Klima- und Energiestrategie wird ein Ziel von 100% bilanziellem erneuerbarem Strom bis 2030 angekündigt. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um ein Intensitätsziel, kein absolutes Reduktionsziel. Gib es Pläne, den Energieverbrauch kontinuierlich zu senken und Energieeffizienz zu forcieren?

a.    Wenn ja, wann und welche Pläne gibt es konkret?

b.    Wenn nein, warum nicht?

10. Laut E-Control musste Österreich in den vergangenen Jahren im Mittel netto 12% des Stroms aus dem Ausland beziehen, davon mehr als die Hälfte aus Tschechien. 50% werden davon in Atomkraftwerken erzeugt und die andere Hälfte aus Braunkohleverstromung. 2017 konnten nur 50% des Stroms aus Laufkraftwerken bezogen werden. Den sogenannten Graustrom aus Pumpspeichern darf man nicht ganz mitrechnen, denn seine Herkunft ist „grau“, also undefiniert, und teilweise handelt es sich um Atomstrom. Im Sommer ist der Anteil der Wasserkraft am Strom auf weniger als 50% gefallen und Wasserkraft ist in Österreich kaum mehr ausbaufähig. Wind wehte meist nur schwach. Den Rest an eigenem Strom erzeugte Österreich in fossilen Kraftwerken. Im August dieses Jahres bezog Österreich ein Drittel des Stroms aus dem Ausland, v.a. aus Tschechien. Dies zeigt, wie abhängig Österreich von Atomstrom ist. Gibt es eine Strategie und konkrete Maßnahmen von Seiten des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus, um Österreichs Abhängigkeit von Atomstrom sukzessiv zu reduzieren, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden?

a.    Wenn ja, welche Strategie und konkrete Maßnahmen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

11. Der Sektor Verkehr ist mit 45% der größte Verursacher von Treibhausgasen. Im vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie beauftragten und vom Umweltbundesamt kürzlich erst verfassten „Sachstandsbericht Mobilität“ werden Einzelmaßnahmen definiert, wie die im Pariser Klimaabkommen gesteckten Ziele (Reduktion der Treibhausgasemissionen um 36% bis 2030) auch tatsächlich erreicht werden könnten. Darin wird, den Personenverkehr betreffend eine klare Empfehlung zur Einführung einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h abgegeben. Ungeachtet dieses Berichts, hält Bundesminister Norbert Hofer an den Tempo-140-Teststrecken fest. Wie steht das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, insbesondere die Bundesministerin, zu den Empfehlungen des Umweltbundesamts sowie zu den Äußerungen und Plänen des Verkehrsministeriums, die Anreize schaffen, mehr, schneller und weiter auf der Straße zu fahren und somit im Widerspruch zur Klimastrategie stehen?

12. Auch im Sektor Verkehr ist es längst notwendig, externe Kosten zu internalisieren, um die Reduktion der Treibhausgas-Emissionen sicherzustellen. Sind diesbezüglich konkrete Maßnahmen von der Bundesregierung geplant?

a.    Wenn ja, wann und welche konkret?

b.    Wenn nein, warum nicht?

13. Der Gebäudesektor verursacht 10% der Treibhausgase und ist somit viertgrößter CO2-Emittent nach Energie/Industrie, Verkehr und Landwirtschaft. Somit hätte dieser Bereich auch viel Einsparungspotential. Neben Sanierung sollten auch einheitliche Standards bei Neubauten gefördert werden. Vorzeigebeispiel ist hier die Region um Brüssel: Seit 2010 werden alle öffentlichen Bauten und ab 2015 sämtliche Neubauten nur noch im Passivhaus-Standard errichtet. Ist auch ein Passivhaus-Standard für Österreich geplant?

a.    Wenn ja, wann und wie sieht die Strategie konkret dafür aus?

b.    Wenn nein, warum nicht?

14. Bzgl. Bundes-Energieeffizienzgesetz: Wird auf Grund Ihrer Evaluierungen und Einschätzungen das, für das Jahr 2020 geplante, kumulative Endenergieeffizienzziel von 310 PJ erreicht werden können?

a.    Wenn ja, bitte um Übermittlung von Prognose-Daten.

b.    Wenn nein, warum nicht und wie gedenkt das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus weiter vorzugehen?

15. Bzgl. Bundes-Energieeffizienzgesetz: Ist eine Verlängerung des Gesetzes nach dem Jahr 2020 geplant?

a.    Wenn ja, wann werden konkrete Pläne bzgl. Effizienzzielen, Maßnahmen und Zeithorizont veröffentlicht?

b.    Wenn nein, warum nicht?