1825/J XXVI. GP

Eingelangt am 05.10.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Abweichungen bei Herstellerangaben zum Spritverbrauch

BEGRÜNDUNG

Wie ein Artikel auf ORF.at vom 29.08.2018 aufzeigte[1], kommt eine Studie von Transport & Environment (T&E) zu dem Schluss, dass die Abweichung des tatsächlichen Spritverbrauchs von Neuwagen zu den Herstellerangaben inzwischen 39 Prozent beträgt. Sie habe sich demnach gegenüber 2000, wo es noch nur sieben Prozent waren, verfünffacht. Seit Anfang des Jahrtausends betragen die Mehrkosten für Autofahrer in Österreich dadurch 3,8 Mrd. EUR. Alleine im Vorjahr verursachten die Abweichungen der Angaben 600 Mio. EUR zusätzliche Spritkosten.

Nicht nur die Autofahrer selbst sind Opfer dieser abweichenden Herstellerangaben. Auch die Umwelt hat darunter massiv gelitten. Rund sieben Mio. Tonnen C02 wurden dadurch seit der Jahrtausendwende zusätzlich emittiert. Ob der Staat selbst von diesen Praktiken profitiert hat, ist unklar: Im Hinblick auf die Normverbrauchsabgabe (NoVA) sowie den Sachbezug für die Privatnutzung von Dienstfahrzeugen hätte eine realistische Angabe des Verbrauchs zu entsprechend höheren Steuereinnahmen geführt. Gleichzeitig ergaben sich bei der Mineralölsteuer für den Staat durch den erhöhten Verbrauch Mehreinnahmen.

Laut VCÖ wird auch im neuen Testzyklus ab dem 1. September, bei dem anstelle des alten NEFZ-Verfahrens nach dem vermeintlich realistischeren WLTP-Verfahren getestet wird, die Richtigkeit der Angaben eine große Rolle spielen. Die Studie warnt vor neuen Schummeleien bei diesem Testzyklus. Es bestehe die Gefahr, dass am Beginn des Zyklus zu hohe Werte angegeben werden, damit die vorgegebene Reduktion der C02-Emissionen um 15 Prozent bis 2025 einfacher zu erreichen sei. Lediglich sogenannte „Real World Tests“ könnten Abhilfe schaffen, so der VCÖ.

In einer Meldung vom 24.09.2018[2] fordert der ÖAMTC unabhängig davon, die neuen Messwerte des WLTP-Verfahrens in einer Übergangszeit parallel zu den alten des NEFZ- Verfahrens auszuweisen. Noch bis Ende 2019 gelten nämlich die NEFZ-Emissionswerte als Grundlage für Normverbrauchsabgabe und Sachbezug, dabei werden die gemäß WLTP ermittelten Verbrauchswerte auf NEFZ-Werte zurückgerechnet - die aber offenkundig falsch, das heißt zu niedrig, sind. Von der WKO lässt sich zudem erfahren, dass „bis Ende 2019 eine neue NoVA-Berechnung erarbeitet wird, die ab 1.1.2020 zur Anwendung gelangen und aufkommensneutral sein soll. D.h. durch die neue Formel soll das NoVA-Aufkommen pro Jahr gleich hoch bleiben, wie bisher.“[3]

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.    Wie hoch sind die Verkürzung der Normverbrauchsabgabe sowie die Verluste aus einer zu geringen Bemessungsgrundlage für den Sachbezug für die Privatnutzung von Dienstfahrzeugen (erst ab 2016 relevant) im Zeitraum 2000 bis 2017 aufgrund dieser abweichenden Herstellerangaben? (Bitte um Aufstellung pro Jahr, getrennt nach NoVA und Sachbezug.)

a. Falls Sie diese Berechnungen nicht vorliegen haben, weshalb nicht?

2.    Wie hoch sind die Mehreinnahmen durch die Mineralölsteuer im Zeitraum 2000 bis 2017, die aus den abweichenden Herstellerangaben resultierten? (Bitte um Aufstellung pro Jahr.)

a. Falls Sie diese Berechnungen nicht vorliegen haben, weshalb nicht?

3.    Wurden oder werden rechtliche Schritte gegen die Hersteller eingeleitet?

a.     Falls ja, gegen welche Hersteller wurden diese Schritte eingeleitet und wie ist der Stand der Verfahren/Ermittlungen?

b.     Falls nein, weshalb nicht?

Wie in der Begründung bereits erwähnt, haben Hersteller einen Anreiz, zu Beginn des

WLTP-Testzyklus zu hohe Emissionswerte anzugeben, um die Reduktionsziele in

Zukunft einfacher zu erreichen. Derartige Schummeleien wären sowohl steuerlich als

auch ökologisch relevant.

4.     Gibt es hinsichtlich des neuen WLTP-Verfahrens im BMF bzw. womöglich auch in Kooperation mit dem BMVIT und dem BMNT Bemühungen, mögliche Schummeleien über die Verfahrensänderung hinausgehend zu verhindern?

a.     Falls ja, welche Maßnahmen werden getroffen bzw. welche Maßnahmen werden auf europäischer Ebene durchzusetzen versucht?

b.     Falls nein, weshalb nicht?

c.     Falls nein, glauben Sie, dass der Umstieg auf das WLTP-Verfahren alleine ausreicht, um abweichende Angaben zu verhindern?

5.    Weshalb wird trotz des neuen, vermeintlich realistischeren (und somit in höheren Verbrauchswerten resultierenden) Verfahrens noch bis Ende 2019 für die Berechnung der NoVA und des Sachbezugs auf die alten NEFZ-Werte rückgerechnet?

a.    Auf welcher gesetzlichen Basis wird die NoVA bis dahin nach den NEFZ- Werten berechnet?

b.    Welche Regelung auf welcher gesetzlichen Basis tritt für den Zeitraum zwischen 1.9.2019 und 1.1.2020 in Kraft, wenn die Werte nur noch nach WLTP-Verfahren ausgewiesen werden dürfen, die NoVA aber offenbar immer noch auf den NEFZ-Werten basiert?

6.     Weshalb soll die für den Verfahrenswechsel geplante NoVA-Neuberechnung (wie von der WKO behauptet) aufkommensneutral sein, wenn klar ist, dass die NEFZ-Werte nicht der Realität entsprachen?

a.     Bis wann werden Sie die neue NoVA-Berechnung erarbeiten und vorlegen?

b.     Widerspricht die Aufkommensneutralität Ihrer Meinung nach nicht dem Ziel der Emissionsminderung, das sich aus dem Pariser Klimaabkommen ergibt?

c.     Werden Sie im Zuge der Neuberechnung die Chance nutzen, den Lenkungseffekt der NoVA hin zu Verbrauchs- und emissionsarmen Fahrzeugen zu verstärken, d.h. emissionsintensive Fahrzeuge stärker als bisher zu besteuern?

i.      Falls ja, in welchem Ausmaß?

ii.     Falls nein, weshalb nicht?

iii.    Falls nein, wie gedenken Sie sonst, die von der EU im „Rahmen für die Klima- und Energiepolitik“ festgelegten nationalen Emissionsziele für Österreich, insbesondere im Verkehrsbereich mit Steuermaßnahmen in Angriff zu nehmen?

7.     In Anbetracht der derzeitigen Dieselkrise, die zwar nicht mit Angaben des Verbrauchs, sehr wohl aber mit falschen Herstellerangaben im Allgemeinen und den Emissionszielen zu tun hat: Halten Sie das steuerliche Dieselprivileg noch für tragbar?

a.     Falls ja, weshalb?

b.     Falls nein, wann werden Sie es abschaffen?



[1] https://orf.at/stories/2452795/2452796/.

[2]  https://derstandard.at/2000087980407/OeAMTC-fordert-realistischere-Verbrauchsangaben .

[3] https://www.wko.at/branchen/stmk/handel/fahrzeughandel/auswirkungen-wltp-nova.html .