2260/J XXVI. GP

Eingelangt am 09.11.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Daniela Holzinger, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend der Rolle von Sebastian Kurz als JVP-Funktionär im Telekom­Wahlkampfspenden- und Schmiergeldskandal von 2008

 

Begründung:

Laut Medienberichten ist es im Prozess um Schmiergeldzahlungen der Telekom in der Verhandlung am 7. November 2018 zu folgender Aussage gekommen:

„Die Richterin legte dann eine Mail des Angeklagten vor: ,Rudi Fischer hat 100.000 Euro via Peter Hochegger an die ÖVP-Bundespartei für 2007 zugesagt, mit der Bitte um Berücksichtigung.´ Laut dem Angeklagten wurden auf Basis dieser Zusage 20.000 Euro für den Wahlkampf der ÖVP-Telekomsprecherin im Nationalrat, Karin Hakl, verwendet und

80.0        für den Jugendwahlkampf der ÖVP-Bundespartei. (...)

Die Zahlung für den ÖVP-Jugendwahlkampf 2008 ging an die Agentur White House und wurde schon im Jahr 2012 im parlamentarischen U-Ausschuss behandelt. White House hatte der Valora eine Rechnung über 96.000 Euro für ,Kreativ-Leistungen' und anderes gelegt. Tatsächlich handelte es sich dabei um Leistungen für den ÖVP-Jugendwahlkampf, in den auch die JVP integriert war.“ (Quelle:

https://derstandard.at/jetzt/livebericht/2000090792610/telekom-prozess-zwei-ex-manager-hoffen-weiter-auf-diversion)

Die Junge ÖVP hat also im Jahr 2008, so der Prozessbericht der Zeitung „Der Standard“,

80.000 Euro von der Telekom erhalten.

Die Zahlungen werden seitens der ÖVP bestätigt, im Prozess legte die Richterin eine Vereinbarung zwischen der ÖVP und der Telekom Austria aus dem Jahr 2013 vor. Aus ihr geht hervor, dass 96.000 Euro zurückgezahlt worden seien, darunter auch diejenigen für die genannten „Kreativ-Leistungen“, die an die Junge ÖVP gingen. Vor Gericht wurde im Zusammenhang dieser Zahlungen ausdrücklich von „Korruption“ geredet. So gab der Ex- Telekom-Vorstand Rudolf Fischer vor Gericht zu Protokoll: "Wenn Sie sagen: Wir haben sie korrumpiert? Ja, haben wir. Aber es wäre ohne das nicht gegangen." (Quelle: https://derstandard.at/jetzt/livebericht/2000090792610/redcontent/1000135410/telekom-prozess-zwei-ex-manager-hoffen-weiter-auf-diversion)

Bundeskanzler Sebastian Kurz war - so steht es jedenfalls in der Biografie, die auf der Parlamentshomepage veröffentlicht ist - im Jahr 2008 bereits Vorsitzender der Wiener Jungen ÖVP und von 2009 - 2017 übte er das Amt des Bundesvorsitzenden der Jungen ÖVP aus.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.  In welchem Zeitraum übten Sie das Amt des Vorsitzenden der Wiener Jungen ÖVP aus?

2.  An welchem Datum genau wurden Sie in dieses Amt gewählt?

3.  in welchem Zeitraum übten Sie das Amt des Bundesvorsitzenden der Jungen ÖVP aus?

4.  An welchem Datum genau wurden Sie in dieses Amt gewählt?

5.   In welcher Form waren Sie in Wahlkampfplanungen der Jungen ÖVP für den Nationalratswahlkampf 2008 eingebunden? Was waren Ihre konkreten Aufgaben und Verantwortlichkeiten? (Bitte um gesonderte Aufschlüsselung nach Planungen für den Wahlkampf in Wien und der Jungen ÖVP im Bund)

6.  Wie viele Wahlkampfeinsätze hatten Sie persönlich im Jahr 2008 in Wien und bundesweit (bitte beides gesondert aufschlüsseln?)

7.  Welcher Art waren diese Einsätze (etwa: Teilnahme an Diskussionen, Straßenwahlkampf, Wahlkampf vor Schulen und Jugendzentren...)?

8.  Welche - in Ihren Augen - „kreativen“ Wahlkampfaktivitäten der Jungen ÖVP gab es im Jahr 2008?

9.  Aus Ihrer Erfahrung und aus Ihrem Einblick als ehemaliger Vorsitzender Jungen ÖVP: Wie wurden die Wahlkampfaktivitäten der Jungen ÖVP finanziert?

10.   Haben Sie sich für die Herkunft der Wahlkampfgelder 2008 der Wiener Jungen ÖVP interessiert? Falls Ja, bei wem haben Sie nachgefragt und welche Auskunft haben Sie daraufhin erhalten?

11.  Wurde damals über die Verwendung einer Summe von 80.000 Euro für den Jugendwahlkampf 2008 gesprochen?

12.  Kennen Sie die im Telekom-Prozess genannten Agentur White House?

13.  Standen Sie mit der Agentur direkt oder indirekt in Kontakt?

14.  Wann haben Sie wie erfahren, dass es Unstimmigkeiten bei der Finanzierung des ÖVP- Jugendwahlkampfs 2008 gab?

15.  War die Wahlkampffinanzierung der Wiener Jungen ÖVP für den Wahlkampf 2008 - aus Ihrer Sicht - sauber?

16.  Wie beurteilen Sie dies für die Wahlkampffinanzierung des Bundeswahlkampfs der Jungen ÖVP?

17.  Waren Sie in die Entscheidung, die genannten 96.000 Euro zurückzuzahlen, eingebunden? Falls ja: Wie war Ihre Haltung dazu?

18.  Aus welchen Mitteln wurde das Geld, das ja mutmaßlich ausgegeben worden ist, zurückgezahlt? Hat die Junge ÖVP dazu einen eigenen Beitrag geleistet?

19.  Welche politischen und gesetzgeberischen Konsequenzen ziehen Sie aus den hier genannten Ereignissen von 2008?

20.  Wie beurteilen Sie die geltenden gesetzlichen Regelungen zur Wahlkampffinanzierung in Österreich?