2268/J XXVI. GP

Eingelangt am 14.11.2018
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus

 

betreffend Großhotel in einem Wohnhaus der Bundesforste in Innsbruck

Leistbares Wohnen ist ein zentrales Anliegen der Bürgerinnen und Bürger und spielt daher in jeglichen Wahlauseinandersetzungen – ob auf Gemeinde-, Landes- oder Bundesebene – eine zentrale Rolle.

Im Regierungsprogramm heißt es: „Wohnen ist ein Grundbedürfnis (…) Bei steigender Nachfrage an Wohnraum können wir die Gesamtsituation nur verbessern, wenn wir das Angebot insgesamt erhöhen. (…) Im Sinne der Nachhaltigkeit sollen Sanierungen und der Erhaltung von bestehenden Gebäuden der Vorrang gegeben werden und bei Neubauten flächenoptimierte Bauweisen bevorzugt werden.

Nichtsdestotrotz ist Wohnen in manchen Regionen bzw. Städten Österreichs extrem teuer und verschlingt laut Studien bis zur Hälfte des Einkommens. Im Vergleich zum Nettoeinkommen wird Wohnen immer teurer. Durchschnittlich seien aktuell (2017) 35% des Haushaltseinkommens fürs Wohnen zu budgetieren.[1]

In Tirol ist Wohnen besonders teuer, die Landeshauptstadt Innsbruck ist stets in den Statistiken unter den teuersten Städten Österreichs zu finden. „In Innsbruck ist Wohnen österreichweit am teuersten“, titelte die Krone am 5.9.2018.[2]

Nun soll in Innsbruck nahe der Universität in einem Gebäude der Bundesforste, einer AG, deren Alleinaktionär die Republik Österreich ist, ein Großhotel mit 261 Betten entstehen, anstatt Wohnungen zu schaffen.

Ursprünglich hatte sich die Stadt Innsbruck im Jahr 2015 um das Baurecht bemüht, zu einem Bauzins von maximal 20.000,- Euro pro Jahr. Die Bundesforste haben das Baurecht allerdings an den Immobilienverwalter BHS zu einem Bauzins von 77.000,- Euro pro Jahr vergeben.[3]

Die Stadt Innsbruck ließ das Gebäude unter Schutz stellen, der Eigentümer zog dagegen vor Gericht.

Die ehemalige Bürgermeisterin der Stadt Innsbruck kritisiert, dass die Republik „wieder einmal Vermögen der österreichischen Bevölkerung privatisiert“[4] habe.

Im Baurechtsvertrag von 2015 wurde BHS verpflichtet, ausschließlich Wohnungen zu errichten, ein Hotel wurde verboten. In Der Tiroler Tageszeitung vom 2. November 2018 wird aus dem Vertrag zitiert: „Vertragszweck ist die Schaffung von Wohnungen. (…) Die Errichtung eines Beherbergungsbetriebes ist nicht gestattet.“ Nachträglich wurde der Vertrag dahingehend geändert, dass dies nun doch möglich ist: „Die Bundesforste haben der nötigen Änderung des Baurechtsvertrages mit der BHS Immobilienverwaltung zugestimmt.“[5]

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus nachstehende:

Anfrage

 

1. Warum wurde der Baurechtsvertrag nachträglich geändert und das Verbot zur Errichtung eines Beherbergungsbetriebes aufgehoben?

2. Zur aktuellen Nutzung des Gebäudes gibt es unterschiedliche Angaben. So ist von vermieteten Wohnungen ebenso wie von Leerstand die Rede. Wie ist der Status quo?

3. Der Bürgermeister der Stadt Innsbruck kritisiert, „dass die Bundesforste das maximale Ergebnis herausgeholt und nicht auf andere Gebietskörperschaften Rücksicht genommen haben“[1]. Wie beurteilen Sie seitens Ihres Ressorts die Angelegenheit?

4. Funktioniert die Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften anhand dieses Beispiels oder sehen Sie Verbesserungspotential? Wenn ja in welcher Hinsicht und wie soll dieses ausgeschöpft werden?

5. Sind die Bundesforste angehalten, möglichst hohe Umsätze zu lukrieren oder spielen auch andere Faktoren wie die Zusammenarbeit mit Gebietskörperschaften oder leistbares Wohnen für die BürgerInnen in der Ausrichtung eine Rolle?

6. Ist leistbares Wohnen auch seitens Ihres Ressorts ein Anliegen, das Sie verfolgen?

7. Wenn ja, welche Schritte setzen Sie oder haben Sie zur Verwirklichung dieses Anliegens gesetzt?

8. Sind durch die Gerichtsanhängigkeit der Angelegenheit auch für die Bundesforste als Eigentümer des Areals Kosten entstanden und wenn ja in welcher Höhe?

9. Welche Einnahmen werden aktuell für das Areal lukriert?

10. Welche Einnahmen wurden vor der Vergabe des Baurechtes an BHS für das Areal – inklusive etwaiger Vermietungen - lukriert?

11. Wie viele Privatisierungen dieser Art hat es bei den Bundesforsten in den vergangenen zehn Jahren (2008 – 2018) gegeben?



[1] https://diepresse.com/home/wirtschaft/verbraucher/5379648/Wohnkosten-und-Einkommen-klaffen-immer-weiter-auseinander

[2] https://www.krone.at/1766865

[3] Tiroler Tageszeitung, 6. November 2018, Seite 19

[4] Tiroler Tageszeitung, 8. November 2018, Seite 21

[5] Tiroler Tageszeitung, 2. November 2018, Seite 23

[1] Tiroler Tageszeitung, 6. November 2018, Seite 19