2276/J XXVI. GP
Eingelangt am 15.11.2018
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Anfrage
der Abgeordneten Gamon, MSc, Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen,
an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien
betreffend die Vollziehung des Audiovisuelle Mediendienste-Gesetzes (AMD-G)
Die Anwendung des Audiovisuelle Mediendienste-Gesetzes (AMD-G) bedroht die Existenz kleiner YouTube-Kanäle und schadet damit der Medienvielfalt in Österreich. Das Gesetz ist derzeit auf beinahe alle YouTube-Kanäle, unabhängig von deren Größe, anwendbar. Eine Mindestschwelle an Abonnenten oder Views gibt es nach Meinung der Rundfunk und Regulierungs-GmbH (RTR) und der KommAustria jedenfalls nicht (vgl KommAustria/RTR, FAQ Abrufdienste [02.07.2018] S. 6). Ob der Kanal mit den zur Verfügung gestellten Videos Geld verdienen kann, ist für die Medienbehörde ebenso irrelevant (vgl etwa Bescheid KOA 1.960/17-123, S. 15 f).
Die Voraussetzungen für eine Anwendbarkeit des Audiovisuelle Mediendienste-Gesetzes sind teilweise unpräzise und ausgesprochen weit. De facto sollte derzeit jeder (also Privatpersonen, Unternehmen, Vereine, etc.), der einen YouTube-Kanal betreiben will, unabhängig davon, wie groß dieser Kanal sein oder werden soll, eine Überprüfung durch die RTR/KommAustria beantragen, weil dem Betreiber andernfalls Strafen von bis zu 4.000 Euro drohen. Derartige Strafen können für zahlreiche Youtuber, die zur Medienvielfalt in Österreich beitragen, existenzbedrohend sein. Darüber hinaus sieht das Gesetz umfassende Anzeige, Aufzeichnungs- und Kennzeichnungspflichten und Finanzierungsbeiträge vor. Die Rechtslage und deren Anwendung auf kleinere Medienprojekte schaffen damit einen hohen Verwaltungsaufwand und potentiell hohe Kosten. Vor diesem Hintergrund ist es besonders befremdlich, dass die KommAustria/RTR nun auch massenweise Informationsschreiben an die unterschiedlichsten Youtuber aussendet. Dabei ist nicht einmal nachvollziehbar, nach welchen Kriterien diese ausgesendet werden.
Laut Regierungsprogramm ist eine „neue Organisationsstruktur der ausgelagerten Gesellschaften, Behörden, Fördertöpfe (RTR, KommAustria, etc.)“ geplant. Die geplante Restrukturierung der Medienbehörde in Verbindung mit der derzeitigen Praxis, YouTuber zur Anzeige als Mediendienst nach dem AMD-G aufzufordern, wirft einige Fragen auf, betreffend der Regulierung audiovisueller Mediendienste in Theorie und Praxis, aber auch zukünftiger Reformen zur Schaffung des von Ihnen versprochenen "level playing fields" auf.
Aus diesem Grund richten die unterzeichnenden Abgeordneten an den
Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien folgende
Anfrage:
1. Wie viele
Anzeigen gem § 9 Abs 1 AMD-G wurden in den Jahren 2012,
2013, 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 gestellt
a. Wie
viele davon wurden zur Feststellung, ob ein audiovisueller Mediendienst iSd
§ 2 Z 3 AMD-G vorliegt, gestellt?
b. Wie
viele davon wurden zur Feststellung, ob ein Mediendienst auf Abruf iSd
§ 2 Z 4 AMD-G vorliegt, gestellt?
i. Wie viele davon betrafen YouTube-/bzw. Sozialmedia-Kanäle (Facebook, Instagram, Twitter, etc.) mit (zum Zeitpunkt der Anfrage) unter 1.000 Abonnenten?
ii. Wie
viele betrafen Angebote mit weniger als 1.000 Euro Umsatz im Jahr?
c. In
wie vielen Fällen wurde entschieden, dass ein audiovisueller Mediendienst
iSd § 2 Z 3 oder Z 4 AMD-G vorliegt?
d. In
wie vielen Fällen wurde entschieden, dass kein audiovisueller Mediendienst
iSd § 2 Z 3 oder Z 4 AMD-G vorliegt?
2. Wie viele
Anzeigeaufforderungen versandte die RTR/KommAustria in den Jahren 2012, 2013, 2014,
2015, 2016, 2017 und 2018?
a. An
wie viele audiovisuelle Mediendienste iSd
§ 2 Z 3 AMD-G ergingen derartige Anzeigeaufforderungen
in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018?
b. An
wie viele audiovisuelle Mediendienste auf Abruf iSd
§ 2 Z 4 AMD-G ergingen derartige Anzeigeaufforderungen
in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018?
i. Wie viele davon betrafen YouTube-/bzw. Sozialmedia-Kanäle (Facebook, Instagram, Twitter, etc.) mit (zum Zeitpunkt der Anfrage) unter 1.000 Abonnenten?
ii. Wie
viele betrafen Angebote mit weniger als 1.000 Euro Umsatz im Jahr?
c. Nach
welchen Kriterien werden die Empfänger derartige Anzeigeaufforderungen
ausgesandt?
3. Wie
viele Verwaltungsstrafen nach § 64 AMD-G wurden in den Jahren 2012,
2013, 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 verhängt (aufgeschlüsselt nach
den einzelnen Abs und lit der leg cit)?
a. Wie
viele davon betrafen audiovisuelle Mediendienste iSd
§ 2 Z 3 AMD-G?
b. Wie
viele davon betrafen audiovisuelle Mediendienste auf Abruf iSd
§ 2 Z 4 AMD-G?
i. Wie viele davon betrafen YouTube-/bzw. Sozialmedia-Kanäle (Facebook, Instagram, Twitter, etc.) mit (zum Zeitpunkt der Anfrage) unter 1.000 Abonnenten?
ii. Wie
viele betrafen Angebote mit weniger als 1.000 Euro Umsatz im Jahr?
4. Um
feststellen zu können, ob etwa ein Anbieter eines audiovisuellen
Mediendienstes auf Abruf gegen die Anzeigepflicht verstößt und ob er
damit eine Verwaltungsübertretung begeht, muss festgestellt werden, ob er
überhaupt unter das AMD-G fällt. Nimmt die RTR/KommAustria derartige
Prüfungen regelmäßig vor?
a. Wenn
ja: Nach welchen Kriterien wird entschieden, ob ein Mediendienst derart
überprüft wird?
b. Wenn ja: Werden die derart informell überprüften Kanäle auch informiert, wenn sie nicht unter das AMD-G fallen?
5. Abgesehen von RTR und KommAustria, welche ausgelagerten Gesellschaften, Behörden und Fördertöpfe sollen eine neue Organisationsstruktur bekommen, wie im Regierungsprogramm vorgesehen?
6. Wann ist mit einer Reform der RTR, der KommAustria und weiterer ausgelagerter Gesellschaften, Behörden und Fördertöpfe zu rechnen, nach welchen Gesichtspunkten sollen diese erfolgen und welche konkreten Maßnahmen sind im Zuge der Reform geplant?
a. Soll es im Zuge dieser Reformen zu einer Aufstockung der finanziellen Mittel kommen? Wenn ja, bitte um Aufschlüsselung nach Gesellschaften., Behörden und Fördertöpfen.
b. Sind im Zuge der Reformen personelle Aufstockungen bei RTR und KommAustria personelle Aufstockungen geplant? Wenn ja, dann bitte um Aufschlüsselung nach Gesellschaften., Behörden und Fördertöpfen.
c. Inwiefern sollen im Zuge der Reformen die Kompetenzen von Komm Austria und RTR erweitert oder beschränkt werden?
7. Ende
2017 verstarb ein Mitglied der KommAustria, bis heute hat keine Nachbesetzung
stattgefunden. Welchen Zeitrahmen haben Sie sich für die Ausschreibung zu
Bewerbung und Nachbesetzung des Mitglieds der KommAustria gesetzt?
a. Welche weitere Bewerbungsvoraussetzungen sind neben den gesetzlich vorgeschriebenen geplant?
8. Welche
konkreten Maßnahmen haben Sie im Zuge des österreichischen
EU-Ratsvorsitzes im Bereich der Medienpolitik auf europäischer Ebene
gesetzt?
a. Inwiefern
haben Sie während des Ratsvorsitzes den Austausch zwischen den Mitgliedsstaaten
und der Kommission über Fragen der Umsetzung der Novelle der
AVMD-Richtlinie gefördert?
b. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie für den zukünftigen Umgang mit großen Plattformen und zur raschen Herstellung eines fairen Wettbewerbsumfelds im Medienbereich gesetzt?