2278/J XXVI. GP

Eingelangt am 15.11.2018
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Anfrage

 

des Abgeordneten Dr. Hannes Jarolim, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Bemerkenswertes Verhalten von Regierungsmitgliedern im Zusammenhang mit einer Sportveranstaltung

 

Vom 22. bis 30. September 2018 fanden in Innsbruck die UCI Road World Championships statt, das weltweit größte Straßenradereignis. Insgesamt knapp 1.000 Exekutivbeamte waren während dieses Sportevents im Dienst und sorgten in hervorragender Weise für einen reibungslosen Ablauf der Großveranstaltung. Es viel vielerorts auf, dass diesem Großevent nicht nur der ressortzuständige Sportminister und Vizekanzler Heinz-Christian Strache, sondern auch der der Bevölkerung im zunehmenden Ausmaß als strammer Reiter ein Begriff werdende Innenminister Herbert Kickl fernblieben, obwohl knapp 1.000 der dem Innenminister unterstehenden Beamten für die Sicherheit sorgten. Dem Vernehmen nach soll der Anlass für das Fernbleiben vom internationalen Ereignis jener sein, dass Weltgrößen wie die Supersportler Valverde, Sagan und Co auf Drahtesel das Publikum zu bestechen vermögen, was den beiden Regierungsmitgliedern als für sich weniger medial ausschlachtbar erschien als etwa das Gesehenwerden auf oder neben Pferden, wiewohl gerade der Herr Innenminister in dem Zusammenhang in München Zuschauern seiner Reitdarbietungen ungewollt zu mehr oder weniger unterdrücktem Schmunzeln verholfen haben soll.

Die Abwesenheit des Innenministers wurde jedenfalls von Radfans bei der Veranstaltung als bedauernswert und unverständlich empfunden, sodass sie ihn mittels Transparent und den darauf erkennbaren Worten „Kickl Ride to Höll“ einzuladen versuchten (siehe Foto[1]).


Die Höll ist Kickl offenbar zu steil. Aber muss man deswegen gleich mit einer Anzeige auf die Einladung reagieren?
 

 

 

 

 


Zur Erklärung sei darauf hingewiesen, dass der Begriff „Höll“ nichts mit der religiös konnotierten „Hölle“ (als Gegenspieler himmlischer Mächte) zu tun hat, sondern vom Tiroler umgangssprachlichen Wort „Hehl“, welches einen Hohlweg bezeichnet, stammt. In der „Höttinger Höll“, einem extrem steilen Hohlweg im Norden von Innsbruck, fanden nämlich die Radrennen statt.

Die beiden jungen Männer, welche die grafische Einladung an den Innenminister ausgesprochen hatten, sehen sich nun mit einer Anzeige wegen „Anstandsverletzung“ konfrontiert.

Bemerkenswert in dem Zusammenhang ist der Umstand, dass während des Rennens zunächst die Personalien der beiden Herren durch diensthabende Exekutivbeamte aufgenommen wurden. Auf die in diesem Zusammenhang erfolgte Nachfrage der Polizisten, ob die Männer das Rennen zu stören planten, wurde dies nachdrücklich verneint. Die ortskundigen Polizisten genehmigten daraufhin das Ausrollen des Einlade-Transparentes, was von den Teilnehmern an der Veranstaltung als klarer Hinweis dafür empfunden wurde, dass die Einladung auch von im besonderen Ausmaß kritischen Personen keinesfalls als Gesetzesverletzung ausgelegt werden könnte. Sie staunten daher nicht schlecht, als Tage später eine Anzeige seitens der Polizei wegen „Anstandsverletzung“ in den Postkästen der junger Einlader einlangte.

Auf die Nachfrage weshalb nun plötzlich eine „Anstandsverletzung“ vorliege, bekamen sie lapidar zu hören, dass es sich hierbei um eine „Weisung von oben“ handle. Dem Vernehmen nach soll der Herr Innenminister höchstpersönlich die Einladung als mit seinem mittlerweilen in unterschiedlichen Formaten von Unterhaltungsprogrammen dargestellten Verhaltensweisen nicht in Einklang bringbar erachtet haben.

Unabhängig von dieser ministeriellen Empfindung fand der renommierte Tiroler Kabarettist Markus Koschuh das Format der Einladung als in einem solchen Ausmaß bemerkenswert, dass er gemeinsam mit der bekannten Innsbrucker Institution „das Treibhaus“, zu einem „Bitt schön, Herr Kickl!“-Einladungs-Transparent-Contest einlud. Im Rahmen dieser Aktion erschienen hunderte von BesucherInnen von weit und nah (auch aus dem benachbarten Bayern in Scharen), um die zahlreichen Einreichungen bewundern und bewerten zu können. Zusätzlich erhielt jeder Besucher beim Eintritt drei bunte Klebepunkte, sogenannte Kickl-Pickln, die er neben seinen favorisierten Beiträgen anbringen konnte. Auf diese wundersame Weise konnten sodann die Sieger des Wettbewerbs ermittelt werden. Selbst Innsbrucks grüner Bürgermeister Georg Willi konnte es sich nicht leisten, an der vielbeachteten Vernissage nicht teilzunehmen und verkündete dort lauthals unter tobendem Beifall: "Die Antwort auf Repression war immer Kreativität." Und so geschah es auch, dass durch Spenden ein „Einladungsfonds“ errichtet werden konnte, der in geeigneter Weise Antworten auf die Auswüchse besonders humorloserer Gemütsfolgen zu geben ermöglicht.

Es entzieht sich jedenfalls der Kenntnis der Anfrager, aus welchen Gründen so manche Mitglieder der vom Bundeskanzler Sebastian Kurz geleiteten Regierung anerkennenswerte Gesten von Freundlichkeit und Menschlichkeit zu Gegenständen unverhältnismäßiger strafrechtlicher Verfolgungsversuche machen. Es sei abschließend bemerkt, dass derartige Verhaltensweisen auch durchaus dazu geeignet sein können, die von Bundeskanzler Kurz bei vielerlei Anlässen zum Ausdruck gebrachte Neigung, sich und andere Personen der Bundesregierung in besonderer Weise als edel darzustellen (siehe dazu etwa Newsweek vom 26.10.2018[2]) unterlaufen könnte.

 

Aus diesem Grund stellen die unterzeichnenden Abgeordneten nachstehende

 

Anfrage

 

1.      Wurde gegen die beiden Herren ein Ermittlungsverfahren wegen „Anstandsverletzung“ eingeleitet?

a.      Wenn ja, weshalb?


2.      Wieso wurden zwei unbescholtene österreichische Staatsbürger trotz örtlicher polizeilicher Zusage des Absehens einer Amtshandlung mit einer Anzeige konfrontiert?

 

3.      In Bezugnahme auf „die Weisung von oben“: Welches Organ hat die Weisung veranlasst? Aus welchem Grund?

 

 



[1] https://derstandard.at/2000088503182/Anzeige-gegen-Rad-WM-Fans-wegen-provokanten-Plakates-gegen-Kickl

[2] https://www.newsweek.com/2018/10/26/sebastian-kurz-young-austrians-see-themselves-their-chancellor-1173607.html