2385/J XXVI. GP
Eingelangt am 05.12.2018
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Arbeit‚ Soziales‚ Gesundheit und Konsumentenschutz
betreffend Die fehlende "Finanzierung aus einer Hand" und die negativen Versorgungs-Folgen am Beispiel der "LifeVest"
Kassen-Länder-Hickhack bezüglich des Heilbehelfs LifeVest (Partnerschaftliche Zielsteuerung funktioniert nicht)
Das schon einige Jahre dauernde Dilemma um die Defibrillatorweste ist ein typisches Beispiel für Ineffizienzen im österreichischen Gesundheitswesen. Die LifeVest kann herzkranken Patienten vor anstehenden Operationen Leben retten. WENN sich die Verantwortlichen über die Finanzierung einig wären. Sind sie aber nicht. Die Kassen wollen die Finanzierung den Krankenhäusern aufbürden. Die Spitäler wiederum argumentieren, die Krankenversicherung sei zuständig. (https://kurier.at/wirtschaft/lifevest-streit-auf-dem-ruecken-der-herz-patienten/400085783). Der Bürgeranwalt zeigte die Problematik am 1.12.2018 erneut auf.
LifeVest beim Bürgeranwalt
Im Beitrag des Bürgeranwalts
("Krankenkasse verweigert Unterstützung") wurde geschildert,
dass die LifeVest von herzkranken Menschen getragen wird, die noch eine gewisse
Zeit auf ihre Herz-OP warten müssen. Nicht dauerhaft, sondern 2-3 Monate
("Bridging" - laut HV-Direktor-Stellvertreter Wurzer). Im
konkreten Fall berichtete eine herzkranke Patientin, dass sie folgende 3
Optionen hätte: LifeVest, Implantation ei-nes Defibrillators oder
Überwachung im KH.
Nach der Gegenüberstellung der
Alternativen müsste den Beteiligten (Länder, Kassen) klar sein, was
aus Sicht des gesamten Gesundheitssystems am günstigsten ist - LifeVest.
Vor allem weil man sich bei der Gesundheitreform 2013 zur partnerschaftlichen
Zielsteuerung verpflichtet hat... Dass die Kassen, die den ambulanten Bereich
finanzieren, aus rein finanzieller Sicht die LifeVest nicht forcieren, ist
wenig überraschend, da die Einsparungen durch die LifeVest in den
stationären Bereich fallen. Aber zumindest den Krankenhausökonomen
müsste einleuchten, dass die LifeVest für die
Spitäler/Länder die wirtschaftlich vorteilhafteste Variante ist.
Warum sie bei der LifeVest also so defensiv vorgehen, ist nicht
nachvollziehbar.
Fehlende Finanzierung aus einer Hand -
SV-"Reform" offensichtlich keine Grundlage für künftige
Versorgungsreformen
Grundsätzlich ist die Haltung der beiden Akteure (Kassen, Länder/Spitäler) auf die bekannte Problematik der fehlenden Finanzierung aus einer Hand zurückzuführen. Ähnlich wie bei der zögerlichen Ausrollung des erfolgreichen Diabetes DMP "Therapie aktiv", haben auch beim Produkt LifeVest die Kassen den Aufwand und die Landesgesundheitsfonds die Einsparung. Deshalb ergibt sich für österreichische Krankenkassen kein Anreiz, das positiv versorgungswirksame Produkt LifeVest zu forcieren. Deutsche, holländische oder schweizer Krankenkassen, die alle nach dem Prinzip der "Finanzierung aus einer Hand" funktionieren, würden hingegen nicht zögern, ihren Versicherten im Bedarfsfall das Produkt LifeVest zu zahlen (besserer Versorgung und Einsparung). Da die vorliegende SV-"Reform" diese Finanzierungs- und Anreizproblematik nicht einmal annähernd angeht und löst, wird sich das LifeVest-Hickhack zwischen Kassen und Ländern höchstwahrscheinlich fortsetzen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1. Ist Ihnen die LifeVest-Problematik bekannt?
2. Wie bewerten Sie die LifeVest bezüglich ihres Kosten-Nutzen-Potentials und ihres Einsparungspotentials aus Sicht der gesamten Gesundheitsfinanzierung (ambulante und stationäre Finanzierung gemeinsam betrachtet)?
3. Wie viele LifeVests wurden 2017 von den Kassen bzw. Spitälern finanziert? (Darstellung nach Bundesland)
4. Hat man sich bereits auf Indikationen geeinigt, bei denen die LifeVest auf jeden Fall finanziert wird?
a. Wenn ja, welche?
5. Die Zielsteuerungspartner Spitäler (Länder) und Kassen sehen die Finanzierungsverantwortung beim Heilbehelf LifeVest beim jeweils anderen Zielsteuerungspartner.
a. Wie kann angesichts dieser Tatsache die "Zielsteuerung" eine adäquate Alternative der "Finanzierung aus einer Hand" sein, um einen effizienten und effektiven Mitteleinsatz im Gesundheitssystem sicherzustellen?
b. Welche konkreten Verbesserungen bringt die vorliegende Regierungsvorlage zur Sozialversicherungsreform diesbezüglich, wenn darin keine Etablierung der "Finanzierung aus einer Hand" vorgesehen ist?
6. Im Zuge der SV-Reform werden 300 Kassenprüfer von den Kassen in die Finanz-ämter versetzt. Welche Gründe haben dazu geführt, dass man es nicht geschafft hat, die knapp 200 Landesgesundheitsfonds-Mitarbeiter in die Kassen zu versetzen, um die "Finanzierung aus einer Hand" zu ermöglichen?
7. Auch bei "Therapie aktiv" stockt die Ausrollung (Einschreiberate bei Diabetes-DMP: Ö:12%; D: 60%; UK: 95%), weil für die Kassen zusätzliche Kosten anfallen, aber die Landesgesundheitsfonds die Einsparungen lukrieren – Problematik: keine „Finanzierung aus einer Hand“. Sind Ihnen weitere innovative Versorgungs-prozesse bekannt, deren Verwirklichung, Ausrollung oder Kostenübernahme an der fehlenden "Finanzierung aus einer Hand" scheitern?
a. Um welche Versorgungsprozesse handelt es sich dabei?
b. Welche Maßnahmen setzen Sie diesbezüglich?