2402/J XXVI. GP

Eingelangt am 07.12.2018
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger‚ MES, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verfassung‚ Reformen‚ Deregulierung und Justiz

betreffend Stand der Dinge in der unendlichen Geschichte "Ideenschmiede"

 

Rund um das Unternehmen ideen.schmiede Werbeagentur GmbH (nunmehr: "SIGNS Werbeagentur GmbH") dreht sich seit dem Jahr 2013 ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren.

Über die FPÖ-nahe Agentur soll damals Geld aus Aufträgen des Landes Kärnten an die Freiheitlichen weitergeleitet worden sein. Laut Angaben des Justizministeriums wurde insgesamt gegen neun natürliche Personen und drei Verbände (juristische Personen) ermittelt. Anfang Mai 2018 war das Ermittlungsverfahren noch gegen sechs natürliche Personen und zwei Verbände anhängig. Ermittelt wurde ua wegen Verdachts der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 3 StGB, der unvertretbaren Darstellung wesentlicher Informationen über bestimmte Verbände nach § 163a StGB, der Bestechlichkeit nach § 304 Abs. 1 und 2 StGB sowie der Bestechung nach § 307 Abs. 1 und 2 StGB. Gegen drei natürliche Personen und einen Verband wurde das Verfahren inzwischen beendet.

Zahlreiche Medien (ua ORF, Kleine Zeitung und Der Standard) berichteten am 16. Mai 2018 (zwei Tage vor der AB von HBM Moser) davon, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ihre Ermittlungen in der Causa "Ideenschmiede" abgeschlossen habe. Weil es sich um ein berichtspflichtiges Verfahren handle, müsse laut WKStA-Sprecherin Elisabeth Täubl die Causa mit dem Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft an das Justizministerium weitergeleitet werden. Dort solle sich der Weisungsrat mit der Causa befassen.

Siehe dazu:

https://kaernten.orf.at/news/stories/2913058/

https://www.kleinezeitung.at/kaernten/5430034/Causa-Ideenschmiede_Geldfluss-an-FPOe-Es-gibt-sieben-Beschuldigte

https://derstandard.at/2000079859318/Ominoese-Geldfluesse-Ermittlungen-in-Causa-Ideenschmiede-abgeschlossen

 

In seiner schriftlichen Beantwortung (530/AB) vom 18. Mai 2018 der schriftlichen Anfrage (512/J) der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Ermittlungsverfahren in der Causa Ideenschmiede, ging der HBM noch in keinster Weise auf diese "Neuigkeiten" in der Causa "Ideenschmiede" ein.

 

Lediglich berichtete der Justizminister darüber, dass das von der Oberstaatsanwaltschaft Wien intendierte Vorhaben, weitere Ermittlungen zur Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage durch die WKStA anzuordnen, vom Bundesministerium für Justiz am 21. September 2015 genehmigend zur Kenntnis genommen wurde. Seit dem Jahr 2015 scheinen somit der Anfragebeantwortung des HBM zufolge keine wesentlichen Verfahrensschritte mehr unternommen worden zu sein.

 

Erst diesen Sommer rückte die mittlerweile in "SIGNS Werbeagentur GmbH" umbenannte "Ideenschmiede" wieder mehr in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Denn ebendiese Firma "SIGNS" entwarf - angeblich in Eigeninitiative - die Logos für zwei Prestigeprojekte von Bundesminister Herbert Kickl, der seinerzeit im Visier der Strafermittlungsbehörden in der Causa Ideenschmiede war, jedoch eine Anklage durch seine parlamentarische Immunität verhindert wurde. Die Prestigeprojekte heißen "Pferdereiterstaffel" und "Fremden- und Grenzschutzpolizeiliche Einheit - PUMA". Die Erstellung dieser Logos waren auch Gegenstand einiger parlamentarischer Anfragen.

 

Dass just jenes Unternehmen, rund um das noch immer strafrechtlich ermittelt wird, den Auftrag - angeblich laut Anfragebeantwortungen (1403/AB) und (1440/AB) kostenlos - von BM Herbert Kickl erhielt, die Logos der beiden von der FPÖ forcierten Sonderheiten zu entwickeln, birgt eine seltsame Optik. Zumal darf man sich die Frage stellen, welches Unternehmen der Republik kostenlose Dienstleistungen erbringt. Gesellschafter und Geschäftsführer des Unternehmens sind seit seiner Gründung (2005) unverändert.

 

Abschließend sei erneut darauf hingewiesen, dass die Unschuldsvermutung gilt und die aufgeworfenen Fragen und Vorwürfe einzig auf der oben genannten Publikation der Medien (ORF, Kleine Zeitung und Der Standard) beruhen. Die strafrechtliche Beurteilung obliegt der Staatsanwaltschaft und den Gerichten.

 

Das Vertrauen der Bevölkerung in den funktionierenden Rechtsstaat leidet gerade unter Fällen wie dem vorliegenden, in denen politische Korruption entweder gar nicht oder nur sehr halbherzig verfolgt wird bzw wo Ermittlungen so lange verzögert werden, bis an einem brisanten Fall keinerlei öffentliches Interesse mehr besteht und in dieser in Vergessenheit gerät.

 

Dass nicht jeder an der Aufarbeitung der Causa Interesse hat, ist klar, umso mehr muss sich die österreichische Strafjustiz und die Ermittlungsbehörden ihre Unabhängigkeit unter Beweis stellen. Österreich liegt laut "Justizbarometer 2018" der EU-Kommission bei in der von der Öffentlichkeit wahrgenommenen Unabhängigkeit der Justiz auf Rang drei in der EU hinter Dänemark und Finnland. Fälle wie die Causa Ideenschmiede können darüber entscheiden, ob Österreich diesen Rang wird verteidigen können oder nicht. Der Herr Justizminister trägt auch einen Teil der Verantwortung, wie mit solchen Causen verfahren wird.

 

Ob der politischen Brisanz des Falles und der mutmaßlichen Implikation von hochrangigen FPÖ Funktionären, welche zu gewissen Zeitpunkten nachweislich stille Gesellschafter der Ideenschmiede waren und mittlerweile hohe Regierungsämter innehaben, stellen die unterfertigenden Abgeordneten daher folgende

Anfrage:

 

1.    Welche Ermittlungsschritte wurden seit 1. April 2018 von Seiten der WKStA bzw. der OStA in der Causa "Ideenschmiede" gesetzt?

a.    Wurde im Zuge des Ermittlungsverfahrens auch gegen Gesellschafter, Angestellte, Geschäftsführer, Prokuristen oder anderweitig der nunmehrigen SIGNS Werbeagentur GmbH nahe stehende Personen ermittelt?

2.    Wurde das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wie in den Medien berichtet abgeschlossen?

a.    Wenn ja, zu welchem Schluss kommt die WKStA?

b.    Wenn ja, ist beabsichtigt, gegen einzelne oder mehrere der Beschuldigten Anklage zu erheben?

                                  i.    Wenn ja, gegen wen?

                                ii.    Wann ist beabsichtigt, Anklage zu erheben?

c.    Falls nein, wann wurden die Ermittlungen in der Causa "Ideenschmiede" eingestellt und aus welchen präzisen Gründen?

                                  i.    Wurden im Zusammenhang mit der Einstellung des Verfahrens Weisungen von der OStA oder dem Ministerium erteilt?

d.    Wenn nein,

                                  i.    Wann kann mit dem Abschluss der Ermittlungen gerechnet werden?

                                ii.    Weshalb dauern die Ermittlungen in der Causa nun schon 5 Jahre an?

3.    Wurden in der Causa Ideenschmiede im Jahr 2018 Weisungen vom Ministerium oder der OStA Wien erteilt?

a.    Wenn ja, welche?

4.    Ist beabsichtigt, in der Causa Weisungen zu erteilen, um das Ermittlungsverfahren zu beschleunigen und zu einem Ende zu bringen?

a.    Wenn nein, weshalb nicht?

b.    Wenn ja, welche Weisungen beabsichtigt der HBM in der Sache zu erteilen?

5.    Wann genau verjähren die den Beschuldigten zur Last gelegten Straftaten?

6.    Wurde ein Vorhabensbericht der WKStA der OStA Wien vorgelegt?

a.    Wenn ja, wann und mit welchem Inhalt?

b.    Wenn nein, wann ist mit solch einem Vorhabensbericht zu rechnen?

7.    Wurde die Causa bereits dem BMVRDJ von der OStA Wien vorgelegt?

a.    Wenn ja, welche Reaktion beabsichtigt der HBM auf diese Vorlage in der Causa?

8.    Wurde der Weisungsrat bereits mit der Causa befasst?

a.    Wenn ja, welche Empfehlung sprach der Weisungsrat aus?

                                  i.    Wurde dieser Empfehlung gefolgt?

1.    Wenn nein, weshalb nicht?

b.    Wenn nein, wann wird der Weisungsrat mit der Causa befasst?

c.    Wenn nein, beabsichtigt der HBM sich der Empfehlung des Weisungsrates anzuschließen?

9.    Was ist der letzte Stand der Dinge im Verfahren rund um die Ideenschmiede Werbeagentur GmbH?