2441/J XXVI. GP

Eingelangt am 13.12.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Kovacevic,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres

betreffend Stand der Beitrittsgespräche der Europäischen Union mit Albanien

 

Albanien ist seit dem 24. Juni 2014 offizieller Beitrittskandidat der Europäischen Union. Nachdem das albanische Parlament im Sommer 2016 eine Justizreform verabschiedet hatte, empfahl die EU-Kommission im November 2016, die Beitrittsverhandlungen mit Albanien aufzunehmen. Als Bedingung setzt sie aber zunächst die Umsetzung der Justizreform voraus. Erst am 26. Juni 2018 stimmte die EU dem Beginn von Beitrittsverhandlungen zu. Die Gespräche könnten Ende 2019 beginnen.

Aber auch in Bezug auf Albanien mahnt die Kommission in ihren Berichten erneut größere Reformanstrengungen in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, öffentliche Verwaltung und Wettbewerbsfähigkeit an.

„Mit unseren heutigen Empfehlungen für (…) Albanien erkennen wir die erzielten Fortschritte an. Dies ist ein wichtiger Schritt nach vorn, doch klar bleibt –– und dies gilt für alle Länder des westlichen Balkans: Auf dem Weg in die EU gibt es keine Abkürzungen. Es bestehen nach wie vor große Defizite. Wir müssen sehen, dass die Reformen, insbesondere im Bereich der Rechtsstaatlichkeit, stärker vorangetrieben werden und zu nachhaltigen Ergebnissen führen. Diese Reformen sind nicht „für Brüssel“: eine leistungsfähige Justiz, die wirksame Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, eine effiziente öffentliche Verwaltung, eine stärkere Wirtschaft – all dies wird unmittelbar der Region und ihren Bürgerinnen und Bürgern sowie ganz Europa zugutekommen,“ so Johannes Hahn, EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen, in einer Aussendung der Europäischen Kommission zu Beginn dieses Jahres (http://europa.eu/rapid/press-release_IP-18-3342_de.htm).

Gemäß dieser Aussendung ziele die Bewertung der erzielten Fortschritte und die Ermittlung von Defiziten darauf ab, den Ländern Anreize und Orientierungshilfen für die Fortsetzung der notwendigen weitreichenden Reformen zu bieten. Damit die Beitrittsperspektive Wirklichkeit werden kann, müssen die Länder den Schwerpunkt auf Reformen in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, demokratische Institutionen und öffentliche Verwaltung sowie auf wirtschaftliche Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit legen, allesamt Bereiche, in denen nach wie vor strukturelle Defizite bestehen. Die Länder müssen außerdem sicherstellen, dass die Reformen ordnungsgemäß umgesetzt werden und zu konkreten Ergebnissen führen. Die Kommission würde diese Reformbemühungen auch weiterhin fachlich und durch gezielte finanzielle Hilfe unterstützen.

Nationalratspräsident Sobotka zeigte sich anlässlich seines kürzlich erfolgten Besuchs in Albanien von den Reformfortschritten des Landes im Justizsystem sowie auf dem Gebiet der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und Drogenkriminalität überzeugt. Albanien setze damit im Integrationsprozess wichtige Signale an andere EU-Beitrittskandidaten am Westbalkan. Dennoch brauche es noch weitere Anstrengungen, um auch skeptische Mitgliedsstaaten für die ins Auge gefasste Eröffnung von EU-Beitrittsverhandlungen 2019 zu überzeugen, so der Nationalratspräsident.

Funktionierende demokratische Institutionen, Rechtsstaatlichkeit und eine unabhängige Justiz seien nicht nur unabdingbar, um ein Mitglied in der EU zu werden, sondern auch Voraussetzung für Investitionen von ausländischen Unternehmen. Die engen Verbindungen zwischen Österreich und Albanien würden nicht nur auf einer gemeinsamen Geschichte und vielfältigen Kooperationen beruhen, sondern vor allem auch auf der gegenseitigen Unterstützung auf europäischer Ebene (Vgl. Parlamentskorrespondenz Nr. 1372 vom 27.11.2018)

All diese Umstände veranlassen die Fragesteller, Klarheit über die Positionierung der Bundesregierung zu bekommen und den Stand der Beitrittsgespräche der Europäischen Union mit Albanien in Erfahrung zu bringen.

 

Die unterzeichnenden Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres nachstehende

 

Anfrage

 

1.      Wie steht die Bundesregierung bzw. das BMEIA zu einem möglichen EU-Beitritt Albaniens?

 

2.      Erachtet das BMEIA den mancherorts kolportierten Wunsch nach Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien noch im Jahr 2019 als realistisch und wenn ja, wodurch wird diese Position begründet und wenn nein, weshalb nicht?

 

3.      Welche Staaten der EU-28 bzw. EU-27 nehmen diesbezüglich welche Position ein?

 

4.      Welchen Zeitrahmen betrachtet das BMEIA als realistisch für einen Beitritt Albaniens zur Europäischen Union?

 

5.      Wie bewertet das BMEIA die Fortschritte Albaniens im Bereich der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit sowie der Unabhängigkeit der Justiz?

 

6.      Wie bewertet das BMEIA die Fortschritte Albaniens im Bereich der Bekämpfung von Korruption?

 

7.      Wie bewertet das BMEIA die Lage der Meinungs- und Pressefreiheit in Albanien?

 

8.      Wie bewertet das BMEIA die Situation Albaniens im Zusammenhang mit der Geschlechtergleichberechtigung?

 

9.      Wie bewertet das BMEIA die Lage stark diskriminierter Gruppen, wie jener der Roma oder jener der LGBTI-Gemeinschaft?

 

10.  In welchen Bereichen muss die Unterstützung Albaniens durch die Europäische Union bezüglich des oben genannten, sehr ambitionierten Zeitplans zur Eröffnung von Beitrittsverhandlungen intensiviert werden?

 

11.  Inwiefern plant die Bundesregierung, insbesondere das BMEIA, Albanien in Zukunft durch neue bilaterale Maßnahmen bei Reformfortschritten und Beitrittsbestrebungen zu unterstützen?