2444/J XXVI. GP

Eingelangt am 13.12.2018
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Kovacevic,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien

betreffend Stand der Beitrittsgespräche der Europäischen Union mit Serbien

 

Die Republik Serbien hat im Dezember 2009 einen Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union gestellt. Nachdem die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union sich im Juni 2003 im Rahmen der sogenannten Thessaloniki-Agenda zur Beitrittsperspektive der Staaten des westlichen Balkans bekannten, empfahl die Europäische Kommission im April 2013, die Aufnahme von Beitrittsgesprächen.

 

Die seit Januar 2014 laufenden Gespräche bekamen jüngst durch die Vorstellung der Westbalkan-Strategie durch die Europäische Kommission im Februar 2018 eine gewisse Dynamik. Einerseits wurde dort die Beitrittsperspektive der Westbalkanstaaten erneut bekräftigt, andererseits sorgte das Faktum, dass EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn den Beitrittskandidaten Serbien und Montenegro einen Beitritt im Jahr 2025 in Aussicht stellte, durchaus für Diskussionen.

 

Gemäß der im April 2018 erschienenen Fortschrittsberichte der Europäischen Kommission ist Serbien, neben Montenegro, der am weitesten fortgeschrittene Beitrittskandidat. Die jüngsten Entwicklungen im Verhältnis zwischen Serbien und dem Kosovo und die schleppende Umsetzung notwendiger Reformen im Bereich Rechtsstaatlichkeit, Unabhängigkeit der Justiz, Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität lassen jedoch Zweifel an dem ambitionierten Zeitplan der Europäischen Kommission aufkommen. Zudem wird in den bestehenden Mitgliedstaaten eine zunehmend polarisierte Debatte über die Aufnahmefähigkeit der EU geführt und die sogenannte Westbalkanroute als Bedrohung für die innere Sicherheit wahrgenommen. Auch die Bemühungen der Russischen Föderation, die europäische Ausrichtung Serbiens zu unterminieren und das Land zu einem Brückenkopf in Europa zu machen, müssen in Bedacht genommen werden.

 

Bei seinem Treffen mit dem serbischen Staatspräsidenten Aleksandar Vucic am 02. Februar d. J. im Parlament unterstrich Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka im Zusammenhang mit dem beabsichtigten EU-Beitritt Serbiens die große Bedeutung des Westbalkans für Österreich, bekannte sich zu einer Intensivierung der Kontakte mit allen Ländern der Region und betonte, Österreich werde sich während seines EU-Vorsitzes in der zweiten Jahreshälfte besonders einbringen, um eine Verbesserung der politischen Lage auf dem Balkan zu erwirken. Zu dem von Vucic angesprochenen angespannten Verhältnis der Volksgruppen auf dem Balkan – insbesondere in Bosnien – stellte Sobotka fest, unter der Schirmherrschaft der EU könnte es hier zu Fortschritten kommen. Wichtig sei vor allem, dass der österreichische EU-Vorsitz zum Brückenbau und zur Vermittlung zwischen den ethnischen Gruppen auf dem Balkan genutzt werde.

 

All diese Umstände veranlassen die Fragesteller, Klarheit über die Positionierung der Bundesregierung zu bekommen und den Stand der Beitrittsgespräche der Europäischen Union mit Serbien in Erfahrung zu bringen.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien nachstehende

 

Anfrage

 

1.      Wie beurteilen Sie die Position der Europäischen Kommission, dass Serbien das am weitesten fortgeschrittene Land in der Erfüllung der Beitrittskriterien ist?

 

2.      Welchen Zeitrahmen sehen Sie als realistisch für einen Beitritt Serbiens zur Europäischen Union an?

 

3.      Teilen Sie die Auffassung der Europäischen Kommission, dass erste Beitritte weiterer Länder in die Europäische Union bereits im Jahr 2025 möglich sein sollen?

Wenn nicht, in welchem Zeitrahmen sehen Sie die Europäische Union dazu in der Lage, weitere Länder in die EU aufzunehmen?

 

4.      Sollte die Europäische Kommission nach Ihrer Auffassung die Beitrittsgespräche mit den Ländern des westlichen Balkans nach dem sogenannten Geleitzugprinzip oder dem sogenannten Regattaprinzip führen?

 

5.      Wie bewertet das BMEKKM die Fortschritte Serbiens im Bereich der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit sowie der Unabhängigkeit der Justiz?

 

6.      Wie bewertet das BMEKKM die Fortschritte Serbiens im Bereich der Bekämpfung von Korruption?

 

7.      Wie bewertet das BMEKKM die Lage der Meinungs- und Pressefreiheit in Serbien?

 

8.      Wie bewertet das BMEKKM die Fortschritte Serbiens im Zusammenhang mit der „Nationalen Strategie für Geschlechtergleichberechtigung“?

 

9.      Wie bewertet das BMEKKM die Anstrengungen Serbiens, die Lage stark diskriminierter Gruppen, wie jener der Roma/Sinti oder jener der LGBTI-Gemeinschaft zu verbessern?

 

10.  Wie beurteilen Sie die Fortschritte im Bereich der Normalisierung des Verhältnisses zwischen Serbien und dem Kosovo?

 

11.  Wie bewerten Sie die Auffassung der Europäischen Kommission, dass die Gründung eines serbischen Gemeindeverbands im Nordkosovo vorangetrieben werden soll?

 

12.  Wie beurteilen Sie die politische Entwicklung der „Republika Srpska“ und der serbischen Bevölkerung in Bosnien-Herzegowina in Hinblick auf die weiteren Beitrittsverhandlungen Serbiens?

 

13.  Wie steht die Bundesregierung zu den immer widerkehrenden Unabhängigkeitsbestrebungen der „Republika Srpska“?

 

14.  Betrachten Sie eine Änderung der Beziehung Serbiens zu Russland als notwendige Voraussetzung für einen EU-Beitritt Serbiens und wenn ja, inwiefern?

 

15.  Wie bewertet das BMEKKM die Effektivität des Einsatzes der rund 1,5 Mrd. Euro, die Serbien zwischen 2014 bis 2020 im Rahmen der Heranführungshilfen IPA II von der Europäischen Union erhalten hat?

 

16.  In welchen Bereichen muss die Unterstützung Serbiens durch die Europäische Union bezüglich der Beitrittsbestrebungen intensiviert werden?

 

17.  Inwiefern plant die Bundesregierung, insbesondere das BMEKKM, Serbien in Zukunft durch neue bilaterale Maßnahmen bei Reformfortschritten und Beitrittsbestrebungen zu unterstützen?

 

18.  Inwiefern hat sich Österreich gemäß der o.a. Ankündigung des Nationalratspräsidenten Sobotka während seines EU-Vorsitzes in der zweiten Jahreshälfte besonders eingebracht bzw. wird es sich noch besonders einbringen, um eine Verbesserung der politischen Lage auf dem Balkan zu erwirken?

 

19.  Inwiefern wurde gemäß der o.a. Ankündigung des Nationalratspräsidenten Sobotka der österreichische EU-Vorsitz zum Brückenbau und zur Vermittlung zwischen den ethnischen Gruppen auf dem Balkan genutzt bzw. wird er noch genutzt werden?