2453/J XXVI. GP

Eingelangt am 13.12.2018
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

 

betreffend Massaker von Zuchtenten an der Leitha

 

Ein vom VGT im Oktober 2018 veröffentlichtes Video zeigt ein erschütterndes Massaker unglaublicher Brutalität an gezüchteten und daher zutraulichen und menschensuchenden Enten durch eine enthemmte barbarische „Jagdgesellschaft“, deren Bestreben es nach Meinung ärztlicher Experten auch sein konnte, bestehende persönliche Probleme durch das Quälen von Tieren zu kompensieren. So wird eine Unzahl von handzahmen Enten aus nächster Nähe durch Mitglieder der „tapferen“ Jagdgesellschaft abgeschossen oder besser gesagt „zerfetzt“, lebende Enten am Hals gepackt und durch die Luft gewirbelt, um ihnen den Hals „abzudrehen“ und auf die „nur“ verletzten Tiere im Umkreis von einigen Metern Jagdhunde zu hetzen. Halbtote und schwer verletzte Tiere werden auf einen Haufen geworfen, von wo aus sie mit letzter Kraft aus der Ansammlung toter Tiere zu flüchten versuchen.

Diese Art der „Jagd“ gilt innerhalb der zivilisierten Jägerschaft als im besonderen Ausmaß verachtenswert und das vollkommen zu Recht: Von Pseudo-Jägern werden die zahmen Zuchttiere niedergemetzelt, offenbare aus Spaß am Töten.

Anscheinend ist es in so manchen Kreisen gängige Praxis geworden, Zuchttiere zum „Jagdspaß“ aus der Massentierhaltung anzukaufen, im nächsten Umfeld auszusetzen, und dort zu massakrieren. Dass dieses Verhalten mit der üblichen Begrifflichkeit „Jagd“ nichts zu tun haben kann ist offensichtlich. Offenbar sind die zuständigen Behörden aber auch nicht Willens oder aus sonstigen Gründen nicht in der Lage, diesem verwerflichen und vor allem auch strafrechtlich relevanten tierquälerischen Verhalten Einhalt zu gebieten.

Das schockierende Video https://www.youtube.com/watch?v=WC3LIisYOfs ) ist auch Grundlage von Anzeigen wegen Tierquälerei.

Martin Balluch, Obmann des VGT gibt zu dem schockierenden Video folgendes an:

Das Verhalten dieser Menschen zeigt, wie wenig Achtung und Respekt sie vor diesen Tieren haben. Wer so mit lebenden – und toten! – Tieren umgeht, hat überhaupt kein Gefühl für die Natur. Ein völlig sinnentleertes Massaker. Das sind Leute, denen offenbar so langweilig ist, dass sie sich nur noch mit einem derart perversen Zeitvertreib unterhalten können. Man muss sich schon fragen, wieso hier die Behörde nicht einschreitet. Tierschutz, der bei dieser Freizeitunterhaltung mit Füßen getreten wird, steht immerhin als Staatsziel in unserer Verfassung. Vor Ort gefragt, erklärte der Jagdaufseher, dass diese Jagd stattfinde, weil sie legal sei und Punkt. Das stimmt zwar nicht, aber bisher zeigt die Behörde keine Bereitschaft, das Gesetz zu exekutieren. Dennoch, die Aussage des Jagdaufsehers macht klar, dass man bei dieser Sorte Mensch keine Vernunft erwarten darf. Da helfen nur Verbote, die auch durchgesetzt werden.“

Diesen treffenden Zeilen ist nichts mehr hinzuzufügen. Betrachtet man das Video aus juristischer Perspektive, so wurden gesetzliche Regelungen massiv ignoriert. Im Nordburgenland gibt es riesige Volieren, in denen die Zuchtenten für die „Jagd“ gehalten werden. Laut § 95 Abs 1 Z 14 des Burgenländischen Jagdgesetzes 2017 müssten sie acht Wochen vor Beginn der Schusszeit ausgesetzt werden. Tatsächlich wurden tausende Zuchtenten, nachdem sie vermutlich auch aus ungarischen Massentierhaltungen angekauft worden waren, auf Grundstücken der Republik Österreich an der Leitha, an der Kleinen Leitha und am Komitatskanal der Leitha zwischen den Ortschaften Zurndorf und Nickelsdorf im Nordburgenland ausgesetzt und mit Lastwagenladungen an Futter am Standort „angefüttert“. Schließlich wurden die zahmen Tiere von „Jagdgesellschaften“ in der oben beschriebenen Form hingemetzelt.

Ähnlich ging man in derselben Gegend mit Fasanen um. Am Grundbesitz der Gemeinde Gattendorf steht eine mehrere 100 m² große Voliere, eine weitere ähnlich große befindet sich an der Leitha. Dort wurden Ende Juli jeweils hunderte Fasane hineingesetzt, die ebenfalls aus Massentierhaltungen stammen. Diese Volieren bestehen aus Gehegezäunen, die oben durch ein Netz abgeschlossen sind, um die Vögel am Wegfliegen zu hindern. Am 6. August hätten die Fasane aufgrund der gesetzlichen Vorgaben ausgesetzt werden müssen. Stattdessen schlug man an diesem Tag in beiden Volieren lediglich eine Ecke des Abdecknetzes um, sodass wenige m² der Voliere nicht mehr nach oben abgeschlossen waren und die Fasane im Prinzip davon fliegen hätten können. Die allermeisten Tiere nehmen diese offene Ecke aber nicht wahr: 8 Wochen später waren nahezu alle Fasane noch immer in den Volieren und zwar bis zum „Jagdtag“. An diesem wurden die zahmen Tiere von „Jägern“ und deren Jagdhelfern (zuletzt erst wurde wieder ein armer Bursche von einem „Jäger“ in Verkennung mit einem Hirschen durch den Arm geschossen!) ins Freie getrieben. Anschließend wurden die Volieren wieder abgedeckt, damit die Vögel nicht mehr zurückkehren konnten. Natürlich saßen die Tiere dann in den angrenzenden Feldern und auf der Straße in Massen herum. Sodann wurden Hunde in die Felder gehetzt, die Fasane flogen auf und wurden aus nächster Nähe von der „Jagdgesellschaft“ zerfetzt. Das traurige Schauspiel der Entenjagd wiederholte sich.

Hier liegen mehrere Brüche des Tierschutzgesetztes (TSchG) vor. Zum einen ist das Hetzen von Tieren in Gefangenschaft verboten (§ 5 Abs 2 Z 4 TSchG). Weiters ist es verboten, Enten und Fasane aus der Gefangenschaft auszusetzen, da sie in freier Wildbahn nicht überlebensfähig sind (§ 5 Abs 2 Z 14a TSchG).

Aufmerksame BeobachterInnen des Videos erkennen, dass dieses Verhalten in nicht unbeträchtlichem Ausmaß psychische Probleme der sich versammelten Schar von „JägerInnen“ offenlegen könnte.

Nicht anders zu verstehen ist es, wenn man sich an in Todespanik befindlichen verletzten Enten und Fasanen ergötzt und fröhlich deren aussichtslosen Todeskampf mit anstürmenden Hunden beobachtet. Nicht selten wird diese Art der „Jagd“ auch durch in ihrer Beweglichkeit aufgrund körperlicher Masse bewegungseingeschränkte Personen bevorzugt. An der Verwerflichkeit dieser Dekadenz und moralischen Armseligkeit, die in der heutigen Zivilgesellschaft keinen Platz mehr haben sollte, ändert dies natürlich nichts.

Anbei einige für sich sprechende Fotos:

Auf dem Bild ist zu erkennen, wie ein Hund die ausgesetzten zahmen und auf die „Jäger“ zu schwimmenden Zuchttiere im Wasser „jagt“.

Ein Mitglied der “Jagdgesellschaft“ wirft ein lebendes Tier auf die Wiese.

Durch kreiselartige Bewegungen wird versucht, der Zuchtente den Hals zu brechen

Eine schwer verletzte Ente versucht aus dem Haufen toter und sterbender Enten zu flüchten.

(Das ganze Video der Tierquälerei ist unter folgendem Link abrufbar: https://www.youtube.com/watch?v=WC3LIisYOfs )

Hätte man die Enten oder Fasane verzehren wollen, wäre eine humane Tötung in Gefangenschaft jederzeit möglich gewesen.

Doch nicht nur das TSchG wurde komplett ignoriert sondern auch die tierschutzrechtlichen Regelungen im Burgenländischen Jagdgesetz 2017.

So wurden bei der Entenjagd auch weibliche Tiere erschossen, was laut § 95 Abs 1 Z 14 des Burgenländischen Jagdgesetzes 2017 verboten ist. Demnach dürfen in dem Jahr, in dem das Auswildern erfolgt, weibliche Tiere nicht erlegt werden, ausgenommen die Auswilderung erfolgte im Rahmen offener Gehegehaltung.

Der VGT-Obmann bringt es mit seiner Aussage auf den Punkt: Eine Gesetzesreform zugunsten der Tiere hat zu keiner Änderung im Umgang mit den Tieren geführt. Im vorliegendem Fall waren dankenswerter Weise tapfere TierschützerInnen am Ort des Unwesens um das sich  als krankhaft darstellende Treiben zu dokumentieren.

Ein Verbot der gezielten Jagd auf Zuchttiere ist längst überfällig. Ein hilfloses Tier, das gejagt wird, muss zumindest die Möglichkeit haben, zu fliehen. Alles abseits davon ist pure Tierquälerei und Lust am Töten. Das Üben von qualvollem Töten stellt überdies für die gesamte Gesellschaft eine nicht unbeträchtliche Gefahrenquelle dar.

 

Die unterzeichnenden Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Welche generalpräventiven Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht notwendig, damit es nicht mehr zu oben beschriebenen Vorgängen kommt?

 

2.       Wie viele Verurteilungen und eingestellte bzw. laufenden Ermittlungsverfahren gab es jeweils in den Jahren 2016, 2017 und 2018 im Zusammenhang mit dem Straftatbestand der Tierquälerei?

a.    Von wem wurden die strafrechtlich relevanten Taten gemeldet?

 

3.    Beabsichtigen Sie die vielen über die oben dargestellten Praktiken besorgten Jagdverbände und JägerInnen durch ein entschlossenes Auftreten gegen die „Jagd“ von Zuchttieren zu unterstützen?

a.    Wenn ja, wodurch?

b.    Wenn nein, warum nicht?

 

4.    Die Bereitschaft der Behörden das TSchG effektiv umzusetzen ist offenbar in vielerlei Hinsicht unzureichend. Gibt es Pläne um die Umsetzung des TSchG bzw. Gesetze rund um den Tierschutz zu fördern?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, wieso nicht?

 

5.    Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um in Zukunft sicherzustellen, dass im Zusammenhang mit besonders grausamen „Jagden“, welche den Straftatbestand der  Tierquälerei erfüllen, das Strafausmaß durch die Strafbehörden ausgeschöpft wird? Hier ist nicht zu vergessen, dass laut Expertenmeinung aus dem Fachgebiet der Psychiatrie das Praktizieren von Grausamkeiten an Lebewesen auch die Hemmschwellen für Aggressivität gegenüber Menschen senkt.