2481/J XXVI. GP

Eingelangt am 17.12.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleg_innen

an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend Dr.in Juliane Bogner-Strauß betreffend die Sexualerziehung an österreichischen Schulen.

Begründung

Erfahrungen, die mit Emotionen, Körpergefühlen, Geschlechtsidentität, sexuellen Gefühlen und Lust zu tun haben, werden ab der Geburt gesammelt und beeinflussen die späteren Fähigkeiten Im Umgang mit der erwachsenen Sexualität. Sexualerziehung ist daher ein kontinuierlicher Prozess, der ab der Geburt beginnt. Besonders die Schulzeit ist bedeutend. Es braucht in der Schule eine altersadäquate Auseinandersetzung mit dem Thema Sexualität, Wissen über den eigenen Körper und die Förderung der Auseinandersetzung mit sich selbst, seinen Gefühlen, körperlichen Bedürfnissen und Grenzen. Zudem ist es bedeutend, dass LGBTIQ- Kinder und -Jugendliche Unterstützung und Information über menschliche Sexualität erhalten, die über das heterosexuelle Normmodell hinausgeht, sowie eine sichere Lernumgebung vorfinden. Fragen der sexuellen und geschlechtlichen Identität müssen altersadäquat und sensibel besprochen werden.

Kinder, die in den ersten zehn Lebensjahren eine gute sexuelle Basiskompetenz entwickeln konnten, können eigene sexuelle Bedürfnisse wahrnehmen, dadurch Grenzen spüren und artikulieren und haben es leichter im Umgang mit Nähe und Distanz. Sie können nicht nur selbstbewusster mit sich selbst umgehen, sondern auch eigene und fremde Grenzen respektieren.

Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Kinder zu selbstbewussten, mündigen BürgerInnen werden, die auch zur Erkennung und Vorbeugung von sexueller Gewalt befähigt sind.

In Schottland wurden vor Kurzem Schritte gesetzt, um fächerübergreifend LGBTIQ- Inhalte in den Lehrplänen festzuschreiben.

Auch in Österreich fordern ExpertInnen seit Langem eine Reform der Sexualpädagogik, damit SchülerInnen zeitgemäß über Verhütung, Schwangerschaft, Schwangerschaftsabbruch, Menstruation, sexuell übertragbare Krankheiten, Fragestellungen der sexuellen und geschlechtlichen Identität, der Selbstbestimmung und der kritischen Auseinandersetzung mit Geschlechterstereotypen und normativen Körperbildern unterrichtet werden.

Anfrage

1)    In wessen Verantwortung sieht die Regierung Sexualerziehung?

(a)  Welche Rolle hat die Schule?

(b)  Welche Rolle hat das Elternhaus?

2)    Wie werden SchülerInnen dabei unterstützt, eigene Wertvorstellungen auszubilden, unabhängig von ihren Eltern?

3)    Im Rahmen welcher Fächer wird Sexualkunde aktuell unterrichtet?

(a) Findet Sexualerziehung auch außerhalb des Biologieunterrichtes und des Religionsunterrichtes statt?

4)    Welche konkreten Maßnahmen setzt die Regierung, um Sexualpädagogik entlang der von der WHO formulierten elf Standards sicherzustellen, die auch im Grundsatzerlass zur Sexualpädagogik festgeschrieben sind?

5)   Welche konkreten Maßnahmen setzt die Regierung, um die im Grundsatzerlass zur Sexualpädagogik artikulierten Ziele umzusetzen: „Sexualpädagogik soll altersgerecht, an der Lebensrealität von Kindern und jungen Menschen orientiert sein und auf wissenschaftlich gestützten Informationen basieren. Sie soll einen positiven Zugang zur menschlichen Sexualität darstellen und eine positive Grundhaltung sich selbst gegenüber sowie das eigene Wohlbefinden befördern. Sie soll sich am Prinzip der Gleichstellung der Geschlechter sowie der Vielfalt der Lebensformen (z.B. sexuelle Orientierung, Geschlechteridentitäten) orientieren, soll Kompetenzen (z.B. kritisches Denken, Kommunikationsfähigkeiten) vermitteln und an internationalen Menschenrechten ausgerichtet sein.“?

6)    Wie wird sichergestellt, dass im Rahmen der Sexualkunde „wissenschaftlich gestützte, realistische und nicht verurteilende Informationen weitergegeben werden.“ (Grundsatzerlass Sexualpädagogik 2018)

7)    Sind folgende Inhalte Teil der Lehrpläne:

(a)  Ein Verständnis menschlicher Sexualität abseits von Reproduktionsbiologie und konservativen Normvorstellungen?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

(b)  Ein Infragestellen von Heteronormativität?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

(c)  Ein Infragestellen gesellschaftlicher Geschlechternormen?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

(d)  Vorurteilsfreie Information über Homosexualität/Bisexualität?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

(e)  Informationen über Fragen der Geschlechtsidentität?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

(f)    Informationen über Beratungsstellen, an die SchülerInnen sich bei weiteren Fragen zu (d) und (e) wenden können?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

(g)  Unterstützung von LGBTIQ-Schülerlnnen, vor allem in Bezug auf Mobbing und Homo/Bi/Transphobie?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

(h)  Geschichte der LGBTIQ-Bewegung, wichtige Errungenschaften und historische Figuren?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

8)    Sind folgende Inhalte Teil der Lehrpläne:

(a)  Information über Menstruation und eine Enttabuisierung von Menstruation?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

(b)  Insbesondere für Mädchen: die Vermittlung eines positiven Zuganges zum eigenen Körper und seinen Funktionen?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

(c)  Zeitgemäße Informationen über Empfängnisverhütung und Verhütung sexuell übertragbarer Krankheiten?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

(d)  Information und Bildung zum Thema Konsens, Einverständnis und sexualisierte Gewalt in sexuellen Interaktionen, sowie damit einhergehend das Ausbilden kommunikatorischer Fähigkeiten?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

(e)  Der Zusammenhang von Aufklärung, Verhütung und Schwangerschaftsabbruch?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

(f)    Erklärung des Vorganges der Geburt?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

(g)  Information und Aufklärung bezüglich postnataler Depression?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

(h)  Aufklärung über hormonelle Veränderungen während Pubertät, Schwangerschaft, Geburt, Stillzeit?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

(i)   Aufklärung über das Thema Orgasmus und „orgasm gap“ zwischen den Geschlechtern?

(i) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

9)   Welche Ausbildung benötigen Pädagoglnnen, um Sexualkundeunterricht durchführen zu können? Sind sie zu Fortbildungen/Weiterbildungen in dem Bereich verpflichtet?

10)Werden Pädagoglnnen im Zuge ihrer Ausbildung in LGBTIQ-spezifischen Themenbereichen geschult?

a.    Wenn ja, wie gliedert sich diese Schulung?

b.    Wenn ja, von wem werden diese Schulungen geleitet?

c.    Wenn ja, sind diese Schulungen verpflichtend?

d.    Wenn nein, warum nicht?

11)Werden DirektorInnen im Zuge ihrer Ausbildung in LGBTIQ-spezifischen Themenbereichen geschult?

a.    Wenn ja, wie gliedert sich diese Schulung?

b.    Wenn ja, von wem werden diese Schulungen geleitet?

c.    Wenn ja, sind diese Schulungen verpflichtend?

d.    Wenn nein, warum nicht?

12)Werden Pädagoglnnen und DirektorInnen sensibilisiert, um LGBTIQ- SchülerInnen unterstützen zu können und bei Mobbing und Ausgrenzung kompetent einzugreifen?

a.    Wenn ja, in welcher Weise?

b.    Wenn nein, warum nicht?

13)Ist es geplant, einen LGBTlQ-inklusiven Lehrplan nach schottischem Vorbild einzuführen?

a.    Wenn ja, ab wann wird dieser Lehrplan eingeführt?

b.    Wenn ja, woraus setzt sich dieser Lehrplan zusammen?

c.    Wenn nein, warum nicht?

14)Ist von Seiten der Bundesregierung eine Anti-LGBTIQ-Bullying Strategie geplant?

a.    Wenn ja, wie sieht diese aus?

b.    Wenn ja, wann wird diese vorgestellt?

c.    Wenn nein, warum nicht?

15)Inwiefern ist Medienedukation Teil der Sexualerziehung an Österreichs Schulen?

(a)  Wird ein kritischer Umgang mit normativen Vorstellungen von Körpern, Geschlechtern und Sexualität gelehrt?

(b)  Wird ein reifer Umgang mit Pornografie und den in ihr befindlichen Bildern in Bezug auf Sexualität und Geschlechterrollen gelehrt?

16)Welche Projekte im Bereich der Sexualerziehung wurden in den letzten vier Jahren vom Ministerium gefördert? Bitte um Auflistung pro Jahr mit Projektträger und Fördersumme.

17)Werden externe sexualpädagogische Fachkräfte und Vereine zur Unterstützung der LehrerInnen hinzugezogen?

18)Gibt es einheitliche Unterrichtsmaterialien für fächerübergreifende Sexual­pädagogik?

(a) Wenn ja, welche?