2484/J XXVI. GP

Eingelangt am 19.12.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend „Phantom-Aktien“ - Betrug mit ADR-Papieren

BEGRÜNDUNG

Mit dem Cum-Ex-Betrug wurde erst vor kurzem der wahrscheinlich größte Finanzskandal Europas medial und öffentlich aufgearbeitet. Das wahre Ausmaß lässt sich dabei dennoch weiterhin nur erahnen. In Österreich verweigerte der Finanzminister lange Zeit jede konkrete Auskunft und stellte einen Schaden in Abrede, weil dieser „nicht evident“ sei. Erst im Rechnungshofausschuss vom 05.12.2018 gab es endlich das Eingeständnis, dass es tatsächlich zu einem Schaden gekommen ist. Wie hoch dieser ausfiel, soll allerdings erst Ende März 2019 bekanntgegeben werden.

Die Einschätzung, dass derartigen Betrugsversuchen dadurch zumindest für die Zukunft ein Riegel vorgeschoben wurde, war offenbar zu optimistisch. Wie nun in deutschen Medien bekannt wurde, hat die Staatsanwaltschaft Köln ihre Ermittlungen auf eine bis dato unbekannte Masche mutmaßlichen Steuerbetrugs ausgeweitet, auch das Finanzministerium sei alarmiert: „Das Bundesfinanzministerium (BMF) versucht jetzt die Notbremse zu ziehen; die Masche soll bis zuletzt ausgenutzt worden sein. Nach einer Anfrage von SZ und WDR vorige Woche hat das Ministerium einen Erlass an die zuständigen Steuerbehörden verschickt. Ein spezielles Erstattungsverfahren, das es Kriminellen leicht machte, werde demnach vorerst gestoppt, hieß es aus Behördenkreisen. Um die Aufklärung voranzutreiben, habe man zudem alle Bundesländer und beteiligten Behörden angewiesen, Informationen zum Thema an das BMF zu melden. Auch die Steuerbehörden anderer Staaten seien informiert worden.“[1]

Bei dieser neuen Masche handle es sich um "Phantom-Aktien" (auch „Cum-Fake“ genannt), also Aktien, die im Gegensatz zum Cum-Ex-Betrug noch nicht einmal existiert haben. So genannte ADR-Papiere (American Depositary Receipts) werden von Banken ausgestellt und an den US-Börsen stellvertretend für ausländische Aktien gehandelt. Der Betrug beginnt da, wo derartige Papiere nicht mehr eindeutig den Aktien zuordenbar sind, auf denen sie basieren. Die Süddeutsche Zeitung (SZ) erklärt die Vorgehensweise folgendermaßen: „Nach Erkenntnissen von US-Ermittlern sind in etlichen Fällen aber solche Ersatzpapiere ausgegeben worden, ohne dass die Banken die jeweiligen Aktien hinterlegt hätten. Die Inhaber dieser sogenannten Vorab-ADRs sollen dann deutsche Finanzbehörden getäuscht und Steuererstattungen kassiert haben, obwohl zuvor gar keine Steuern auf Dividenden gezahlt worden waren.“

Die US-Börsenaufsicht SEC scheint diese Vorgehensweise schon länger auf dem Schirm zu haben. Gegen mehrere Banken wurde bereits wegen Scheingeschäften vorgegangen, auch mit der Deutschen Bank gab es einen Vergleich in Höhe von 75 Mio. Dollar. Das Ausmaß dieses neuen Betrugs lässt sich bisher lediglich erahnen, WDR und SZ gehen aber auch hier von Milliardengeschäften aus. Der bisher entstandene Schaden für Deutschland liege mindestens im dreistelligen Millionenbereich.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.      Besteht in Österreich ebenfalls das Risiko von Betrugsfällen mit ADR-Papieren?

a.    Wenn ja, gibt es bereits konkrete Betrugsfälle, die Ihnen bekannt sind?

i.    Wenn ja, um wie viele Fälle handelt es sich?

ii.   Wenn ja, wie hoch ist das potenzielle Schadensausmaß dieser Fälle?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

2.    Bestehen Unterschiede zwischen der deutschen und der österreichischen Rechtssituation in dieser Thematik?

a.   Wenn ja, können Sie diese ausführen?

3.    Existiert oder existierte besagtes anfälliges Erstattungsverfahren, das nun in Deutschland gestoppt wurde, in analoger Form auch in Österreich?

a.    Wenn ja, um welches Verfahren handelt es sich im Detail?

b.    Wenn ja, wann wird oder wurde es gestoppt?

c.    Wenn ja, seit wann ist Ihnen bekannt, dass dieses Verfahren anfällig sein könnte?

4.    Seit wann ist Ihnen das Betrugspotenzial im Zusammenhang mit ADR-Papieren bekannt?

a.   Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt, um dieses Potenzial zu verringern bzw. ganz auszuschließen?

5.    Seit wann ist Ihnen bekannt, dass es (allgemein, nicht auf Österreich bezogen) konkrete Betrugsversuche mit ADR-Papieren gab?

a.    Wie haben Sie darauf reagiert, um solche Versuche in Österreich zu unterbinden?

6.    Hat Sie das deutsche BMF in dieser Causa informiert?

a.    Wenn ja,wann?

b.    Wenn ja, wie haben Sie auf diese Information reagiert?

7.    Stehen Sie zu diesem Thema in regelmäßigem Austausch mit den deutschen Behörden?

a.  Wenn ja, welche Informationen werden dabei ausgetauscht?

8.    Stehen Sie mit anderen internationalen Finanzbehörden bezüglich des ADR-Betrugs im Austausch?

a.    Wenn ja, mit welchen?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

9.    Gab bzw. gibt es Kontakt zu der amerikanischen Börsenaufsicht SEC in der Causa „Phantom-Aktien“?

a.  Wenn ja, wann wurde von welcher Seite der Initialkontakt hergestellt?

b.    Welche Informationen wurden dabei ausgetauscht?

c.  Hat die SEC das österreichische BMF über mögliche Betrugsfälle informiert?

i.  Wenn ja, wie haben Sie darauf reagiert?

10. Welche möglichen Betrugsszenarien neben Cum-Cum, Cum-Ex und „Phantom- Aktien“ sind Ihnen noch bekannt, und wie schützt sich Österreich davor?

11. Welche Schritte werden Sie setzen, um das mögliche Schadensausmaß der „Phantom-Aktien“ in Österreich zu ermitteln, weitere Betrugsversuche zu verhindern und zu Unrecht erstattete Steuern auf Dividenden zurückzufordern?

Der deutsche Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums Christian Hirte brachte im Zuge des Cum-Ex-Skandals den Einsatz von Blockchain-Technologie gegen Steuerbetrug ins Gespräch: „Damit könnte man sicherstellen, dass zu jedem Zeitpunkt sicher nachvollziehbar ist, wer Eigentümer einer Aktie ist“.[2]

12. Gibt es ähnliche Überlegungen auch in Österreich?

13. Wie schätzen Sie die Einsatzmöglichkeiten von Blockchain-Technologie zur Bekämpfung von Steuerbetrug ein?

14. Sind Ihrer Einschätzung nach die Überlegungen, die Christian Hirte vor allem vor dem Hintergrund des Cum-Ex-Betruges geäußert hat, auch auf die neue Methode der „Phantom-Aktien" anwendbar?

a.  Wenn nein, weshalb nicht?



[1]  https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/steuerdiebstahl-die-masche-mit-phantom-aktien-1.4220700 .

[2] https://www-welt.de/print/die_welt/finanzen/article184346516/Verhindert-die-Blockchain-Steuerbetrug.html.