2492/J XXVI. GP

Eingelangt am 20.12.2018
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Anfrage

 

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Landesverteidigung

betreffend Eurofighter-Typenentscheidung und industrielle Kooperation

 

Von Verteidigungsminister Mario Kunasek wurde Anfang 2018 eine Kommission eingesetzt, die erarbeiten sollte, welche Optionen Österreich bezüglich der Luftraumüberwachung zur Verfügung stehen. Trotz Fertigstellung des Berichts im Juni 2018 wurde dieser dem Parlament nicht übermittelt. Die Begründung von Minister Kunasek dazu war: „Wir wollen eine Entscheidung auf Basis von Daten, Fakten und Zahlen und ohne Emotionen“, deshalb wolle er die Diskussion in der Öffentlichkeit auch „flach halten“. Auch den Abgeordneten (im Landesverteidigungsausschuss) wird der Bericht vorenthalten, „weil die Regierung mitten in der Entscheidungsfindung" stehe. Laut Tageszeitung KURIER vom 6. Dezember 2018 mit dem Titel „Ball liegt bei Regierung: Eurofighter aufrüsten oder neue Jets“ liegt der Bericht „des Evaluierungsteams mit unverbindlichen Empfehlungen seit Juli auf dem Tisch der Regierungskoordinatoren Gernot Blümel und Norbert Hofer“. Im Dezember 2018 wurde medial bekannt, dass die Typenentscheidung für Abfangjäger doch nicht mehr dieses Jahr getroffen wird, trotz ursprünglich anders lautender Ankündigung. Man wolle den Ausgang des Untersuchungsausschusses und der Strafverfahren abwarten, bevor man eine Entscheidung fällt.

Wozu diese Intransparenz führt, zeigt der Eurofighter-Skandal. Mehr als 16 Jahre nach der Typenentscheidung kann man immer noch nicht logisch und zweifelsfrei nachvollziehen, warum sich die Regierung damals für den Eurofighter entschieden hat, und die Abwicklung der Gegengeschäfte beschäftigt die Justiz bis heute. Ein Gutachten, das von der ermittelnden Staatsanwaltschaft im sogenannten Eurofighter-Stammverfahren in Auftrag gegeben worden war, stellte unter anderem fest, dass die Höhe der Anrechnungsbeträge in vielen Fällen nicht plausibilisiert werden konnte und die inländische Wertschöpfung in bestimmten Fällen bei nur 30% lag. Der Chefökonom der Industriellenvereinigung, Christian Helmenstein, sagte bezüglich Gegengeschäfte zum KURIER: „Es gibt eine Vereinbarung auf europäischer Ebene, dass Gegengeschäfte bei militärischen Anschaffungen nicht mehr stattfinden.“ Stattdessen würden industrielle Kooperationen angepeilt, die für die Standortsicherung Österreichs auf lange Sicht ohnehin von höherer Bedeutung und ein Entscheidungsmerkmal bei transparenten Vergabeverfahren seien. Für diese sogenannten "industriellen Kooperationen" wurde bereits eine Arbeitsgruppe bei der Industriellenvereinigung eingerichtet. Dieser Arbeitsgruppe gehört dem Vernehmen nach auch der österreichische Industrielle und Wahlkampffinanzier der ÖVP Stefan Pierer an.

Diese Konstellation weist Ähnlichkeiten mit dem Prozess rund um die Typenentscheidung 2002 auf. Damals war der damalige Präsident und Vorsitzende der Magna Steyr AG eng mit dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser verbunden und war auch bei relevanten Treffen vor der Typenentscheidung mit EADS dabei.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

         1. Welche Punkte erarbeitet die "Arbeitsgruppe zur industriellen Kooperation"?

a)       Wann wurde diese Arbeitsgruppe eingesetzt?

b)      Wer gehört ihr an und auf welcher Grundlage bzw. nach welchen Kriterien wurden die Mitglieder der Arbeitsgruppe ausgewählt?

c)       Was ist die Rolle von Stefan Pierer in dieser Arbeitsgruppe?

d)      Wie wird versichert, dass die Interessen Österreichs in Bezug auf industrielle Kooperationen gewahrt werden, wenn einflussreiche österreichische Unternehmer dieser Arbeitsgruppe angehören, die eigene wirtschaftliche Interessen haben?

e)      Hat die Arbeitsgruppe Zugriff auf klassifizierte Informationen? Wenn ja, bis zu welcher Stufe? Wenn ja, sind die Mitglieder der Arbeitsgruppe sicherheitsbelehrt? 

f)        Gehören Vertreter des Verteidigungsministeriums dieser Arbeitsgruppe an? Wenn ja, wer? Wenn nein, wieso nicht? Bitte um Aufschlüsselung nach Personen, Ressortzugehörigkeit und Tätigkeit. 

 

        2. Welche Rolle spielt in Zusammenhang mit der Entscheidung die Industriellenvereinigung?

a)       Mit welchen anderen Interessensgruppen steht man bezüglich der Entscheidung zur Luftraumüberwachung sonst in Kontakt? Bitte um Aufzählung und Begründung für ihre Involvierung. 

b)      Haben Treffen mit anderen Interessensgruppen stattgefunden? Wenn ja, wie oft und was wurde besprochen? Wurden diese Treffen dokumentiert? Wenn ja, von wem? Wenn nein, warum nicht?

c)       Sind Lobbyisten an Sie herangetreten? Wenn ja, welche? Wurden diese Treffen dokumentiert? Wenn ja, von wem? Wenn nein, warum nicht?

d)       Sind Vertreter von Anbieterfirmen an Sie herangetreten? Wenn ja, welche Treffen gab es bereits? Was wurde in diesen Treffen besprochen? Wurden diese Treffen dokumentiert? Wenn ja, von wem? Wenn nein, warum nicht? 

e)       Gibt es bereits konkrete Angebote von Anbieterfirmen? Wenn ja, welche und seit wann? Wenn ja, wer hat Zugang zu diesen Angeboten?

 

        3. Welche Regierungsmitglieder waren in die Entscheidung eingebunden, den Bericht der von Bundesminister Kunasek eingesetzten Kommission nicht zu veröffentlichen?

a)      War die Entscheidung, den Bericht nicht zu veröffentlichen, eine einstimmige Entscheidung? Wenn nein, wer sprach sich für eine Veröffentlichung aus und wer traf die Letztentscheidung, den Bericht dem Parlament und der Öffentlichkeit vorzuenthalten? 

b)      Wieso hindert man das Parlament daran, die zukünftige Luftraumüberwachung rechtzeitig zu diskutieren?  

c)      Wann wird dem Parlament der Bericht vorgelegt?

 

         4. Wieso kam man erst im Dezember 2018 zur Erkenntnis, dass man vor einer Entscheidung den Untersuchungsausschuss und die Strafverfahren abwarten will?

a)       Welche Faktoren waren diesbezüglich ausschlaggebend, dass der Plan, die Entscheidung bis zum Jahresende zu treffen, doch noch verschoben wurde?

b)      Inwiefern sind die Ausgänge der laufenden Verfahren sowie das Ergebnis des U-Ausschusses für die anstehende Typenentscheidung relevant für eine Entscheidung?

 

         5. Werden auch Optionen erarbeitet, wer die finale Entscheidung treffen kann?

a)       Wenn ja, welche Optionen sind das?

b)       Wie stellt die Regierung eine transparente und für die Öffentlichkeit nachvollziehbare Entscheidung sicher?

c)        Welche Maßnahmen setzt die Regierung, damit die Entscheidungsträger ihre Entscheidung unbeeinflusst treffen können?