2569/J XXVI. GP

Eingelangt am 10.01.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verfassung‚ Reformen‚ Deregulierung und Justiz

betreffend Money Service Group, SAMIV AG, teure Yacht – und das kleine Vorarlberg

 

Viele österreichische Anleger, darunter ein berühmter Rennfahrer, sind den kriminellen Handlungen einer Person zum Opfer gefallen, die im Fürstentum Liechtenstein und in der Schweiz wegen qualifizierten Betrugsdelikten (mittlerweile rechtskräftig) verurteilt worden ist (https://kurier.at/wirtschaft/lauda-betrogen-9-jahre-haft-fuer-manager/824.949).  Es handelte sich um schneeballartige Finanzkonstrukte, die beispielsweise unter den klingenden Namen „Money Service Group“ MSG und „SAMIV AG“ vertrieben wurden.

Der deutsche Staatsbürger Michael S. wurde vom Obergericht des Fürstentums Liechtenstein am 13.05.2013 rechtskräftig zu einer 7-jährigen Haftstrafe wegen gewerbsmäßigen schweren Betrugs verurteilt. Laut Medienberichten büßte der Täter einen Teil seiner Haftstrafe in Österreich, nämlich in der Außenstelle Dornbirn der Justizanstalt Feldkirch, ab (https://www.neue.at/vorarlberg/2016/10/01/25-millionen-teure-jacht.neue).

Wie viel von diesen 7 Jahren an Strafausmaß konkret in Österreich abgebüßt wurden, ist den Anfragestellern nicht bekannt. Laut der Homepage dossier-bankrecht.de ist bisher nur ein sehr kleiner Teil der Strafe abgebüßt: „Das Kantonsgericht St. Gallen entschied am 10.Mai 2017 über die Beschwerde S.s, dagegen bemühte er das Schweizerische Bundesgericht wegen der Anrechnung von Untersuchungshaft und vorzeitigen Strafvollzugs. 96 Tage verbrachte er seit Ende Oktober 2011 in Untersuchungshaft und insgesamt 310 Tage im vorzeitigen Strafvollzug. Das Fürstliche Obergericht hatte auf die im Mai 2013 ausgeurteilte Haftstrafe die gesamte, in der Schweiz entstandene Untersuchungshaft sowie den vorzeitigen Strafvollzug angerechnet. (…) Das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts in Lausanne (Aktenzeichen 6B_794/1017) erging am 18.April 2018 und liegt nun mit den schriftlichen Gründen vor:

Der Verteidiger von Michael S. hatte argumentiert, dass das liechtensteinische Obergericht die in der Schweiz erlittene Haftstrafe nicht hätte anrechnen dürfen. Die in der Schweiz erlittene Strafe sei von den Gerichten in Liechtenstein als „ausländische“ Haft zu behandeln und dafür gäbe es keine gesetzliche Grundlage. Folgerichtig seien die Untersuchungshaft und der vorzeitige Vollzug in der Schweiz anzurechnen.

Das Bundesgericht weist die Einwände des Verurteilten zurück. Die in Liechtenstein und in der Schweiz geführten Strafverfahren stehen in dem Zusammenhang der Aufarbeitung der von S. „grenzüberschreitend“ mittels des Geflechts seiner Firmen begangenen Straftaten. „Wurde die Haft (…) bereits angerechnet und erweist sich diese Anrechnung als wirksam, besteht für eine erneute Anrechnung kein Raum“, so das Bundesgericht. Eine erneute Anrechnung dieser Haftzeiten würde zudem zu einer erheblichen Strafreduktion führen.

Die Verurteilung in der Schweiz ist damit rechtskräftig.“[1]

Zwischenzeitlich hat das Schweizerische Bundesgericht in Lausanne zur Aktenzahl 6B_794/2017 am 18.04.2018 entschieden, dass das Kreisgericht Rorschach (https://www.vaterland.li/region/ostschweiz/Strafe-gegen-Millionenbetrueger-erhoeht;art193,197887) zurecht eine Zusatzstrafe von einem Jahr verhängt hatte, sodass sich eine Gesamthaftstrafe von acht Jahren ergibt[2]

Weiters ist bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft München II in der Sache 69 Js 25208/11 einen Auslieferungsantrag für Michael S. betreibt.[3]

Schon bei der Verhandlung vor dem Kreisgericht Rorschach (CH) am 19.01.2016 soll der Täter angegeben haben, eine Anstellung im Personalbereich in Österreich in Aussicht zu haben.[4] Der Erstanfragesteller hat nunmehr Hinweise aus der Bevölkerung erhalten, dass Michael S. seit längerer Zeit, tatsächlich seit 2016, einer leitenden beruflichen Tätigkeit in Vorarlberg nachgehe. Dazu passt auch ein Medienbericht der Vorarlberger Nachrichten vom 06.11.2017 mit einem Foto von Michael S., nunmehr unter dem Vornamen „Mika“ verkehrend, in seiner Funktion als Mitarbeiter des Arbeiterkammer-Tochterunternehmens „integra“ (https://www.vn.at/menschen/2017/11/06/vernetzungstreffen-zur-fluechtlingsarbeit.vn). Die Firma integra betreibt mit Geldern des BMASGK und des AMS[5] Arbeitsmarktprojekte im Volumen von mehreren Millionen EUR jährlich. Warum die österreichischen Zwangsbeitragszahler zur Arbeiterkammer für die Resozialisierung eines deutschen Staatsbürgers aufkommen, der in Liechtenstein und der Schweiz zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist und von der deutschen Strafbehörde gesucht wird, erschließt sich nicht automatisch.

Eine Auslieferung von Liechtenstein an Deutschland käme derzeit rein technisch gar nicht in Betracht, weil der Gesuchte in Österreich aufhältig und auf freiem Fuß ist. Anders sähe das möglicherweise aus, wenn die Bundesrepublik Deutschland mit dem Anliegen einer Auslieferung an die Republik Österreich heranträte.

 

[1] https://bit.ly/2C2s4vE

[2] https://bit.ly/2C2s4vE

[3] https://bit.ly/2F7XCUd

[4] https://bit.ly/2Qsn2xM

[5] https://www.integra.or.at/1/de/ueber-uns/foerdergeber//1500/

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage:

 

1.    Wie oft kommt es vor, dass im Fürstentum Liechtenstein verurteilte Straftäter ihre Haft in Österreich abbüßen? (bitte seit 2010 jährlich, Anzahl Täter, Anzahl Hafttage je Täter)

2.    Welchen Teil seiner (damals) siebenjährigen Haftstrafe hat der Täter in Österreich verbüßt?

3.    Mit welchem Tag wurde der Täter wieder nach Liechtenstein zurück übergeben?

4.    Wenn der Täter nicht nach Liechtenstein zurück überstellt wurde, wann wurde er aus der Haft entlassen?

5.    Wenn der Täter nicht aus der Haft entlassen wurde, ist davon auszugehen, dass er auch den in der Schweiz 2018 rechtskräftig gewordenen Teil der Strafe in Österreich abbüßen wird?

6.    Gibt es ein Auslieferungsansuchen aus Deutschland an Österreich in Bezug auf den gegenständlichen Täter?

7.    Gibt es ein Auslieferungsansuchen der Schweiz an Österreich in Bezug auf den gegenständlichen Täter?

8.    Unter welchen Umständen ist die Resozialisierung von deutschen Staatsbürgern nach Verurteilungen in der Schweiz und/oder in Liechtenstein eine Aufgabe der Gemeinschaft der österreichischen Steuerzahler?