2681/J XXVI. GP

Eingelangt am 25.01.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend „Österreichische Sabotage des Ratsvorsitzes"

Begründung

Die Presse berichtete am 22. Dezember 2018[1] unter Berufung auf mehrere Diplomatinnen und Diplomaten aus verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten sowie Beamtinnen und Beamte der Europäischen Kommission, dass die türkis-blaue Bundesregierung gezielt jegliche Fortschritte in der Asyl- und Migrationsdebatte während des österreichischen Ratsvorsitzes sabotiert haben soll. Man habe sich nicht nur weit mehr von Österreich erwartet, sondern Österreich sei forsch, unfreundlich und anti-europäisch aufgetreten. Einige FPÖ-Minister sollen sogar verbal Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker bei einem Arbeitsmittagessen attackiert haben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.       Der Attaché eines anderen Mitgliedsstaates berichtete, dass die Ständige Vertretung Österreichs in Brüssel ständig zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Innenministerium in Bezug auf die Asyl- und Migrationspolitik vermitteln musste. Wer trägt die politische Verantwortung der Gestaltung der Asyl- und Migrationsagenda des Ratsvorsitzes?

a.      Bei welchen konkreten Themenbereichen musste von der Ständigen Vertretung zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Innenministerium vermittelt werden?

b.      Welches Ministerium hat schlussendlich in diesen konkreten Fällen die Linie vorgegeben?

2.       Der Österreichische Ratsvorsitz soll sich beim SCIFA-Treffen am 22. November 2018 besonders schlecht präsentiert haben. Welche Vertreterinnen und Vertreter des Ratsvorsitzes, des Innenministeriums und des Bundeskanzleramtes waren bei den Verhandlungen anwesend?

 

a.      Wer hat primär für die österreichische Bundesregierung verhandelt?

b.      Wer trägt die Verantwortung für die Erstellung der Agenda des Treffens?

c.       Welche konkreten Personen bzw. Ministerien wurden in die Erstellung der Agenda miteinbezogen?

d.      Welche konkreten Themen standen auf der Agenda?

e.      Bei welchen Themen konnte ein Verhandlungserfolg erzielt werden? (Bitte die Verhandlungserfolge detailliert darstellen.)

f.       Welche Staaten sprachen sich bei diesem Treffen für und welche gegen die Verteilung von Flüchtlingen aus?

3.       Beim SCIFA-Treffen am 22. November 2018 soll ein nur grob ausformuliertes, kontroversielles Papier des Ratsvorsitzes vorgestellt worden sein. Welche Kernpunkte waren in diesem Papier enthalten? (Bitte im Detail darstellen.)

a.       Wer hat dieses Papier erarbeitet?

b.      Wer trägt die politische Verantwortung dafür, dass dieses Papier eingebracht wurde?

c.       Aus welchen Gründen wurde dieses Papier erst gegen Ende des Ratsvorsitzes eingebracht?

d.      Gab es mehrheitliche Zustimmung der anderen Mitgliedsstaaten in Bezug auf die im Papier enthaltenen Vorstöße?

e.      Wenn nein, welche Staaten haben sich kritisch zu welchen konkreten Punkten geäußert? (Bitte im Detail darstellen.)

4.       Gab es regelmäßige Abstimmungen des Ratsvorsitzes mit Kommissar Dimitris Avramopoulos in Bezug auf die Migrations- und Asylpolitik?

a.       Wenn ja, wie oft und in welchem Rahmen?

b.      Wenn ja, welche Vertreterinnen und Vertreter Österreichs waren jeweils bei den Treffen anwesend?

c.       Wenn nein, warum nicht?

d.      Was ist Ihre Stellungnahme zur Kritik von Kommissar Avramopoulos, dass er sich deutlich mehr von Österreich erwartet habe?

5.       Die Österreichische Bundesregierung hat im Rahmen des Ratsvorsitzes das Konzept der verpflichtenden Solidarität forciert. Wie definieren Sie diese?

a.       Wie stellt sich die österreichische Bundesregierung den im oben erwähnten SClFA-Papier vorgeschlagenen Mechanismus für Verantwortung und Solidarität vor?

b.      Gab es diesbezüglich Unterstützung anderer Mitgliedsstaaten?

c.       Wenn ja, welche Staaten haben sich dafür ausgesprochen?

d.      Welche Staaten haben diesen Vorschlag kritisiert und aus welchen Gründen?

e.      Welchen Output gab es im Rahmen des Meetings bezüglich verpflichtender Solidarität und des vorgeschlagenen Mechanismus?

6.       Der Artikel von Die Presse beschreibt, dass Sie und Bundesminister Strache und Hofer die Kommission sowie den Kommissionspräsidenten Juncker bei einem Arbeitsmittagessen verbal attackiert und eine Schmutzkübelkampagne gegen die EU mit falschen Zahlen geführt haben sollen. Welche österreichischen Vertreterinnen und Vertreter waren bei diesem Treffen anwesend?

a.       Welche konkreten Themen wurden von Österreich bzw. der Kommission angesprochen? (Bitte im Detail darstellen.)

b.      Wie hat Jean-Claude Juncker auf Ihre Anschuldigungen reagiert?

c.       Gab es nach dem unseriösen Auftreten ein klärendes Gespräch zwischen Ihnen und dem Bundeskanzler?

d.      Wenn nein, warum nicht?

7.       Die pro-europäische Haltung der Regierung wird seit ihrem Amtsantritt regelmäßig in Österreich, aber auch auf europäischer Ebene in Frage gestellt. Auch eine Verhandlerin meinte gegenüber Die Presse, dass Bundeskanzler Kurz diesbezüglich nur große Worte in den Raum gestellt hätte, aber nur an Taten gemessen werden würde, die er jedoch nicht geliefert hätte. Welche konkreten Taten beweisen die angeblich pro-europäische Haltung der Regierung? (Bitte im Detail darstellen.)

8.       Welche konkreten Erfolge konnten Sie im Rahmen des Ratsvorsitzes im Bereich Asyl und Migration verzeichnen?

a.       In welchen Bereichen hätten Sie gerne einen (größeren) Erfolg erzielt?

b.      Woran lag es, dass nicht mehr erreicht werden konnte?

c.       Hatte Österreich Ihrer Analyse nach eine neutrale Verhandlungsposition während des Ratsvorsitzes inne?

d.      Wenn ja, wie hat sich dies in den Verhandlungen dargestellt? Bitte um Auflistung konkreter Beispiele.

e.      Wenn nein, warum nicht?

f.        In welchen Bereichen unterschied sich die österreichische Verhandlungsposition von jener, die während des bulgarischen Ratsvorsitzes vertreten wurde?

 

g.       Gab es eine Anweisung von Ihnen oder Bundeskanzler Kurz an das österreichische Verhandlungsteam bzw. die Ständige Vertretung Österreichs in Brüssel, die österreichischen Interessen durchzusetzen anstatt eine neutrale Verhandlungsposition einzunehmen?

 

h.      Wenn ja, warum und von wem ging diese aus?

 

i.        Wenn nein, warum hat Österreich am Ratsvorsitzparkett trotzdem den Eindruck hinterlassen, nicht als Brückenbauer aufgetreten zu sein?



[1] https://diepresse.com/home/ausland/eu/5550438/So-aIso-behandeln-uns-die-Oesterreicher?from=suche.intern.portal.