2711/J XXVI. GP

Eingelangt am 28.01.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verfassung‚ Reformen‚ Deregulierung und Justiz

betreffend elektronisch überwachter Hausarrest

 

Am 18.1.2019 kündigte der Bundesminister für Verfassung‚ Reformen‚ Deregulierung und Justiz im Rahmen eines Interviews mit der Wiener Zeitung (https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/1013885_Laengere-Fussfessel-gegen-volle-Gefaengnisse.html) eine erhebliche Ausweitung des Anwendungsbereiches für den elektronisch überwachten Hausarrest an.

Mit dem Ziel, die derzeit überfüllten Justizanstalten zu entlasten, sehe die angestrebte Novelle des Strafvollzugsgesetzes vor, dass die elektronische Fußfessel doppelt so lang wie bisher zum Einsatz kommen könne. Die Dauer der Fußfessel würde von maximal zwölf auf bis zu 24 Monate erhöht. Mit dieser Novelle sollen in Zukunft neue Kategorien von Straftätern in den Anwendungsbereich des elektronisch überwachten Hausarrests fallen. Unbeantwortet blieb jedoch die Frage, inwiefern der Strafzweck bei längeren Freiheitsstrafen durch eine Fußfessel genauso erfüllt werden kann wie durch die Haft. Schließlich kann es nicht nur darum gehen, die Überbelegung der Justizanstalten zu reduzieren. Es muss stets die Betreuung, Sozialisierung und Resozialisierung von Straftätern im Mittelpunkt stehen. Und dazu braucht es eine sachlich fundierte Entscheidungsgrundlage.

Welche Probleme mit dem elektronisch überwachten Hausarrest verbunden sind, ist bekannt. So brechen laut Experten rund zehn Prozent der Fußfesselträger diese Form des Strafvollzugs ab (2010-2018 insgesamt 539 Abbrüche). Der Hauptgrund für den Abbruch sei der Jobverlust. Auch sei die psychische Situation der Fußfesselträger bei fortschreitendem Hausarrest ein Problem (https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/1014159_Fussfessel-Jeder-Zehnte-bricht-ab.html).

In seiner Anfragebeantwortung 1477/AB  zur schriftlichen Anfrage (1480/J) der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Vergabeverfahren Fußfesseln für den Strafvollzug, bestätigte der Herr Bundesminister, dass bereits zwei Vergabeverfahren für die technischen Einrichtungen des elektronisch überwachten Hausarrests gescheitert sind (https://derstandard.at/2000088272228/Justizministerium-wieder-mit-Fussfesselvergabe-gescheitert).


Die beiden gescheiterten Vergabeverfahren waren auch Gegenstand umfassender Prüfberichte des Rechnungshofes. Der Rechnungshof kritisierte vor allem die "dokumentationslose" Arbeitsweise des Justizministeriums sowie der Bundesbeschaffungs GmbH (https://www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/_jahre/2012/berichte/teilberichte/bund/Bund_2012_03/Bund_2012_03_1.pdf).

Angesichts dieser Probleme ist es zweifelhaft, ob die angestrebte Reform des Strafvollzuges überhaupt durchführbar ist.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie ist der aktuelle Stand des Vergabeverfahrens für die Beschaffung der technischen Ausstattung für den elektronisch überwachten Hausarrest?

2.    Wann kann mit einem ordnungsgemäßen Abschluss des Vergabeverfahrens gerechnet werden?

3.    Wann kann mit den ersten Lieferungen der technischen Einrichtungen für den elektronisch überwachten Hausarrest durch den "neuen" Lieferanten gerechnet werden?

4.    Wird das Vergabeverfahren rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Novelle zum Strafvollzugsgesetz abgeschlossen sein?

5.    Wird für den Fall, dass die Novelle vor Abschluss des Vergabeverfahrens beschlossen wird, im Gesetz – wie vom Rechnungshof gefordert - eine entsprechende Legisvakanz vorgesehen, damit sichergestellt ist, dass das Vergabeverfahren ordnungsgemäß stattfinden kann?

6.    Inwiefern wird den vom Rechnungshof in seinem Bericht "Beschaffungsvorgang Elektronische Aufsicht" (Heft Bund 2012/3) auf Seite 58 ausgesprochenen Empfehlungen im derzeitigen Vergabeverfahren entsprochen?

7.    Wie viele Personen bundesweit verbüßen derzeit ihre Freiheitsstrafe im elektronisch überwachten Hausarrest?

8.    Wie viele der derzeitigen Insassen kommen bundesweit für den elektronisch überwachten Hausarrest in Frage, wenn die Dauer höchstens 12 Monate beträgt?

9.    Wie viele der derzeitigen Insassen kommen bundesweit für den elektronisch überwachten Hausarrest in Frage, wenn die Dauer von 12 auf 24 Monate erhöht wird?

10. Inwiefern wird der Strafzweck (Prävention und Resozialisierung) bei längeren Freiheitsstrafen durch eine Fußfessel genauso oder besser erfüllt wie bzw als durch Haft?

a.    Auf welche wissenschaftlichen Grundlagen gründet sich der Vorschlag zur Ausweitung des Anwendungsbereiches des elektronisch überwachten Hausarrests?

11. Wird die Ausweitung des Anwendungsbereiches des elektronisch überwachten Hausarrests vor allem zur Entlastung der derzeit überfüllten Justizanstalten angestrebt?


12. Welche positiven Erfahrungen konnten bisher aus der Anwendung des elektronisch überwachten Hausarrests gewonnen werden? (Um Erläuterung insbesondere unter dem Blickwinkel der Prävention, Resozialisierung, Rückfallsquoten, Betreuungssituation und der psychischen Situation der Fußfesselträger wird ersucht.)

13. Welche negativen Erfahrungen wurden bisher mit der Anwendung des elektronisch überwachten Hausarrests gemacht? (Um Erläuterung insbesondere unter dem Blickwinkel der Prävention, Resozialisierung, Rückfallsquoten, Betreuungssituation und der psychischen Situation der Fußfesselträger wird ersucht.)

14. Inwiefern werden die bisherigen Erfahrungen in der Novelle zum Strafvollzugsgesetz berücksichtigt?

15. Wird dem Problem "Abbruch durch Jobverlust" in der Novelle zum Strafvollzugsgesetz Rechnung getragen?

a.    Wenn ja, wie?

b.    Wenn nein, warum nicht?

16. Wird dem Problem der psychischen Probleme der Fußfesselträger bei fortschreitender Arrestdauer in der Novelle zum Strafvollzugsgesetz Rechnung getragen?

a.    Wenn ja, wie?

b.    Wenn nein, warum nicht?