2758/J XXVI. GP

Eingelangt am 30.01.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Kai Jan Krainer,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend:    schwarzblaue Steuerreform, wer profitiert von der KÖSt-Senkung

Sehr geehrter Herr Finanzminister!

Die ÖVP/FPÖ Bundesregierung hat bei Ihrer Klausur in Mauerbach am 10.-11. Jänner 2019 die Absicht einer Steuerreform bekannt gegeben. Allerdings sind die Ausführungen im Ministerratsvortrag 41.13.[1] mehr uneindeutig als konkret, für die Jahre 2021 und 2022 wird offenbar erwogen den Tarif für die Einkommensteuer anzupassen und unter der kommunikativ nebulösen Bezeichnung „Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes" könnte die Senkung des Körperschaftsteuersatzes gemeint gewesen sein.

Insgesamt wird eine Steuersenkung von 4,5 Mrd. € von 2020-2022 vorgeschlagen, davon aber 1 Mrd. € im Jahr 2020, womit nur 3,5 Mrd. € für die Reduktion der Steuersätze in der Einkommen- und Lohnsteuer sowie Körperschaftsteuer übrig bleiben würden. Im Jahr 2022 rechnet das BMF mit einem KÖSt-Aufkommen von 10,3 Mrd. €[2], würde man den Steuersatz in der Körperschaftsteuer von 25% auf z.B. 20% senken, macht das voraussichtlich 2 Mrd. € aus, damit blieben für die Senkung der Lohn- und Einkommensteuer nur mehr 1,5 Mrd. € übrig. Fragwürdig ist aber nicht nur die Verteilung des Steuerreformvolumens zwischen ArbeitnehmerInnen und Körperschaften, sondern auch die Verteilung einer möglichen Senkung innerhalb körperschaftsteuerzahlenden Unternehmen selbst.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende

Anfrage:

1.   Für die Jahr 2021-2022 beabsichtigt die Bundesregierung 3,5 Mrd. € an

Steuerreformvolumen zu gewähren, wie sieht die Verteilung des Kuchens zwischen ArbeitnehmerInnen und Körperschaften aus? Bitte um Angabe der vom BMF geplanten Steuersenkung aus dem Tarif der Einkommensteuer und der Senkung der Körperschaftsteuer in Mrd. € und Angabe des Jahres ab dem die Reduktion gelten soll.

2.   Aus der zuletzt vorliegenden Statistik (aus dem Jahr 2018) der Körperschaftsteuer für 2014 ergibt sich folgende Verteilung innerhalb der Steuerpflichtigen


 

Körperschaften im Einkommensbereich über 10 Mio. € würden 47% des Anteils der KÖSt- Senkung bekommen, das sind aber nur 317 (0,2%) Steuerfälle von insgesamt 131.646. Steuerpflichtige Einkommen von über 500.000 € erwirtschaften 6.382 Unternehmen, das sind etwa 5% der Steuerpflichtigen, vom Volumen einer KÖSt-Senkung würden diese aber mehr als 80% bekommen.


 

a)   Ist es aus Ihrer Sicht als Finanzminister tatsächlich beabsichtigt, dass im Zuge der kommenden Steuerreform knapp 5% der Steuerpflichtigen über 80% des KÖSt- Senkungsvolumens bekommen würden?

b)   Liegen dem Finanzministerium auf Grund aktuellerer Daten (bei gleichen Veranlagungsgrad) andere Verteilungszahlen auf Veranlagungsebene bei der KÖSt- Statistik vor, wenn ja welche (bitte um Angabe des Jahres, Veranlagungsgrades, und Stufen analog Tabelle 1.1 „Veranlagungsebene Gesamt", Statistik der Körperschaftsteuer 2014[3], S. 56f)?

3)   Eine Senkung der Körperschaftsteuerzahlung erhöht in der Regel die an die Gesellschafter auszuschüttende Dividende, das wäre noch keine Investition in den Wirtschaftsstandort[4]. Liegen dem BMF Informationen vor, dass eine allfällige KÖSt-Senkung den steuerpflichtigen Unternehmen für Investitionen zur Verfügung stehen und ihnen nicht durch eine Dividendenerhöhung entzogen wird?

4)   Gibt es im Finanzministerium Pläne statt einer KÖSt-Sata-Senkung eine steuerliche Begünstigung von nicht entnommenen Gewinnen als ein Element der kommenden Steuerreform vorzusehen? Wenn ja, wie soll diese Regelung im Detail aussehen?

5)   Welche konkreten Maßnahmen umfasst die im Ministerratsvortrag enthaltene Wendung „Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes zur Sicherung und zum Ausbau von Arbeitsplätzen" (S. 3)?

6)   Auf Seite 3 des Ministerratsvortrages wird erwähnt, dass die „Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes [...] insbesondere den österreichischen Klein- und Mittelbetrieben zu Gute kommen" soll.

a.   Wie kann eine Senkung des Körperschaftssteuersatzes bei der voraussichtlichen Verteilung (s. oben) „insbesondere den Klein- und Mittelbetrieben zu Gute kommen"? Heißt das, dass die im Regierungsprogramm angekündigte Senkung der Körperschaftsteuer politisch vom Tisch ist?

b.   Wenn keine Körperschaftsteuersenkung vorgesehen wäre, weil diese KMU kaum fördern würde, welche anderen Maßnahmen sind dann im Zuge der vorgestellten Steuerreform geplant?

7)   Gibt es aus Sicht des BMF andere steuerliche Maßnahmen als eine Körperschaftsteuersenkung, die die Investitionstätigkeit von Unternehmen und die Schaffung von Arbeitsplätzen fördert? Wenn ja welche und wurden diese in den Verhandlungen zur Steuerreform, die dem Ministerrat am 11.1.2019 vorangegangen sind besprochen? Wenn nein, warum nicht?

8)   In seiner Studie „Makroökonomische Auswirkungen von Reformoptionen für eine Senkung der Körperschaftsbesteuerung" vom Dezember 2018 kommt das IHS zu dem Ergebnis[5], dass die Senkung des Körperschaftsteuersatz die am wenigsten wirksamen Effekte auf Wirtschaftswachstum bzw. Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen hat. Kennen Sie diese Studie? Hat das Finanzministerium ähnliche oder andere eigene Einschätzungen zu den Effekten und den dargestellten Alternativoptionen? Wenn ja welche? Wenn nein, warum nicht?



[1] https://www.bundeskanzleramt.gv.at/documents/131008/1141801/41 13 mrv.pdf

[2] BMF, Strategiebericht S. 88, https://www.bmf.gv.at/budget/das-budget/Strategiebericht 2018-2021 2019-2022.pdf

[3]

http://www.statistik.at/web_de/services/publikationen/19/index.html?includePage=detailedView&sectionName=%C3%96ffentliche+Finanzen%2C+Steuern&publd=528

[4] Lt. den Unternehmensmonitor 2018 der Arbeiterkammer lag die Ausschüsstungsquote bei über 70%
https://www.arbeiterkammer.at/interessensvertretung/wirtschaft/betriebswirtschaft/AK_Unternehmensmonitor.html

[5] http://irihs.ihs.ac.at/4861/1/2018-ihs-report-forstner-makrooekonomische-reformoptionen-koerperschaftsbesteuerung.pdf